Entscheidungsstichwort (Thema)

Kostenentscheidung bei Erledigung des sozialgerichtlichen Eilverfahrens ohne gerichtliche Entscheidung

 

Orientierungssatz

1. Endet ein Verfahren anders als durch Urteil oder Beschluss, so entscheidet das Gericht über die außergerichtlichen Kosten nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sachstandes.

2. Nimmt der Antragsteller zeitgleich mit der Erhebung des Widerspruchs vorläufigen Rechtsschutz in Anspruch, so ist er zur Vermeidung seiner Kostentragung verpflichtet, vor Inanspruchnahme des gerichtlichen Eilrechtsschutzes beim Antragsteller zu klären, ob dieser seinem am selben Tag erhobenen Widerspruch gegen den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid aufschiebende Wirkung beimessen würde oder nicht.

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 07.11.2007 geändert. Kosten für das sozialgerichtliche Ausgangsverfahren sind nicht zu erstatten. Auch im Beschwerdeverfahren sind Kosten nicht zu erstatten.

 

Gründe

Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts (SG) Köln vom 07.11.2007 ist zulässig und begründet.

1. Gemäß § 193 Abs. 1 Satz 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entscheidet das Gericht auf Antrag über die Erstattung von Kosten zwischen den Beteiligten, wenn das Verfahren anders als durch Verkündung eines Urteils oder durch Zustellung eines Beschlusses beendet wird. Dies war hier der Fall. Denn der Antragsteller hat mit Schriftsatz vom 02.11.2007 das sozialgerichtliche Eilverfahren (in der Hauptsache) für erledigt erklärt. Die Antragsgegnerin hatte zuvor mit Schriftsatz vom 20.09.2007 erklärt, von der Einziehung der streitigen Erstattungsforderung vorläufig abzusehen.

2. Die Entscheidung über die Kostentragungspflicht gemäß § 193 Abs. 1 Satz 3 SGG hat auf der Grundlage billigen Ermessens unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes zu erfolgen. Maßgebend für die Entscheidung sind insbesondere die Erfolgsaussichten der Klage bzw. des Rechtsmittels, ferner die Frage, wer Veranlassung für die Durchführung des Rechtsstreits gegeben hat (vgl. Meyer-Ladewig/Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl. 2005, § 193 RdNr. 12b und 13).

Es entspricht billigem Ermessen, dass die Beteiligten die außergerichtlichen Kosten des sozialgerichtlichen Ausgangsverfahrens jeweils selbst tragen. Denn die Antragsgegnerin hat keine Veranlassung für die Durchführung des sozialgerichtlichen Eilverfahrens gegeben.

a) Der Antragsteller hat den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs vom 11.09.2007 gegen den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid der Antragsgegnerin vom 16.08.2007 mit Schriftsatz vom 11.09.2007 (eingegangen am 14.09.2007) vor dem SG Köln gestellt.

Der Antragsteller hat damit zeitgleich mit der Erhebung seines Widerspruchs vorläufigen gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch genommen. Hierzu bestand keine Veranlassung, jedenfalls hat die Antragsgegnerin dies nicht veranlasst. Denn zum Zeitpunkt der Antragstellung war dem Antragsteller nicht bekannt, ob die Antragsgegnerin seinem (am selben Tag erhobenen) Widerspruch gegen den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 16.08.2007 aufschiebende Wirkung beimessen würde oder nicht.

aa) Gemäß § 39 Nr. 1 SGB II haben Widerspruch und Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt, der über Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende entscheidet, keine aufschiebende Wirkung. Der erkennende Senat ist der Auffassung, dass ein Verwaltungsakt, der - wie hier der Fall - die Bewilligung von Leistungen ausschließlich für einen vergangenen Zeitraum aufhebt und die Erstattung entsprechender Leistungen anordnet, kein Verwaltungsakt ist, der gemäß § 39 Nr. 1 SGB II über Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende entscheidet. Denn einer derartigen Auslegung stehen Sinn und Zweck des § 39 Nr. 1 SGB II sowie systematische Erwägungen entgegen (ausführlich Beschluss des erkennenden Senats vom 25.02.2008, L 7 B 339/07 AS ER und L 7 B 340/07 AS, Juris). Diese Rechtsfrage ist in der Rechtsprechung der Tatsachengerichte jedoch umstritten (vgl. Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (LSG NRW), Beschluss vom 20.12.2007, L 9 B 189/07 AS ER, Juris, m.w.N.).

bb) Da der Antragsteller seinen Widerspruch gegen den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 16.08.2007 zeitgleich mit seinem Antrag auf vorläufigen gerichtlichen Rechtsschutz stellte, konnte er zu diesem Zeitpunkt noch nicht wissen, welcher Rechtsauffassung sich die Antragsgegnerin anschließen würde, ob sie also seinem Widerspruch aufschiebende Wirkung beimessen würde oder nicht.

Dies ergab sich auch nicht aus dem bisherigen Verhalten der Antragsgegnerin. Soweit der Antragsteller auf das Schreiben der Bundesagentur für Arbeit (als Einziehungsstelle) vom 27.08.2007 verweist, wird mit diesem Schreiben auf einen Stundungsantrag (der von dem Aufhebungs- und Erstattungsbescheid ebenfalls betroffenen Ehefrau des Antragstellers) geantwortet. Diesem Schreiben vom 27.08.2007 ist nicht zu entneh...

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