Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. gerichtlicher Vergleich. Anfechtbarkeit. Widerruf
Orientierungssatz
Ein öffentlich-rechtlicher Vertrag kann nicht nach den Vorschriften des Bürgerlichen Rechts über die Nichtigkeit und Anfechtung von Willenserklärungen angefochten werden, da diese Vorschriften auf Prozesshandlungen nicht anwendbar sind. Ein öffentlich-rechtlicher Vertrag kann nur unter engen Voraussetzungen, zB beim Vorliegen eines Restitutionsgrundes iS von § 580 ZPO, widerrufen werden oder dann, wenn aus dem Grundsatz von Treu und glauben sich ein Festhalten an der Prozesshandlung verbietet. Dazu können auch arglistige Täuschungen bzw Drohungen bei Vergleichsabschluss gehören.
Tatbestand
Der 1947 geborene und seinerzeit als Ingenieur und Projektmanager beschäftigte Kläger erlitt am 03.12.2001 einen Wegeunfall, als er beim Aussteigen aus seinem PKW über einen erhöhten Pflasterstein stolperte, auf den Rücken fiel und sich das linke Handgelenk prellte. Im Durchgangsarztbericht der Chirurgischen Ambulanz des Krankenhauses St. J in E-W vom Unfalltage wurde eine Prellung der Lendenwirbelsäule (LWS), des linken Handgelenks und des rechten Hüftgelenks diagnostiziert und Arbeitsunfähigkeit bis zum 07.12.2001 bescheinigt. Vom 26.12.2001 bis 03.01.2002 befand sich der Kläger wegen LWS-Beschwerden in der Unfallchirurgischen Abteilung des Wilhelm-Anton-Hospitals in Goch. Am 04.01.2002 stellte er sich wegen anhaltender lumbalgieformer Beschwerden in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik Duisburg-Buchholz vor, wo eine am 07.01.2002 durchgeführte Kernspintomographie einen Bandscheibenvorfall im Segment L 4/L 5 ergab. In der Zeit vom 10. bis 30.01.2002 erfolgte in der vorgenannten Klinik eine stationäre Behandlung, in deren Verlauf die Chefärztin der Neurologischen Abteilung Dr. L eine Wurzelreizsymptomatik im Segment L 5/S 1 diagnostizierte. Zum 31.01.2002 wurde die berufsgenossenschaftliche Heilbehandlung bei Arbeitsfähigkeit ab 01.02.2002 von dem Direktor der vorgenannten Klinik, Priv.-Doz. Dr. K, beendet.
In der Folgezeit wurde der Kläger wegen Schmerzen im Bereich der Wirbelsäule sowie wegen Ileosakralgelenkbeschwerden von dem Orthopäden Dr. R behandelt, der bis zum 17.02.2002 Arbeitsunfähigkeit bescheinigte. Daneben erfolgte eine Behandlung durch Dr. B, der Arbeitsunfähigkeit bis zum 15.03.2002 annahm. Zum 16.03.2002 nahm der Kläger seine berufliche Tätigkeit wieder auf.
Die Beklagte, die wegen der Unfallfolgen Verletztengeld bis zum 31.01.2002 gewährt hatte, ließ den Kläger durch den Chirurgen Dr. C untersuchen und begutachten. Dieser kam im Gutachten vom 23.08.2002 zusammenfassend zu dem Ergebnis, der Unfall habe zu einer Prellung des rechten Beckens, der rechten Ileosakralfuge und der LWS geführt. Der Bandscheibenvorfall sei nicht als Unfallfolge anzusehen. Gestützt auf dieses Gutachten lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 22.09.2002 die Gewährung von Verletztenrente ab. Den Widerspruch des Klägers, der geltend machte, er habe vor dem Unfall keine Bandscheibenbeschwerden gehabt und bis Juni 2002 unter den Folgen des Arbeitsunfalls gelitten, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 20.02.2003 zurück.
Mit weiterem Bescheid vom 20.01.2003 entschied die Beklagte, dass ein Anspruch auf Schmerzensgeld, auf Kostenerstattung für die durch den Arbeitsunfall beschädigte Jacke und Armbanduhr nicht bestehe und dass auch die Kosten der Fahrten zur Behandlung bzw. der von der Ehefrau durchgeführten Besuche nur bis einschließlich 31.01.2002 zu übernehmen seien. Den dagegen erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 26.06.2003 zurück.
Dagegen hat der Kläger am 21.03. und 27.07.2003 vor dem Sozialgericht (SG) Duisburg Klage erhoben (S 26 (17) U 22/03). Der Kläger hat vorgebracht, das Gutachten von Dr. C sei falsch. Dr. R habe auch für die Zeit nach dem 31.01.2002 unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit angenommen. Im Rahmen der berufsgenossenschaftlichen Heilbehandlung seien ihm durch Schmerzmittel und gewaltsame chiropraktische Maßnahmen unnötige Schmerzen zugefügt worden, weshalb er ein Schmerzensgeld und die Erstattung der ihm entstandenen Aufwendungen wegen der Unfallfolgen verlange. Anspruch auf Verletztenrente habe er nie erhoben.
Mit Gerichtsbescheid vom 02.10.2003 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klage sei insoweit unzulässig, als sie sich gegen die Versagung von Verletztenrente richte, denn der Kläger habe ausdrücklich erklärt, eine solche nicht beantragt zu haben und an einer solchen auch nicht interessiert zu sein. Die Klage gegen den Bescheid vom 20.01.2003 sei unbegründet, weil die Beklagte zutreffend die Gewährung von Schmerzensgeld bzw. Schadensersatz abgelehnt habe, denn derartige Leistungen könnten vom Träger der gesetzlichen Unfallversicherung nicht beansprucht werden. Eine Erstattung von Reisekosten nach § 43 Abs. 1 des Siebten Sozialgesetzbuches - Gesetzliche Unfallversicherung - (SGB VII) könne für Behandlungsmaßnahmen...