Entscheidungsstichwort (Thema)
Rüge wegen Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Anhörungsrüge)
Orientierungssatz
Die Anhörungsrüge dient nicht der Überprüfung der Rechtsanwendung und damit der Fortführung des Verfahrens, sondern nur der Überprüfung eines speziellen Verfahrensverstoßes gegen des verfassungsrechtlich abgesicherte Recht der Beteiligten, gehört zu werden (BSG, Beschluss vom 08.11.2006 - B 2 U 6/06 C).
2.Eine Gegenvorstellung ist nur zulässig, wenn eine Beschwerdeführer schlüssig geltend macht, dass ihm grobes prozessuales Unrecht durch die Verletzung anderer Verfahrensgrundrechte oder des Willkürverbots nach Art. 3 GG zugefügt worden sei, das im Wege der richterlichen Selbstkontrolle beseitigt werden muss.
3.Beschränkt sich der Vortrag der Klägerin lediglich auf die Rüge nicht korrekter Erfassung und Würdigung des Inhalts der maßgeblichen Bescheide, ergibt sich daraus weder die Begründetheit der Anhörungsrüge noch die Zulässigkeit der Gegenvorstellung.
Tenor
Die Anhörungsrüge und die Gegenvorstellung der Klägerin gegen den Beschluss des Senats vom 03.02.2011 - L 19 AS 2198/10 B - werden zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Die von der Klägerin erhobene Anhörungsrüge nach § 178a Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist zulässig. Gegen den Beschluss des Senats ist ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf nach § 177 SGG nicht gegeben. Die Rüge ist auch innerhalb der Zweiwochenfrist des § 178a Abs. 2 SGG erhoben worden.
Die Rüge ist jedoch unbegründet.
Eine erfolgreiche Anhörungsrüge setzt nach § 178a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG voraus, dass das Gericht den Anspruch der Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts soll der Anspruch auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Grundgesetz (GG) und §§ 62, 128 Abs. 2 SGG verhindern, dass die Beteiligten durch eine Entscheidung überrascht werden, die auf Rechtsauffassungen, Tatsachen und Beweisergebnissen beruht, zu denen sie sich nicht äußern konnten und sicherstellen, dass ihr Vorbringen vom Gericht in seine Erwägungen einbezogen wird (BSG, Beschluss vom 04.03.2009 - B 4 AS 1/09 C - und vom 08.11.2006 - B 2 U 5/06 - m.w.N.). Das Gericht ist nicht verpflichtet, die Beteiligten vor einer Entscheidung auf eine in Aussicht genommen bestimmte Beweiswürdigung hinzuweisen oder die für die richterliche Überzeugungsbildung möglicherweise leitenden Gründe zuvor mit den Beteiligten zu erörtern (BSG Beschluss vom 05.03.2007 - B 4 RS 58/06 B = juris Rn 9). Auch verpflichtet Art. 103 Abs 1 GG das Gericht nicht, dem Tatsachenvortrag oder der Rechtsansicht eines Verfahrensbeteiligten zu folgen. Im Rahmen der Verpflichtung zur Erwägung des Vortrags von Beteiligten ist das Gericht auch nicht gehalten, sich mit jedem Vorbringen in den Entscheidungsgründen zu befassen; es muss nur auf das für das Verfahren wesentliche und nach seiner Rechtsauffassung entscheidungserhebliche Vorbringen eingehen. Je umfangreicher das Vorbringen ausfällt, desto stärker besteht die Notwendigkeit, im Rahmen der Entscheidungsbegründung nur die wesentlichen Fragen abzuhandeln und auf die ausdrückliche Auseinandersetzung mit weniger wichtigen oder gar abwegigen Fragen zu verzichten (vgl. BSG Beschluss vom 28.09.2006 - B 3 P 1/06 C).
Entgegen der Auffassung der Bevollmächtigten der Klägerin hat der Senat den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör nicht verletzt und insbesondere seine Entscheidung nicht auf neue tatsächliche Aspekte gestützt. Die Klägerin macht ohne Erfolg geltend, der Senat habe in seinem Beschluss die ergangenen Bescheide vermengt und durch die nicht korrekte Erfassung der Sachverhalts bzw. dessen Bewertung eine Überraschungsentscheidung getroffen. Schon das Sozialgericht hat in dem Beschluss vom 03.12.2010, der Gegenstand des Beschwerdeverfahrens gewesen ist, ausgeführt, dass die von der Klägerin erhobene Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG unzulässig ist. Insoweit hat für die Bevollmächtigte der Klägerin im Beschwerdeverfahren ausreichend Gelegenheit bestanden, zur Zulässigkeit der von ihr erhobenen Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG Stellung zu nehmen. Insbesondere hätte sie darlegen können, aus welchem Grund nach ihrer Rechtsauffassung die Mitteilung des Beklagten auf den Anrufbeantworter der Familienhelferin, Frau L., am 09.08.2010 als mündlicher Verwaltungsakt über die Bewilligung eines Mehrbedarfs wegen Alleinerziehung nach § 21 Abs. 3 SGB II für die Zeit vom 01.01. bis 31.05.2010 zu werten ist, dieser Verwaltungsakt nach einer Bekanntgabe i.S.v. § 37 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) gegenüber der Klägerin nach § 39 SGB X wirksam geworden ist und die Leistungsklage zur Durchsetzung des bewilligten Anspruchs auf Mehrbedarf dient. Der Vortrag der Bevollmächtigten der Klägerin zur Zulässigkeit der Klage hat sich im Beschwerdeverfahren auf die Darlegung beschränkt, dass der Beklagte entweder einen mündlichen Verwaltun...