Entscheidungsstichwort (Thema)
Glaubhaftmachung der Hilfebedürftigkeit durch Vorlage von Kontoauszügen
Orientierungssatz
1. Bei der Bewilligung von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende durch einstweiligen Rechtsschutz sind der geltend gemachte Hilfeanspruch, die besonderen Gründe für die Notwendigkeit der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes und die Eilbedürftigkeit glaubhaft zu machen.
2. Zur Glaubhaftmachung der Hilfebedürftigkeit kann der Leistungsträger die Vorlage von Kontoauszügen verlangen. Sie stellt eine i. S. des § 65 SGB 1 erforderliche Mitwirkungshandlung des Antragstellers zum Nachweis der Hilfebedürftigkeit dar. Dies gilt erst recht dann, wenn konkrete Anhaltspunkte für einen Leistungsmißbrauch vorliegen.
Tenor
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 18. Mai 2006 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Antragstellerin (Ast) Anspruch auf Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - SGB II für die Zeit ab 01.06.2006 hat.
Die im Jahre 1957 geborene Ast lebt zusammen mit ihrer Schwester C N, geb. 1955, in einer 45 qm großen Eigentumswohnung. Im gleichen Haus findet sich offenbar eine weitere 55 qm große Wohneinheit, die nach Angaben der Ast ihre Mutter, Frau T, und der volljährige Sohn der Schwester nutzen. Die Ast hat angegeben, sie sei Miteigentümerin des Hauses, in dem sich zwei Wohneinheiten befänden. Die Ast verfügt über ein Konto bei der S-bank/ W-bank P eG (Konto-Nr 000), das sie gemeinsam mit ihrer Schwester C N und ihrer Mutter nutzt. Bis zum 31.12.2005 erhielt sie von der Antragsgegnerin (Ag) an SGB II - Leistungen laufend die Regelleistungen und die Kosten der Unterkunft (Bescheid vom 29.06.2005).
Sie beantragte im November 2005 die Fortzahlung der Leistung. Zur Bearbeitung des Antrags forderte die Ag die Ast mit Schreiben vom 01.02.2006, 10.04.2006, 04.05.2006 und 19.05.2006 auf, ihre Bedürftigkeit nachzuweisen und die vollständigen Kontoauszüge für die Zeit vom 01.11.2005 bis 01.02.2006 bis spätestens zum 21.05.2006 einzureichen. Der Grundbuchauszug solle vollständig vorgelegt werden, so dass ein Nachweis über die Höhe der Wohnfläche und das dazu gehörige Grundstück bestehe. Es seien auch keine aktuellen Abgabenbescheide (Grundsteuer, Müllabfuhr, Schornsteinfeger) übersandt worden.
Mit einem am 19.04.2006 bei dem Sozialgericht eingegangenen Antrag hat die Ast die rückwirkende Zahlung der durch den Widerspruchsbescheid zuerkannten Regelleistungen begehrt. Die Ag hat die Regelleistungen für den Zeitraum vom 01.01. bis 30.05.2006 i.H.v. jeweils 345,- Euro auf das Konto der Ast überwiesen.
Nach Übersendung von zahlreichen mit Schwärzungen versehenen Kontoauszügen durch die Ast (Schreiben vom 20.05.2006) hat die Ag dieser mit den Bescheiden vom 24.05.2006 mitgeteilt, die Leistungsgewährung in Höhe der Regelleistung werde bis zur Nachholung der Mitwirkung eingestellt. Trotz Belehrung über die Rechtsfolgen habe die Ast die mit Schreiben vom 19.05.2005 angeforderten fehlenden Unterlagen nicht in dem erforderlichen Umfang vorgelegt. Durch die Schwärzungen auf der Kontoübersicht seien die Zahlungseingänge und -ausgänge nicht nachvollziehbar.
Den Widerspruch der Ast gegen den Bescheid vom 24.05.2006 hat die Ag mit Widerspruchsbescheid vom 31.05.2006 als unbegründet zurückgewiesen. Sie hat ausgeführt, die Ast sei ihren Mitwirkungspflichten nach § 60 Abs. 1 Ziff 3 SGB - Allgemeiner Teil - (SGB I) nicht ausreichend nachgekommen, wonach sie verpflichtet sei, Beweismittel zu bezeichnen und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen. In den Kontoauszügen seien die Buchungen größtenteils geschwärzt. Zwar könnten bei Soll-Buchungen über kleinere Beträge die zu den Einzelbuchungen aufgeführten Texte geschwärzt werden. Die Schwärzung von Haben-Buchungen, also Einnahmen, führe jedoch zu einer Verletzung der Mitwirkungspflicht nach § 60 Abs. 1 SGB I, da nach § 11 SGB II grundsätzlich das gesamte Einkommen bei der Hilfegewährung zu berücksichtigen sei. Seitens der Ast seien die Kontoauszüge so geschwärzt worden, dass in 90 % der Buchungen kein Betrag zu erkennen und nicht ersichtlich sei, ob es sich um Positiv- oder Negativbuchungen handele. Wenn - wie hier - konkrete Anhaltspunkte den Verdacht auf das Vorliegen eines Sozialhilfemissbrauchs begründeten (Vorlage von - durch Entfernung des Namens der Miteigentümerin - veränderten Kopien von Abgabebescheiden), könne es auch erforderlich sein, die Kontoauszüge insgesamt in ungeschwärzter Form zu fordern. In Ausübung des pflichtgemäßen Ermessens könne keine andere Entscheidung getroffen werden, da aufgrund der fehlenden Mitwirkung nicht geprüft bzw sichergestellt werden könne, dass die gesetzlichen Anspruchsvoraussetzungen für die entzogene Leistung vorgelegen hätten bzw vorlägen.
Mit Beschluss vom 18.05.2006 hat das Sozialgericht (SG) Köln den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgele...