Entscheidungsstichwort (Thema)

Ablehnung eines Richters wegen Besorgnis der Befangenheit

 

Orientierungssatz

1. Mit der Richterablehnung kann nur das Ziel verfolgt werden, den abgelehnten Richter an weiterer Tätigkeit in dem betreffenden Rechtsstreit zu hindern. Ist der Rechtsstreit entschieden, so geht das Begehren, den Richter an weiterer richterlicher Tätigkeit zu hindern, ins Leere. Der abgelehnte Richter ist mit dem abgeschlossenen Rechtsstreit nicht mehr befasst.

2. Weist ein abgelehnter Richter das gegen ihn gerichtete Ablehnungsgesuch als rechtsmissbräuchlich zurück und entscheidet er in der Hauptsache, so entfällt ein auf Überprüfung in einem gesonderten Ablehnungsverfahren gerichtetes Rechtsschutzinteresse.

 

Tenor

Das Gesuch der Antragstellerin auf Ablehnung von Richter V wegen Besorgnis der Befangenheit wird zurückgewiesen.

 

Gründe

Das Befangenheitsgesuch der Antragstellerin (AS) ist nicht zulässig, da dafür kein Rechtsschutzinteresse (mehr) besteht.

Mit der Richterablehnung nach § 42 Abs. 2 Zivilprozessordnung i.V.m. § 60 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann nur das Ziel verfolgt werden, den abgelehnten Richter an weiterer Tätigkeit in dem betreffenden Rechtsstreit zu hindern. Da indessen die von der AS beim Sozialgericht Duisburg erhobene Klage in dem unter dem Aktenzeichen S 39 AS 1980/10 geführten Rechtsstreit durch Urteil vom 31.05.2011 abgewiesen worden ist, geht ihr Begehren, Richter V an weiterer richterlicher Tätigkeit in ihrem Verfahren zu hindern, ins Leere. Der abgelehnte Richter ist mit dem erstinstanzlich abgeschlossenen Rechtsstreit nicht mehr befasst.

Zu keiner anderen Beurteilung führt der Umstand, dass die AS bereits mit Schreiben vom 30.05.2011 Befangenheit der abgelehnten Richterin geltend gemacht hat. Wenn nämlich, wie vorliegend, ein abgelehnter Richter das gegen ihn gerichtete Ablehnungsgesuch als rechtsmissbräuchlich zurückweist und in der Hauptsache entscheidet, entfällt ein auf Überprüfung in einem gesonderten Ablehnungsverfahren gerichtetes Rechtsschutzinteresse. Dies gilt auch dann, wenn eine Berufung nicht statthaft ist und daher (vorbehaltlich der nachträglichen Zulassung der Berufung) im Rahmen des Berufungsverfahrens nicht inzidenter die Überprüfung des Ablehnungsgrundes als Verfahrensfehler erfolgt (vgl. Beschluss des Senats vom 29.08.2011 - L 11 SF 163/11 AB -). Die gegenteilige Auffassung (s. dazu die Übersicht bei Musielak, ZPO, 8. Auflage, 2011, § 46 Rdn. 10) vermag schon deshalb nicht zu überzeugen, weil das o.a. Ziel, den befangenen Richter aus dem laufenden Verfahren auszuschließen, nach Beendigung des Verfahrens im Rahmen eines gesonderten Befangenheitsverfahrens nicht mehr erreicht werden kann.

Der Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).

 

Fundstellen

Dokument-Index HI2752395

Dieser Inhalt ist unter anderem im SGB Office Professional enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge