Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. Ausländer mit Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs 1 AufenthG 2004. Verletzung der ausländerrechtlichen Wohnsitzauflage. gewöhnlicher Aufenthalt im Zuständigkeitsbereich eines anderen Grundsicherungsträgers
Orientierungssatz
1. Die Verpflichtung zur Übernahme von Unterkunftskosten gem § 22 Abs 1 S 1 SGB 2 entfällt nicht dadurch, dass ein Hilfebedürftiger sich entgegen einer ausländerrechtlichen Wohnsitzauflage im Zuständigkeitsbereich eines anderen Grundsicherungsträgers aufhält.
2. Für die Feststellung des gewöhnlichen Aufenthalts gem § 7 Abs 1 S 1 Nr 4 SGB 2 iVm § 30 Abs 3 SGB 1 ist eine Wohnsitzauflage unmaßgeblich.
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 10.07.2014 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Kläger zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Mit der Berufung wendet sich der Beklagte gegen seine Verurteilung zur Bewilligung von Leistungen für Unterkunft und Heizung nach dem SGB II im Zeitraum vom August 2009 bis November 2009 in Höhe von monatlich 494,47 EUR und im Dezember 2009 in Höhe von 400,00 EUR.
Die 1967 geborene Klägerin zu 1) ist kongolesische Staatsangehörige. Sie reiste im Februar 1994 in die Bundesrepublik Deutschland ein. Der 1997 geborene Kläger zu 2) und die 1999 geborene Klägerin zu 3) sind die Kinder der Klägerin und leben mit dieser in einem Haushalt. Die Klägerin zu 1) war im streitigen Zeitraum alleinerziehend. Sie verfügte nicht über Vermögen oder Einkommen. Ein Antrag auf Kindergeld war im streitigen Zeitraum noch nicht beschieden.
Die Klägerin zu 1) war 2009 im Besitz einer Fiktionsbescheinigung nach § 81 Abs. 4 AufenthG auf der Grundlage einer Aufenthaltserlaubnis nach § 23 AufenthG unter Gestattung jeder Beschäftigung. Im streitigen Zeitraum bestand eine Wohnsitzauflage für den Kreis E. Am 24.07.2009 beantragte die Klägerin zu 1) die Aufhebung der Wohnsitzauflage bei dem Ausländeramt mit der Begründung, die von ihr in E bewohnte Wohnung sei zu klein und sie könne keine andere Wohnung zu den in E als angemessenen erachteten Kriterien finden. Den Antrag lehnte das Ausländeramt mit bestandskräftigem Bescheid vom 26.05.2010 ab. Eine Vollstreckung der Wohnsitzauflage ist nicht erfolgt.
Die Kläger bezogen bis zum 31.07.2009 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts vom Kreis E. Zum 01.08.2009 zogen die Kläger von E in den Zuständigkeitsbereich des Beklagten nach C., Im X. 00. Die monatlichen Kosten der 70 qm großen Wohnung beliefen sich auf 350,00 EUR Grundmiete zzgl. 90,00 EUR Nebenkosten- und 70,00 EUR Heizkostenvorauszahlung. Die Kosten der Warmwasserbereitung waren in den Heizkosten enthalten. Mit Bescheid vom 13.08.2009 hob der Kreis E die Leistungsbewilligung ab 01.08.2009 auf.
Der Vermieter kündigte wegen Mietrückständen das Mietverhältnis zum 30.11.2009. Die Kläger zogen daraufhin ab dem 01.12.2009 zur Untermiete zu dem Zeugen O. H. J., C. Die Gesamtkosten dieser Wohnung beliefen sich auf monatlich 800,00 EUR, bestehend aus einer Grundmiete von 700,00 EUR, Betriebskosten von 50,00 EUR und Heizkosten von weiteren 50,00 EUR monatlich. Nach Angaben der Klägerin zu 1) und des Zeugen vereinbarten diese zunächst eine Mietzahlung im Rahmen einer Untermiete von 500,00 EUR monatlich, allerdings habe sich der Zeuge nachträglich mit einer monatlichen Zahlung von 400,00 EUR einverstanden erklärt. Die Klägerin zu 1) hatte den Zeugen nach eigenen Angaben etwa zwei Wochen vor dem Umzug kennengelernt. Nach übereinstimmenden Angaben besteht zwischen der Klägerin zu 1) und dem Zeugen seit Juli 2010 eine Lebensgemeinschaft. Aus einem Untermietvertrag vom 03.03.2010 ergibt sich eine Monatsmiete von 444,60 EUR zzgl. 214,50 Nebenkosten.
Am 27.07.2009 beantragten die Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II bei der ARGE S (jetzt Jobcenter S, hier einheitlich: Beklagter). Diesen Antrag lehnte der Beklagte telefonisch wegen des Bestehens der Wohnsitzauflage für den Kreis E am selben Tag ab. Hiergegen legten die Kläger mit Schreiben vom 07.10.2009 Widerspruch ein und machten ein Verfahren auf einstweiligen Rechtsschutz beim Sozialgericht Köln (S 25 AS 200/09 ER) anhängig. Im Beschwerdeverfahren beim LSG Nordrhein-Westfalen (L 19 B 389/09 AS ER) wurde den Klägern mit Beschluss vom 20.01.2010 Leistungen in Höhe des Regelbedarfs und ein Mehrbedarf für Alleinerziehung für den Zeitraum vom 14.10.2009 bis 31.12.2009 vorläufig zugesprochen. Kosten der Unterkunft seien für die Zeit ab 01.12.2009 nicht hinreichend glaubhaft gemacht. Es sei lediglich vorgetragen worden, der Zeuge sei zukünftig bereit, einen Mietvertrag abzuschließen. Im Hauptsacheverfahren sei zu prüfen, ob die Anmietung der Wohnung unter Verstoß gegen die ausländerrechtliche Wohnsitzauflage erfolgt sei und dies einen Anspruch ausschließe. In Umsetzung dieses Beschlusses bewilligte der Beklagte mit Bescheid vom 04.02.2010 den Klägern vorläufig Leistungen zur Sic...