Entscheidungsstichwort (Thema)
Verzicht des Grundsicherungsträgers auf Annexentscheidung bei der Sanktion wegen Ablehnung einer Arbeitsgelegenheit
Orientierungssatz
1. Mit der Sanktionsentscheidung hat der Grundsicherungsträger grundsätzlich zeitgleich auch darüber zu entscheiden, ob im konkreten Fall ergänzende Sachleistungen oder geldwerte Leistungen zu erbringen sind. Diese sind aber nicht immer und zwingend zu erbringen.
2. Der Grundsicherungsträger ist berechtigt, hiervon abzusehen, wenn dem Hilfebedürftigen diese Möglichkeit aus vorangegangenen Sanktionsentscheidungen bereits bekannt war oder wenn er zu erkennen gegeben hat, dass er ergänzende Sachleistungen bzw. geldwerte Leistungen in jedem Fall abgelehnt hätte.
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Detmold vom 14.08.2009 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe
Die Beschwerde des Antragstellers ist zulässig, in der Sache aber nicht begründet.
1. Das SG hat seinen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz zu Recht abgelehnt.
a) Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint (Regelungsanordnung). Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt das Bestehen eines Anordnungsanspruchs, d. h. des materiellen Anspruchs, für den vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird, sowie das Vorliegen eines Anordnungsgrundes, d. h. die Unzumutbarkeit voraus, bei Abwägung aller betroffenen Interessen die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten. Können ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, sind die Erfolgsaussichten der Hauptsache nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen. Scheidet eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren aus, ist auf der Grundlage einer an der Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes orientierten Folgenabwägung zu entscheiden (BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005 - 1 BvR 569/05 -, BVerfGK 5, 237 = NVwZ 2005, Seite 927)
b) Dem Rechtsschutzbegehren des Antragstellers entspricht ein Antrag gemäß § 86b Abs. 2 SGG als statthafte Rechtsschutzform. Denn Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II waren dem Antragsteller für den streitigen Leistungszeitraum von August bis Oktober 2009 von der Antragsgegnerin nie bewilligt worden, so dass entgegen der Rechtsauffassung des SG ein Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 86b Abs. 1 SGG dem Rechtsschutzbegehren des Antragstellers nicht gerecht werden würde.
Der Antragsteller hat für den streitigen Leistungszeitraum von August bis Oktober 2009 einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht.
aa) Denn die Antragsgegnerin hat mit Sanktionsbescheid vom 29.06.2009 zu Recht angeordnet, dass bei dem Antragsteller die Leistung des Arbeitslosengeldes II für den Zeitraum vom 01.08.2009 bis zum 31.10.2009 vollständig entfällt gemäß § 31 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 c und Abs. 6 SGB II. Der Antragsteller hat eine zumutbare Arbeitsgelegenheit als Gärtner bei der GAB Sozialförderungsgesellschaft Bielefeld, die ihm die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 02.04.2009 angeboten hat, nicht angenommen. Diese Pflichtverletzung des Antragstellers erging wiederholt im Sinne des § 31 Abs. 3 Satz 2 SGB II, nämlich zum sechsten Mal. Die Dauer der Sanktion richtet sich nach § 31 Abs. 6 Satz 2 SGB II, ihr Beginn nach § 31 Abs. 6 Satz 1 SGB II i.V.m. § 26 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X, anwendbar gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II).
Der weitere Bescheid der Antragsgegnerin vom 01.07.2009 wiederholt hinsichtlich des hier streitigen Zeitraums vom 01.08.2009 bis zum 31.10.2009 nur die mit dem Sanktionsbescheid vom 29.06.2009 bereits getroffene Sanktionsentscheidung, so dass dem Bescheid vom 01.07.2009 insoweit ein Regelungscharakter (im Sinne des § 31 SGB X) fehlt. Deshalb hat die Antragsgegnerin entgegen der Rechtsmeinung des Antragstellers dort auch keine "Aufrechnung" oder dergleichen erklärt.
bb) Mit dem Sanktionsbescheid vom 29.06.2009 hob die Antragsgegnerin die Leistung des Arbeitslosengeldes II für den Zeitraum vom 01.08.2009 bis zum 31.10.2009 vollständig auf (Regelleistung und Kosten der Unterkunft). Für diesen Fall sind die Regelungen des § 31 Abs. 3 Satz 6 und 7 SGB II zu beachten: Bei einer Minderung des Arbeitslosengeldes II um mehr als 30 vom Hundert der nach § 20 maßgebenden Regelleistung kann der zuständige Träger in angemessenem Umfang ergänzende Sachleistungen oder geldwerte Leistungen erbringen (§ 31 Abs. 3 Satz 6 SGB II).
Hierzu hat der Senat mit Beschluss vom 09.09.2009 (L 7 B 211/09 AS ER) entschieden, dass die nach dem Gesetz nur lose Verknüpfung zwischen der Entscheidung über die Sanktion...