Entscheidungsstichwort (Thema)

Ermittlung des Streitwertes für eine kassenärztliche Honorarstreitigkeit im einstweiligen Rechtsschutz

 

Orientierungssatz

1. Ist der für die gerichtliche Entscheidung maßgebliche Sachverhalt in weiten Teilen umstritten und insoweit nicht aufzuklären, so bleibt dies dem Hauptsacheverfahren vorbehalten, mit der Folge, dass einstweiliger Rechtsschutz zu versagen ist.

2. In einem Rechtstreit über das vertragsärztliche Honorar ist das für die Bemessung des Streitwertes zu berücksichtigende Interesse des Antragstellers allein darauf gerichtet, zumindest für die Dauer des Hauptsacheverfahrens über das umstrittene vertragsärztliche Honorar verfügen zu können. Das wirtschaftliche Interesse wird damit durch den Zeitfaktor "Länge des Verfahrens" und das Zinsinteresse bestimmt. Der Streitwert errechnet sich somit aus der Multiplikation von einer geschätzten Verfahrensdauer von zwei Jahren mit der Höhe des durchschnittlichen Kreditzinses.

 

Tenor

Die Beschwerden der Antragstellerin und der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 18.08.2016 werden zurückgewiesen. Die Antragstellerin und die Antragsgegnerin tragen je die Hälfte der Gerichtskosten. Im Übrigen trägt jeder der Beteiligten seine Kosten. Der Streitwert wird auf 45.734,56 EUR festgesetzt.

 

Gründe

Die statthaften und im Übrigen zulässigen Beschwerden sind nicht begründet. Der Senat nimmt auf die als zutreffend erachteten Ausführungen des Sozialgerichts (SG) im angefochtenen Beschluss Bezug (§ 142 Abs. 2 Satz 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG), § 153 Abs. 2 SGG). Das SG hat die für die Entscheidung maßgebenden Rechtsgrundlagen zutreffend dargestellt. Ferner hat es die dies konkretisierende Rechtsprechung des Senats wiedergegeben und fallbezogen angewandt.

Mit Verfügung vom 25.11.2016 hat der Vorsitzende des Senats die Beteiligten wie folgt angeschrieben:

"Angesichts des bisherigen Schriftwechsels erinnere ich vorsorglich daran, dass es sich um ein einstweiliges Rechtsschutzverfahren handelt. Der in weiten Teilen umstrittene Sachverhalt wird insoweit nicht aufzuklären sein. Das bleibt dem Hauptsacheverfahren vorbehalten. Insoweit neige ich derzeit dazu, dem angefochtenen Beschluss des SG zu folgen (insbesondere S. 11 ff. des Umdrucks). Es besteht Gelegenheit zur abschließenden Stellungnahme bis zum 14.12.2016. ( ...)."

Hieran ist festzuhalten. Der maßgebende Sachverhalt ist umstritten und lässt sich im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nicht klären. Demzufolge tritt der Senat der abgewogenen Entscheidung des SG bei und weist die Beschwerden zurück.

Die Entscheidung über den Streitwert beruht auf § 53 Satz 2 Nr. 4 Gerichtskostengesetz (GKG) iVm § 52 Abs. 1 GKG.

Hiernach bestimmt sich die Höhe des Streitwertes nach der sich aus dem Antrag des Klägers ergebenden Bedeutung der Streitsache. Maßgebend ist grundsätzlich dessen wirtschaftliches Interesse am Ausgang des Verfahrens (std. Rspr. des Senats, vgl. Beschlüsse vom 26.03.2012 - L 11 KA 134/11 B -, 17.10.2011 - L 11 KA 123/10 -, 29.08.2011 - L 11 KA 27/11 B -). Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist gemäß § 52 Abs. 2 GKG ein Streitwert von 5.000,00 EUR anzunehmen. In dem auf einstweiligen Rechtsschutz gerichteten Verfahren kann keine endgültige Zuweisung des Anspruchs erfolgen. Das zu berücksichtigende Interesse der Antragstellerin war allein darauf gerichtet, zumindest für die Dauer des Hauptsacheverfahrens über das umstrittene Honorar verfügen zu können. Das wirtschaftliche Interesse wird mithin durch den Zeitfaktor "Länge des Verfahrens" und durch das Zinsinteresse bestimmt (vgl. dazu Senat, Beschlüsse vom 27.06.2016 - L 11 KA 7/16 B ER -, 07.11.2011 - L 11 KA 110/11 B -, 04.10.2011 - L 11 KA 50/11 B -, 28.02.2011 - L 11 KA 63/10 B - und 31.08.2011 - L 11 KA 24/11 B ER -). Das Zinsinteresse ist darauf gerichtet, nicht auf eine etwaige Zwischenfinanzierung angewiesen zu sein. Bei einer geschätzten Dauer des erstinstanzlichen Hauptsacheverfahrens von zwei Jahren ergibt sich unter Berücksichtigung eines durchschnittlichen Kreditzinses von ca. 2,5 % ein Streitwert wie folgt: 2,5 % von 914.691,27 EUR (Honorarrückforderung) = 22.867,28 EUR x 2 = 45.734,56 EUR.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 197 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 3 SGG i.V.m § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung.

Dieser Beschluss ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar (§ 177 SGG).

 

Fundstellen

Dokument-Index HI10571928

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