Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Leistungsentziehung wegen fehlender Mitwirkung. Nachweis der Hilfebedürftigkeit. Vorlage einer Aufstellung über Betriebseinnahmen und -ausgaben
Orientierungssatz
1. Sozialleistungen dürfen nach § 66 Abs 3 SGB 1 wegen fehlender Mitwirkung nur versagt oder entzogen werden, wenn der Leistungsberechtigte auf diese Folge schriftlich hingewiesen worden ist und er seiner Mitwirkungspflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten angemessenen Frist nachgekommen ist.
2. Fordert der Grundsicherungsträger den Antragsteller zu Leistungen des SGB 2 auf, eine Aufstellung der tatsächlichen Einnahmen und Ausgaben für einen bestimmten Zeitraum sowie diesbezüglich Nachweise vorzulegen, so ist diese Aufforderung vom Amtsermittlungsgrundsatz der §§ 20, 21 Abs 1 S 1 SGB 10 gedeckt.
3. Ist es dem Leistungsträger aufgrund der Verletzung der Mitwirkungspflicht nicht möglich, die tatsächlichen Einkommensverhältnisse und damit die Hilfebedürftigkeit des Antragstellers zu beurteilen, so kann er nach § 66 Abs 1 S 1 SGB 1 die beantragte Leistung bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise versagen oder entziehen.
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Münster vom 13.01.2014 wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Der Kläger wendet sich mit seiner Beschwerde gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe für ein Klageverfahren gegen einen Versagungsbescheid.
Der Kläger war als Energieberater (C) und Effizienzhaus-Experte (e) selbständig tätig. Zuletzt wurden ihm für die Bewilligungszeiträume vom 01.09.2011 bis 29.02.2012 und vom 01.03.2012 bis 31.08.2012 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II vorläufig bewilligt. Die Leistungsbewilligung erfolgte vorläufig, weil der Kläger Einkünfte aus selbständiger Erwerbstätigkeit erzielte, deren Höhe bei Antragstellung noch nicht feststand. Mit Bescheid vom 12.09.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.01.2013 versagte der Beklagte Leistungen ab dem 01.09.2012, weil der Kläger seine Einkünfte für die Zeit vom 01.09.2011 bis 31.08.2012 nicht nachgewiesen habe und daher nicht geprüft werden könne, ob seine Prognose für die Zeit ab September 2012 plausibel sei. Gegen diese Entscheidung hat der Kläger beim Sozialgericht Münster im Verfahren S 8 AS 49/13 Klage erhoben, über die noch nicht entschieden ist.
Der Kläger beantragte am 01.07.2013 erneut die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Im Rahmen der Antragstellung gab er an, er sei seit der aus seiner Sicht rechtswidrigen Leistungsversagung ab dem 01.09.2012 von seinen Eltern verpflegt worden, obwohl diese dazu finanziell nicht in der Lage gewesen seien. Der Kläger fügte dem Antrag eine ausgefüllte Anlage EKS bei. Er machte Angaben über sein voraussichtliches Einkommen aus selbständiger Tätigkeit für die Zeit von Juli 2013 bis Dezember 2013. Als Betriebseinnahmen gab er für die Monate Juli, September, Oktober, November und Dezember 2013 jeweils 400,00 EUR an. Als Betriebsausgaben wurden im Juli 2013 415,00 EUR, in den Monaten August und November 2013 jeweils 50,00 EUR, im September 2013 30,00 EUR, im Oktober 2013 40,00 EUR und im Dezember 2013 180,00 EUR angegeben (insgesamt 765,00 EUR). Als Gewinn prognostizierte der Kläger insgesamt 1.235,00 EUR.
Mit Schreiben vom 03.07.2013 forderte der Beklagte den Kläger u.a. auf, bis zum 17.07.2013 abschließende Gewinn- und Verlusterklärungen für die Zeiträume 01.09.2011 bis 28.02.2012, 01.03.2012 bis 31.08.2012 und 01.09.2012 bis 30.06.2013 inklusive sämtlicher Belege beizubringen. Hierzu könne er die beiliegenden Formulare - endgültige EKS - verwenden. Der Beklagte wies den Kläger darauf hin, erst nach Eingang dieser Unterlagen könne der Antrag abschließend bearbeitet werden. Es liege daher in seinem Interesse, die Nachweise bis zu dem Termin beizubringen. Sollte er seiner Mitwirkungspflicht nach §§ 60 bis 62 und 65 SGB I bis zu dem oben genannten Zeitpunkt nicht nachgekommen sein, könne der Antrag nach § 66 Abs. 1 und Abs. 3 SGB I abgelehnt werden, weil er seine Mitwirkungspflicht nicht hinreichend erfüllt habe. Er sei zur Angabe von allen Tatsachen und der Vorlage von Beweismitteln verpflichtet, die für die Gewährung von Leistungen erheblich seien.
Mit Schreiben vom 10.07.2013 wandte sich der Kläger an die Beklagte. In dem Zeitraum 01.09.2012 bis 30.06.2013 habe er nicht im Leistungsbezug gestanden. Bereits aus dem Text der Anlage ergebe sich, dass diese nach Ablauf des Bewilligungszeitraums auszufüllen sei. Ein von ihm erbrachter Nachweis über Bewilligungszeiträume, die es nicht gegeben habe, wäre eine Vortäuschung falscher Tatsachen. Er werde keine Nachweise für Bewilligungszeiträume erbringen, die es nicht gegeben habe.
Der Beklagte forderte den Kläger mit Schreiben vom 22.07.2013 nochmals dazu auf, die abschließenden Gewinn- und Verlusterklärungen für die Zeit vom 01.09.2011 bis 30.06.2013 inklusive der Belege beizubringen. Das öffentliche Interesse,...