Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Anspruch auf einen Mehrbedarf nach der Härtefallregelung für Fahrtkosten aufgrund medizinisch erforderlicher Arztbesuche. Einstweiliger Rechtsschutz. Ermittlung des Wertes des Antragsbegehrens und des Beschwerdewertes
Orientierungssatz
1. Bei einem Antrag auf Erhalt einer Geldleistung im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes nach § 86b Abs 2 SGG bestimmt sich der Beschwerdewert nach dem Geldbetrag, den das Sozialgericht als Gericht der Hauptsache i.S.v. § 86b Abs 2 S 3 SGG einem Antragsteller versagt hat und der vom Antragsteller als Rechtsmittelführer weiter verfolgt wird.
2. Für die Ermittlung des Wertes des Antragsbegehrens ist nicht allein der Wortlaut des erstinstanzlichen Antrags maßgebend, sondern nach § 123 SGG ist auf den in Wirklichkeit erhobenen Anspruch abzustellen. Andernfalls könnte die in §§ 172 Abs 3 Nr 1, 144 SGG vorgeschriebene Rechtsmittelbeschränkung durch die Antragsformulierung unterlaufen werden.
3. Der Anspruch auf Leistung nach der Härtefallregelung des § 21 Abs 6 SGB 2 i.d.F. ab dem 03.06.2010 stellt als Anspruch auf einen Mehrbedarf keinen eigenständigen und von der Höhe der Regelleistung abtrennbaren Streitgegenstand dar, der eines eigenständigen Antrags bedarf, sondern ist von einem Antrag auf Fortbewilligung der Leistungen nach dem SGB II mit umfasst, wobei unerheblich ist, wenn ein Mehrbedarf nach § 21 Abs 6 SGB 2 erst nach Erlass des Bewilligungsbescheides entstanden ist.
Tenor
Die Beschwerden des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Detmold vom 09.11.2010 werden zurückgewiesen.
Kosten der Beschwerdeverfahren sind nicht zu erstatten.
Gründe
I. Der Antragsteller bezieht von der Antragsgegnerin Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Auf Antrag vom 13.08.2010 bewilligte die Antragsgegnerin dem Antragsteller durch Bescheid vom 16.08.2010 Leistungen nach dem SGB II in Höhe von 549,01 EUR mtl. (Regelleistung 323,00 EUR + Kosten für Unterkunft und Heizung 226,01 EUR). Mit Schreiben vom 15.10.2010 beantragte der Antragsteller die Gewährung eines Mehrbedarfs nach § 21 Abs. 6 SGB II in Höhe von 100,00 EUR für die Zeit ab dem 01.10.2010. Aufgrund von medizinisch erforderlichen Arztbesuchen fielen Fahrtkosten in Höhe von 101,40 EUR mtl. an. Diese Fahrtkosten überstiegen den im Regelsatz enthaltenen Pauschalbetrag für Fahrtkosten erheblich. Die Antragsgegnerin veranlasste daraufhin eine Untersuchung des Antragstellers durch den Amtsarzt. Dieser gelangte zum Ergebnis, dass aufgrund eines schlecht eingestellten Diabetes mellitus vielfältige Arztbesuche des Antragstellers bei entsprechenden Spezialisten medizinisch sinnvoll und äußerst dringlich seien.
Am 28.10.2010 hat der Antragsteller beantragt, die Antragsgegnerin im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zu verpflichten, ihm einen Mehrbedarf von mindestens 100,00 EUR mtl. bis zur zur rechtskräftigen Entscheidung über den Antrag vom 15.10.2010 zu gewähren. Durch Beschluss vom 09.11.2010 hat das Sozialgericht Detmold den Erlass einer Regelungsanordnung und die Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt. Auf die Gründe wird Bezug genommen.
Hiergegen hat der Antragsteller Beschwerde eingelegt.
II. Die Beschwerde gegen den Erlass einer Regelungsanordnung ist unzulässig (1). Die Beschwerde gegen die Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Verfahren ist unbegründet (2).
1. Die Beschwerde gegen die Ablehnung des Erlasses einer Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist unstatthaft.
Nach § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG i.d.F. ab dem 01.04.2008 ist die Beschwerde in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ausgeschlossen, wenn in der Hauptsache die Berufung nicht zulässig wäre. Eine Berufung ist zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geldleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 EUR übersteigt (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG i.d.F. ab dem 01.04.2008) oder die Berufung wiederkehrende Leistungen oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG). Der Beschwerdewert übersteigt nicht den Betrag von 750,00 EUR, da er sich auf insgesamt 600,00 EUR (6 Monate x 100,00 EUR) beläuft.
Bei einem Antrag auf Erhalt einer Geldleistung im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes nach § 86b Abs. 2 SGG bestimmt sich der Beschwerdewert nach dem Geldbetrag, den das Sozialgericht als Gericht der Hauptsache i.S.v. § 86b Abs. 2 Satz 3 SGG einem Antragsteller versagt hat und der vom Antragsteller als Rechtsmittelführer weiter verfolgt wird (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig, SGG, 9. Aufl., § 144 Rdz. 14 m.w.N.; BSG Beschluss vom 06.02.1997 - 14/10 BKg 14/96 - zum Berufungsverfahren). Der Antragsteller hat sein Beschwerdebegehren in der Beschwerdeschrift vom 06.12.2010 nicht konkretisiert, sondern konkludent auf sein erstinstanzliches Antragsbegehren Bezug genommen. Für die Ermittlung des Wertes des Antragsbegehrens ist nicht allein der ...