Entscheidungsstichwort (Thema)
Ablehnung eines Richters wegen Besorgnis der Befangenheit
Orientierungssatz
1. Mit der Richterablehnung kann nur das Ziel verfolgt werden, den abgelehnten Richter an weiterer Tätigkeit in dem betreffenden Rechtsstreit zu hindern.
2. Weist der abgelehnte Richter das gegen ihn gerichtete Ablehnungsgesuch selber als rechtsmissbräuchlich zurück und entscheidet er in der Hauptsache, so entfällt ein auf Überprüfung in einem gesonderten Ablehnungsverfahren gerichtetes Rechtsschutzinteresse zumindest dann, wenn in der Hauptsache die Berufung statthaft ist. Dann hat nämlich im Rahmen des Berufungsverfahrens inzidenter die Überprüfung des Ablehnungsgrundes als Verfahrensfehler zu erfolgen.
Tenor
Das Gesuch der Antragstellerin auf Ablehnung von Richterin am Sozialgericht K wegen Besorgnis der Befangenheit wird verworfen.
Gründe
Das Befangenheitsgesuch der Antragstellerin (AS) ist nicht zulässig, da dafür kein Rechtsschutzinteresse mehr besteht.
Mit der Richterablehnung nach § 42 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) i.V.m. § 60 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann nur das Ziel verfolgt werden, den abgelehnten Richter an weiterer Tätigkeit in dem betreffenden Rechtsstreit zu hindern.
Da indes die von der AS beim Sozialgericht (SG) Köln erhobene Klage in dem unter dem Aktenzeichen S 26 KR 424/08 geführten Rechtsstreit durch Gerichtsbescheid vom 18.03.2011 abgewiesen worden ist, geht ihr Begehren, Richterin am Sozialgericht K an weiterer Tätigkeit in diesem Rechtsstreit zu hindern, ins Leere. Die abgelehnte Richterin ist mit dem erstinstanzlich abgeschlossenen Rechtsstreit nicht mehr befasst.
Zu keiner anderen Beurteilung führt der Umstand, dass der Beigeladene zu 2) bereits mit Schriftsatz vom 11.03.2011 Befangenheit der abgelehnten Richterin geltend gemacht und sich die AS dem Antrag ebenfalls vor Erlass des Gerichtsbescheides mit Schriftsatz vom 16.03.2011 angeschlossen hat. Wenn nämlich ein abgelehnter Richter das gegen ihn gerichtete Ablehnungsgesuch - wie hier im Gerichtsbescheid vom 18.03.2011 - selber als rechtsmissbräuchlich zurückweist und in der Hauptsache entscheidet, entfällt ein auf Überprüfung in einem gesonderten Ablehnungsverfahren gerichtetes Rechtsschutzinteresse zumindest dann, wenn in der Hauptsache - wie vorliegend - eine Berufung statthaft ist; dann hat nämlich im Rahmen des Berufungsverfahrens inzidenter die Überprüfung des Ablehnungsgrundes als Verfahrensfehler zu erfolgen (Bundesgerichtshof, Beschluss vom 18.10.2006 - XII ZB 244/04 -; Oberlandesgericht Zweibrücken, Beschluss vom 04.09.2007 - 3 W 186/07 -). Die gegenteilige Auffassung (s. dazu die Übersicht bei Musielak, ZPO, 8. Auflage, 2011, § 46 Rdn. 10) vermag schon deshalb nicht zu überzeugen, weil das o.a. Ziel, den befangenen Richter aus dem laufenden Verfahren auszuschließen, nach seiner Beendigung im Rahmen eines gesonderten Befangenheitsverfahrens nicht mehr erreicht werden kann.
Im Übrigen spricht auch bei grundsätzlich nicht berufungsfähigen Entscheidungen (vgl. dazu § 144 Abs. 1 SGG) in der vorliegenden Fallkonstellation Vieles dafür, dass die Prüfung eines Ablehnungsgrundes ebenfalls durch das in der Hauptsache zuständige Rechtsmittelgericht zu erfolgen hat, da ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel - wie die bei begründetem Ablehnungsgesuch gegebene Verletzung des Anspruchs auf den gesetzlichen Richter - Zulassungsgrund i.S.d. § 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG ist (vgl. dazu Beschluss des Senats vom 30.11.2009 - L 11 B 27/08 KA NZB -) und damit die gleichen Grundsätze wie bei der von vornherein zulässigen Berufung gelten.
Der Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Fundstellen