Entscheidungsstichwort (Thema)

Gewährung von Einstiegsgeld durch einstweiligen Rechtsschutz

 

Orientierungssatz

1. Bei der Gewährung von Einstiegsgeld für die Aufnahme einer hauptberuflichen selbständigen Tätigkeit nach § 16 b SGB 2 handelt es sich um eine Ermessensentscheidung. Voraussetzung für dessen Bewilligung ist u. a. , dass aufgrund der Prognose einer fachkundigen Stelle zu erwarten ist, dass die selbständige Tätigkeit wirtschaftlich tragfähig ist und die Hilfebedürftigkeit durch die selbständige Tätigkeit innerhalb eines angemessenen Zeitraumes dauerhaft überwunden oder verringert wird.

2. Gegenüber dem Grundsicherungsträger besteht nur ein Anspruch auf Bescheidung des Antrags auf Gewährung eines Einstiegsgeldes unter Ausübung fehlerfreien Ermessens. Für die Bewilligung durch einstweiligen Rechtsschutz ist daher erforderlich, dass entweder eine Ermessensreduzierung auf Null eingetreten ist oder zumindest, dass bei der nachzuholenden Ermessensentscheidung diese mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu Gunsten des Antragstellers ausgeht oder ohne die begehrte Regelungsanordnung Rechtsschutz nicht mehr erreichbar und dies für den Antragsteller unzumutbar wäre.

3. In gleicher Weise gilt dies für die Gewährung eines Zuschusses nach § 16 c Abs. 2 SGB 2, weil es sich bei diesem Anspruch ebenfalls um eine Ermessensleistung handelt.

 

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Münster vom 08.09.2010 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Seit 2005 bezieht der am 00.00.1966 geborene Antragsteller von der Antragsgegnerin durchgehend Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).

Zum 15.02.2010 meldete der Antragsteller ein Gewerbe als Gebäudeenergieberater an. Die L-Bank lehnte im Jahr 2009 die Gewährung eines öffentlichen Förderdarlehens, des so genannten Startgeldes für Existenzgründer, an den Antragsteller ab.

Am 01.10.2009 beantragte der Antragsteller die Gewährung von Einstiegsgeld und eines Gründungszuschusses in Höhe von 5.000,00 EUR zur Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit als unabhängiger Gebäudeenergieberater. Den Anträgen war ein Geschäftsplan vom 23.09.2009 beigefügt, wonach für die Aufnahme der selbständigen Tätigkeit ein Kapitalbedarf von insgesamt 6.000,00 EUR für die Anschaffung eines Endoskops, eines Messkoffers, von Software sowie für Maßnahmen der Werbung bzw. des Marketings, für Wareneinkauf und Beratungskosten bestehe. Der Antragsteller legte dar, dass er einen Umsatz im Jahr 2009, beginnend ab dem 01.08.2009, in Höhe von 4.284,00 EUR, im Jahr 2010 von 33.108,00 EUR und im Jahr 2011 von 41.792,00 EUR erwarte. Er rechne mit monatlichen Privatentnahmen in Höhe von 900,00 EUR. Er werde eine Gebäudeenergie-Beratung, die Ausstellung eines Gebäudeenergie-Ausweises, die Fertigung von Wärmebildaufnahmen und eine Baubegleitung anbieten. Die Antragsgegnerin holte eine Stellungnahme der Wirtschaftförderungsgesellschaft für den Kreis Borken mbH zur Erfolgsaussicht der Existenzgründung des Antragstellers ein. Diese gelangte zum Ergebnis, dass die Existenzgründung sehr risikobehaftet sei und ein nebenberuflicher Start in jedem Fall anzuraten sei. Durch Bescheid vom 01.12.2009 lehnte die Antragsgegnerin die Anträge ab. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies der Kreis Borken durch Widerspruchsbescheid vom 12.03.2010 als unzulässig zurück. Der Antragsteller erhob Klage. Durch Widerspruchsbescheid vom 29.03.2010 hob der Kreis Borken den Widerspruchsbescheid vom 12.03.2010 auf und wies den Widerspruch als unbegründet zurück.

Am 22.03.2010 hat der Antragsteller beantragt, die Antragsgegnerin im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zu verpflichten, ihm Einstiegsgeld und einen Gründungszuschuss zu gewähren. Er hat vorgetragen, dass es sich bei der Wirtschaftförderungsgesellschaft für den Kreis Borken mbH um keine fachkundige Stelle handele und somit die Ablehnung seiner Anträge auf unzutreffenden Prognosen der Antragsgegnerin beruhten. Aus seinem vorlegten Geschäftsplan ergebe sich die wirtschaftliche Tragfähigkeit der von ihm geplanten und nunmehr aufgenommenen selbständigen Tätigkeit sowie die Erfolgsaussicht, dass die Einnahmen aus dieser Tätigkeit zur Verringerung seines Hilfebedarfs führten. Die notwendigen Betriebsausgaben, die für die Durchführung von Werbe- und Marketingmaßnahmen bzw für eine angemessene Präsentation seines Unternehmens erforderlich seien, überstiegen seine finanziellen Möglichkeiten. Aufgrund des geringen Bekanntheitsgrades seines Gewerbes erziele er zur Zeit nur geringe Umsätze, die seine Betriebsausgaben nicht deckten. Er müsse die von der Antragsgegnerin gewährten Leistungen zur Sicherung seines Lebensunterhalts zur Deckung der Betriebsausgaben verwenden. Er schätze seine Betriebseinnahmen für die Zeit vom 01.03. bis 31.08.2010 auf insgesamt 2.630,00 EUR und seine voraussichtlichen Betriebsausgaben auf 3.518,00 EUR.

Durch Beschluss vom 08.09.2010 hat das Sozialgericht Mü...

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