Entscheidungsstichwort (Thema)
Zulässigkeit der Beschwerde gegen die Aufhebung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe
Orientierungssatz
1. Die Aufhebung einer bereits bewilligten Prozesskostenhilfe geht über die Ablehnung eines Antrags auf Gewährung von PKH hinaus, weil dem Antragsteller eine bereits erlangte Rechtsposition wieder entzogen wird. Deshalb wird die Beschwerde gegen die Aufhebung von PKH vom Wortlaut des § 172 Abs. 2 S. 3 SGG nicht erfasst. Sie ist gegen den entsprechenden ablehnenden Beschluss des Sozialgerichts zulässig.
2. Fehlende Angaben und Nachweise der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse können im Rahmen des Beschwerdeverfahrens nachgereicht werden. Für die Abgabe der gebotenen Parteierklärung sieht § 120 Abs. 4 S. 2 ZPO keine Frist vor.
Tenor
Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Sozialgerichts Duisburg vom 09.02.2011 aufgehoben.
Kosten sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe
Dem Kläger wurde mit Beschluss des Sozialgerichts (SG) Duisburg vom 21.08.2006 Prozesskostenhilfe (PKH) bewilligt. Im Oktober 2010 bzw. Januar 2011 bat das Gericht um Mitteilung der aktuellen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse bzw. um Mitteilung, ob sich diese Verhältnisse gegenüber der ursprünglichen Antragstellung geändert hätten. Der Kläger wurde darauf hingewiesen, dass er ohne die entsprechende Auskunft mit der rückwirkenden Aufhebung der Prozesskostenhilfe zu rechnen habe. Auf das ihm am 05.01.2011 zugestellte Schreiben des SG reagierte der Kläger nicht. Mit Beschluss vom 09.02.2011 hat das SG die Bewilligung von PKH gemäß § 73a Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. 124 Nr. 2, 2. Alt. Zivilprozessordnung (ZPO) wegen der fehlenden Angaben aufgehoben. In der Rechtsmittelbelehrung hat es ausgeführt, dass die Beschwerde auch unter Berücksichtigung von § 172 Abs. 3 S. 2 SGG zulässig sei.
Gegen den ihm am 11.02.2011 zugestellten Beschluss hat der Kläger am 07.03.2011 Beschwerde eingelegt und einen aktuellen Grundsicherungsbescheid beigefügt. Er bekomme nach wie vor Hartz IV und sei nicht in der Lage das Geld zu zahlen. Die Anträge, die er zur Prüfung bekommen habe, seien sehr unleserlich gewesen. Er hätte sich melden sollen und bitte um Entschuldigung. Mit Schreiben vom 04.04.2011 hat er mitgeteilt, dass sich in seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen gegenüber der ursprünglichen Antragstellung nichts geändert habe.
II.
Die Beschwerde ist zulässig und begründet.
Die Beschwerdemöglichkeit ist - wie vom Sozialgericht zutreffend ausgeführt - nicht nach § 172 Abs. 2 S. 3 SGG ausgeschlossen. Beschwerden gegen die Aufhebung von Prozesskostenhilfe sind vom Wortlaut des § 172 Abs. 2 S. 3 SGG nicht erfasst. Eine erweiternde Auslegung bzw. analoge Anwendung der Vorschrift ist nicht gerechtfertigt. Es ist nach den Gesetzesmaterialien weder eine planwidrige Lücke ersichtlich noch sind gleichartige Sachverhalte gegeben. Die Aufhebung einer bereits bewilligten Prozesskostenhilfe geht über die Ablehnung eines Antrags auf Gewährung von Prozesskostenhilfe hinaus, da dem Antragsteller hier eine bereits erlangte Rechtsposition wieder entzogen wird (LSG NRW, Beschluss vom 26.08.2010 - L 6 AS 1300/10 B; vgl. auch LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 14.01.2010 - L 1 AL 137/09 B; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 01.10.2009 - L 11 R 898/09 PKH; LSG Rheinland-Pfalz Beschluss vom 16.06.2008 - L 5 B 163/08 AS).
Zum Zeitpunkt seiner Entscheidung hat das Sozialgericht zu Recht die Gewährung von Prozesskostenhilfe gemäß § 124 Nr. 2 ZPO aufgehoben. Der Beschluss ist nach nunmehriger Vorlage der notwendigen Erklärungen und Unterlagen jedoch aufzuheben. Fehlende Angaben und Nachweise der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse können auch im Rahmen des Beschwerdeverfahrens noch nachgereicht werden, da § 120 Abs. 4 S. 2 ZPO keine Frist für die Abgabe der gebotenen Parteierklärung vorsieht (LSG NRW a.a.O.; ebenso LSG Thüringen Beschluss vom 04.08.2008 - L 6 B 191/07 SF; LSG Baden-Württemberg - L 11 R 898/09 PKH-B).
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 73 a SGG, 127 Abs. 4 ZPO.
Die Entscheidung kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Fundstellen