Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfassungsgemäßheit. Regelbedarf. Existenzminimum. Evidenzkontrolle
Orientierungssatz
1. Bei der Bewilligung von Arbeitslosengeld 2 wird nach § 21 Abs. 7 SGB 2 ein Mehrbedarf anerkannt, soweit Warmwasser durch in der Unterkunft installierte Vorrichtungen erzeugt wird. Soweit nicht im Einzelfall ein abweichender Bedarf besteht, beträgt der Mehrbedarf 2,3 % des Regelbedarfs.
2. Der Regelbedarf nach § 20 SGB 2 ist verfassungsgemäß. Der Grundsicherungsträger ist nicht verpflichtet, durch Einbeziehung aller denkbaren Faktoren eine optimale Bestimmung des Existenzminimums vorzunehmen. Bei der materiellen Kontrolle ist nur zu prüfen, ob die Leistungen jeweils aktuell auf der Grundlage verlässlicher Zahlen und schlüssiger Berechnungsverfahren im Ergebnis zu rechtfertigen sind.
Leitsatz (redaktionell)
1. Es bestehen keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Höhe der Regelbedarfe nach § 20 SGB II für die Zeit ab dem 01.01.2015 bzw. ab dem 01.01.2016.
2. Der Gesetzgeber ist nicht verpflichtet, durch Einbeziehung aller denkbaren Faktoren eine optimale Bestimmung des Existenzminimums vorzunehmen. Die materielle Kontrolle der Höhe von Sozialleistungen zur Sicherung einer menschenwürdigen Existenz beschränkt sich darauf, ob die Leistungen evident unzureichend sind; diese Kontrolle bezieht sich im Wege einer Gesamtschau auf die Höhe der Leistungen insgesamt und nicht auf einzelne Berechnungselemente, die dazu dienen, diese Höhe zu bestimmen.
3. Jenseits dieser Evidenzkontrolle ist lediglich zu prüfen, ob die Leistungen jeweils aktuell auf der Grundlage verlässlicher Zahlen und schlüssiger Berechnungsverfahren im Ergebnis zu rechtfertigen sind.
Normenkette
SGB II §§ 20, 21 Abs. 7; GG Art. 1, 20 Abs. 1
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 23.07.2018 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt höhere Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II für den Zeitraum Dezember 2015 bis November 2016.
Der am 00.00.1954 geborene Kläger bezieht laufend Grundsicherungsleistungen nach SGB II. Er hat keine eigene Wohnung und hält sich teilweise bei Herrn I, X-weg 00 in C auf. Mit Bescheid vom 27.10.2015 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 29.11.2015 bewilligte der Beklagte dem Kläger für die Zeit von Dezember 2015 bis November 2016 Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II in Höhe des jeweils geltenden maßgeblichen Regelbedarfs für Alleinstehende. Den von dem Kläger eingelegten Widerspruch, mit welchem der Kläger eine monatliche Pauschale für Warmwasser und die Verfassungswidrigkeit des Regelbedarfs geltend machte, wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 14.03.2016 als unbegründet zurück.
Der Kläger hat am 14.04.2016 Klage erhoben. Zur Begründung hat er im Wesentlichen vorgetragen, dass das Warmwasser bei Herrn I dezentral durch Boiler hergestellt werde. Außerdem würden seine Leistungen per Barscheck erbracht. Er müsse seine Leistungen kostenfrei erhalten. Es fielen jeweils 5,00 Euro Einlösegebühr bei der Bank an. Ferner dürfe der Beklagte für die Scheckzahlung nicht jeweils 2,85 Euro von den Leistungen abziehen. Die Regelsätze für 2015 und 2016 seien verfassungswidrig zu niedrig. Dies ergebe sich aus einem Gutachten von Herrn C1. Der Beklagte sei nur ein ausgelagertes Schreibbüro. Bescheide würden nicht ordnungsgemäß unterschrieben. Auch sei der Beklagte nicht ordnungsgemäß im Prozess vertreten.
Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,
den Bescheid vom 27.10.2015 in der Fassung des Bescheides vom 29.11.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.03.2016 teilweise aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihm für Dezember 2015 bis November 2016 höhere Leistungen zu bewilligen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Mit Urteil vom 23.07.2018 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die Klage sei, soweit es die Höhe der Leistungen betreffe, form- und fristgerecht, aber nicht begründet. Der Kläger sei insoweit durch die angefochtenen Bescheide nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 SGG beschwert. Er habe keinen Anspruch auf höhere Leistungen nach SGB II. Soweit der Kläger die Bewilligung der Warmwasser-Pauschale begehre, sei § 21 Abs. 7 SGB II maßgeblich. Darin heiße es, bei Leistungsberechtigten werde ein Mehrbedarf anerkannt, soweit Warmwasser durch in der Unterkunft installierte Vorrichtung dezentral erzeugt werde. Der Mehrbedarf betrage 2,3 Prozent des Regelbedarfs, soweit nicht im Einzelfall ein abweichender Bedarf bestehe. Die Vorschrift sei eingeführt worden, um die Leistungsempfänger mit dezentraler Warmwasserzubereitung mit den Leistungsempfängern gleichzustellen, deren Warmwasserkosten vom Jobcenter über die Heizkosten getragen werden. Der Kläger habe jedoch keinen finanziellen Aufwand für Warmwasser. Dies ergebe sich aus seinen Angabe...