Entscheidungsstichwort (Thema)
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich einer von einem Strafhäftling versäumten Verfahrensfrist
Orientierungssatz
1. Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich einer versäumten Frist ist nicht zu gewähren, wenn der Antragsteller den verspäteten Zugang seines Rechtsbehelfs oder Rechtsmittels zu vertreten hat.
2. Verschulden ist dann zu verneinen, wenn der Betreffende nicht damit zu rechnen brauchte, dass der Brief solange unterwegs ist. Der übliche Postlauf muss aber einkalkuliert werden. Jemand, der in Strafhaft ist, muss die Dauer der Postkontrolle in der Justizvollzugsanstalt berücksichtigen. Strafhaft ist kein Entschuldigungsgrund für eine Fristversäumnis.
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts (SG) Köln vom 06.09.2010 wird als unzulässig verworfen.
Gründe
Der Kläger befindet sich in Haft in der JVA L. Der Beschluss des SG vom 06.09.2010 ist dem Kläger am 13.09.2010 zugestellt worden. Am 11.10.2010 hat er die Beschwerdeschrift verfasst. Die Beförderung der Beschwerdeschrift ist von der Briefkontrolle am 14.10.2010 genehmigt worden und am 18.10.2010 beim SG eingegangen.
Die Beschwerde war als unzulässig, weil verfristet, zu verwerfen. Die Beschwerdefrist beträgt nach § 173 SGG einen Monat. Die Frist begann mit der Zustellung am 13.09.2010 und endete gemäß § 64 Abs. 2 SGG mit Ablauf des 13.10.2010. Die Beschwerde ist erst am 18.10.2010 beim SG eingegangen und damit um 5 Tage zu spät.
Dem Kläger konnte wegen der Versäumung der Beschwerdefrist keine Wiedereinsetzung (WE) in den vorigen Stand nach § 67 SGG gewährt werden. Er hat den verspäteten Zugang zu vertreten. Strafhaft ist kein Entschuldigungsgrund für ein Fristversäumnis (Meyer-Ladewig, Keller, Leitherer, SGG 9. Aufl. 2008, § 67 Rnr. 8).
Verschulden wird verneint, wenn der Betreffende nicht damit zu rechnen brauchte, dass der Brief so lange unterwegs ist. Den üblichen Postlauf muss man aber einkalkulieren (a.a.O. Rnr. 6). Hier musste der Kläger die Postkontrolle in der JVA berücksichtigen. Bereits mit der Klageschrift hat der Kläger vorgetragen, dass die kürzeste Dauer der Postkontrolle in der JVA 3 Tage betrage. Dies war dem Kläger also bekannt. Wenn der Kläger dann am 11.10.2010 eine Beschwerdeschrift verfasst, so war selbst bei einer Postkontrollzeit von nur 3 Tagen ein rechtzeitiger Eingang beim SG bis 13.10.2010 nicht gewährleistet. Der Kläger hätte die Beschwerde entweder eher verfassen und in die Postkontrolle geben müssen oder er hätte auf den drohenden Fristablauf hinweisen müssen mit der Bitte, die Postkontrolle zu beschleunigen. Beides hat er schuldhaft unterlassen, so dass EG nicht zu gewähren war.
Die Beschwerde ist als unzulässig zu verwerfen, ohne dass eine inhaltliche Prüfung des Vorbringens vorzunehmen ist. Der Senat erlaubt sich jedoch den Hinweis, dass die Versagung von Prozesskostenhilfe mangels Erfolgsaussicht auch zutreffend erfolgt ist. Das SG hat die Rechtsprechung zutreffend zitiert (vgl. Übersicht auch bei Münder, SGB II, 3. Aufl. 2009, § 22 Rnr. 123; Bieback in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 3. Aufl. 2010, § 68 Rnr. 22).
Diese Entscheidung ist nicht anfechtbar, § 177 SGG.
Fundstellen