Entscheidungsstichwort (Thema)

Versagung von Prozesskostenhilfe bei Erfolgsaussicht nur hinsichtlich eines völlig untergeordneten Teiles des Klagebegehrens

 

Orientierungssatz

1. Der einmalige Zufluss von gezahltem Lohn stellt bei der Auszahlung der einer Bedarfsgemeinschaft bewilligten Grundsicherungsleistungen den Eintritt einer wesentlichen Änderung in den Verhältnissen i. S. von § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB 10 dar. Dieses Einkommen ist auf den gesamten Monat des Zuflusses anzurechnen und anteilig auf die Bedarfe der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft umzulegen.

2. Die entsprechende Aufhebung der Leistungsbewilligung setzt weder Verschulden des Leistungsempfängers voraus, noch wird der Verbrauch des Geldes durch diesen berücksichtigt.

3. PKH ist abzulehnen, wenn die Erfolgsaussichten nur für einen völlig untergeordneten Teil des Klagebegehrens bestehen.

 

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 10.05.2010 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

Die Beklagte bewilligte dem Kläger in Bedarfsgemeinschaft mit seiner Lebensgefährtin und dem gemeinsamen Sohn mit Bescheid vom 16.07.2009 Grundsicherungsleistungen für die Zeit vom 01.08.2009 bis 31.01.2010. Im August 2009 zeigte der Kläger eine Arbeitsaufnahme an. Nach der Lohnabrechnung seiner Arbeitgeberin, I GmbH, vom 02.09.2009 wurde für August 2009 ein Nettoentgelt von 253,15 EUR abgerechnet. Nach Anhörung des Klägers hob die Beklagte daraufhin die Bewilligung des Arbeitslosengeldes II für September 2009 in Höhe von 93,15 EUR auf und stellte diesen Betrag zur Aufrechnung. Auf den Widerspruch des Klägers ermäßigte sie den Erstattungsbetrag auf 38,22 EUR - Umlage des Erstattungsbetrages auf die einzelnen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft - und wies den Widerspruch im Übrigen zurück (Widerspruchsbescheid vom 23.11.2009).

Das hiergegen angerufene Sozialgericht (SG) Dortmund hat mit Beschluss vom 10.05.2010 Prozesskostenhilfe abgelehnt, weil die Anrechnung des Einkommens rechtmäßig erscheine und im Hinblick auf die Höhe des streitigen Betrages es der Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht bedürfe.

Die dagegen gerichtete Beschwerde ist im Ergebnis unbegründet.

Das Klagebegehren bietet nicht die für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe erforderliche hinreichende Erfolgsaussicht (§§ 73a Abs. 1 S. 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG -, 114 Zivilprozessordnung - ZPO -).

Nach der insoweit erforderlichen summarischen Prüfung hat die Beklagte die Bewilligung des Arbeitslosengeldes II zu Recht gestützt auf § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 Sozialgesetzbuch (SGB) Zehntes Buch (X) in der streitigen Höhe für den Monat September 2009 aufgehoben. In diesem Monat ist durch die Zahlung des Nettoarbeitslohns in Höhe von 253,15 EUR, abgerechnet am 02.09.2009, eine wesentliche Änderung in den Verhältnissen des Klägers eingetreten, da dieses Einkommen auf den gesamten Monat des Zuflusses anzurechnen ist (§ 11 Abs. 1 S. 1 SGB II i.V.m. § 2 Abs. 2 S. 1 Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung - Alg II-V). Von diesem Einkommen ist der Grundfreibetrag von 100,00 EUR (§ 11 Abs. 2 S. 2 SGB II) sowie 20% des 100,00 EUR überschreitenden Arbeitsentgelts (§ 30 S. 2 Nr. 1 SGB II) abzusetzen. Da die Beklagte 160,00 EUR in Abzug gebracht hat, wird dieser Betrag sogar überschritten. Die anzurechnenden 93,15 EUR sind anteilig auf die Bedarfe der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft umzulegen (vgl. BSG Urt. v. 18.06.2008 - B 14 AS 55/07 R = www.juris.de Rn 26). Da der Bedarf des Kindes im Verhältnis zu den Eltern geringer ist, hat die Beklagte zutreffend einen höheren Einkommensanteil beim Kläger in Abzug gebracht.

Da die Aufhebung der Leistungsbewilligung nach § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB X weder Verschulden des Leistungsempfängers voraussetzt noch den Verbrauch des Geldes durch diesen berücksichtigt, ist der Bescheid insoweit nicht zu beanstanden.

Auf die vom SG zur Begründung seiner Entscheidung zusätzlich herangezogene Frage, ob die Höhe des streitigen Betrages im Hinblick auf das Prozesskostenrisiko der Bewilligung von Prozesskostenhilfe entgegensteht, kommt es daher nicht an (bejahend LSG Berlin-Brandenburg Beschl. v. 10.02.2009 - L 5 B 1956/08 AS PKH = ASR 2009, 130 sowie Beschl. vom 19.05.2008 - L 10 B 184/08 AS PKH = www.juris.de; Hessisches LSG Beschl. v. 15.07.2008 - L 9 B 39/08 SO = SAR 2008, 110; Schleswig-Holsteinisches LSG Beschl. v. 17.06.2008 - L 9 B 156/08 SO PKH = www.juris.de; LSG Niedersachsen-Bremen Beschl. v. 15.02.2008 - L 13 B 40/07 AS = www.juris.de; ablehnend bzw. einschränkend LSG Berlin-Brandenburg Beschl. v. 16.04.2009; L 15 SO 52/09 B PKH = www.juris.de; Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 73a Rn 9b mwN). Es bestehen allerdings erhebliche Bedenken, einen Geldbetrag, der mehr als 10% des Regelsatzes nach § 20 Abs. 2 SGB II beträgt, dem Bagatellbereich zuzuordnen. Zwar hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass das Gericht bei der Gewährung von Prozesskostenhilfe abzuwägen hat, ob ein Bemittelter in der Lage des ...

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