Entscheidungsstichwort (Thema)
Gewährung von Leistungen der Grundsicherung durch einstweiligen Rechtsschutz für einen syrischen Staatsangehörigen, dem der sog. internationale subsidiäre Schutzstatus i. S. von § 4 AsylVfG zuerkannt ist
Orientierungssatz
1. Ist einem syrischen Staatsangehörigen, der nach Deutschland geflüchtet ist, der sog. internationale subsidiäre Schutzstatus i. S. von § 4 AsylVfG zuerkannt, so verfügt er über einen Aufenthaltstitel nach § 25 Abs. 2 AufenthG und ist damit nicht nach § 7 Abs. 1 S. 2 SGB 2 von Leistungen des SGB 2 ausgeschlossen.
2. Die örtliche Zuständigkeit des Grundsicherungsträgers knüpft allein an den gewöhnlichen Aufenthalt an, ohne dass es auf einen möglicherweise ordnungsrechtlichen Verstoß gegen eine Wohnsitzauflage ankommt.
3. Soweit allein die Gewährung von Kosten der Unterkunft und Heizung durch einstweiligen Rechtsschutz begehrt wird, fehlt es am erforderlichen Anordnungsgrund, wenn lediglich Mietrückstände aufgelaufen sind bzw. der Vermieter die Kündigung des Mietverhältnisses ausgesprochen hat. Selbst bei Erhebung einer Räumungsklage verbleiben regelmäßig noch zwei Monate Zeit, den Verlust der Wohnung abzuwenden.
Tenor
Auf die Beschwerden der Antragsstellerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 23.02.2015 geändert. Der Antragsgegner wird verpflichtet, der Antragstellerin vorläufig Regelleistungen ab 06.02.2015 bis 31.07.2015, längstens jedoch bis zum rechtskräftigen Abschluss der Hauptsache, nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren. Der Antragstellerin wird für beide Rechtszüge Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt T aus E beigeordnet. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Der Antragsgegner trägt die außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin.
Gründe
I.
Die Antragstellerin begehrt die Gewährung von SGB II-Leistungen seitens des Antragsgegners.
Die Antragstellerin besitzt die syrische Staatsangehörigkeit. Laut ihren eigenen Angaben flüchtete sie in die Bundesrepublik. Sie bezog bis 31.10.2014 Leistungen des Jobcenters M. Laut ihren eigenen Angaben hielt sie sich wöchentlich wechselnd sowohl in M, als auch in E auf, wo ihr religiös angetrauter Ehemann wohnt. Die Ehe ist in Deutschland nicht anerkannt. Seit dem 16.08.2014 ist die Antragstellerin in E gemeldet. Ihre Wohnung in M gab sie zum 31.10.2014 auf. Seitdem hält sie sich nach eigenen Angaben dauerhaft in E auf. Mit Bescheid vom 14.10.2014 hat das Jobcenter M die Bewilligung von SGB II-Leistungen mit Wirkung vom 01.11.2014 aufgehoben. Grund für die Aufhebung der Entscheidung sei der Umzug und der dadurch bedingte Wechsel der Zuständigkeit. Zurzeit ist sie schwanger. Voraussichtlicher Entbindungstermin ist der 26.08.2015. Die Antragstellerin wohnt bei ihrem religiös angetrauten Ehemann, der gegenwärtig aufstockend Leistungen seitens des Antragsgegners bezieht. Seit dem 15.10.2014 erhält dieser ein Einkommen aus einer Teilzeitbeschäftigung. Beide besitzen ein eigenes Konto.
Ende Oktober 2014 erhielt der religiös angetraute Ehemann der Antragstellerin ein Gehalt in Höhe von 383,28 EUR. Zum 01.10.2014 sind die Antragstellerin und ihr religiös angetrauter Ehemann ohne Zustimmung des Antragsgegners umgezogen. Die Miete beträgt 440,00 EUR zzgl. 125,00 EUR Nebenkosten einschließlich Heizung. Das Wasser wird über die Heizung erwärmt.
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge stellte einen subsidiären Schutz im Sinne des § 4 Asylverfahrensgesetz fest. Daraufhin erteilte die Stadt M mit Bescheid vom 02.02.2015 der Antragstellerin einen Aufenthaltstitel. Dieser Aufenthaltstitel enthielt die Nebenbestimmung "Wohnsitznahme Sachsen". Hiergegen hat der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin Widerspruch erhoben, über den bislang nicht entschieden worden ist.
Am 04.11.2015 beantragte die Antragstellerin bei dem Antragsgegner, die Gewährung von SGB II-Leistungen. Mit Bescheid vom 28.01.2015 lehnte der Antragsgegner die Bewilligung von Leistungen mit der Begründung ab, dass die Antragstellerin aufgrund ihres Aufenthaltstitels ihren Wohnsitz nur in Sachsen nehmen dürfe und somit ihren gewöhnlichen Aufenthalt nicht in E habe könne. Der Jobcenter E sei der zuständige Träger.
Hiergegen erhob die Antragstellerin Widerspruch am 06.02.2015 mit der Begründung dem Widerspruch gegen die Nebenbestimmung komme aufschiebende Wirkung nach § 80 Abs. 1 VwGO zu. Damit habe die Nebenbestimmung bereits seit Antragstellung und bis auf Weiteres keinen Bestand. Mit Fax vom 02.02.2015 teilte die Stadt M dem Prozessbevollmächtigten mit, dass sie dem Widerspruch gegen die Wohnsitzauflage nicht abhelfe. Sie würde dies an die Landesdirektion Sachsen als zuständige Widerspruchsbehörde abgeben.
Am 06.02.2015 beantragte die Antragstellerin einstweiligen Rechtsschutz vor dem Sozialgericht Düsseldorf.
Mit Beschluss vom 23.02.2015 hat das Sozialgericht Düsseldorf den Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes abgelehnt mit der Begründung, vorliegend sei kein Rechtsschutzbedürfnis ersichtlich nach der Rechtsprec...