Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an die Bestimmtheit des eine Eingliederungsvereinbarung ersetzenden Verwaltungsaktes
Orientierungssatz
1. Der eine Eingliederungsvereinbarung nach § 16 SGB 2 ersetzende Verwaltungsakt muss hinsichtlich des Angebots der Arbeitsgelegenheit nach § 16 d SGB 2 hinreichend bestimmt sein. Dazu ist erforderlich, dass aus ihm die Art der Arbeit, deren zeitlicher Umfang, die zeitliche Verteilung sowie die Höhe der angemessenen Entschädigung für die Mehraufwendungen im Einzelnen hervorgehen, vgl. BSG, Urteile vom 16. Dezember 2008 - B 4 AS 60/07 R und vom 27. August 2011 - B 4 AS 1/10 R.
2. Sinn und Zweck der Bestimmtheit ist es, sicherzustellen, dass einmal der Grundsicherungsträger den unverzichtbaren Regelungsinhalt der Zuweisung der Arbeitsgelegenheit vornimmt. Zum anderen müssen die Regelungen des Grundsicherungsträgers ausreichend konkret sein, um den Leistungsberechtigten in die Lage zu versetzen, eine Entscheidung über die Teilnahme an der Maßnahme zu treffen.
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 04.06.2012 geändert. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs vom 11.05.2012 gegen den die Eingliederungsvereinbarung ersetzenden Verwaltungsakt vom 08.05.2012 wird abgelehnt.
Kosten sind in beiden Instanzen nicht zu erstatten.
Dem Antragsteller wird für das Beschwerdeverfahren ab Antragstellung (18.07.2012) Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt L aus N beigeordnet.
Gründe
Die zulässige Beschwerde des Antragsgegners ist begründet.
Das Sozialgericht (SG) Gelsenkirchen hat im Beschluss vom 04.06.2012 zu Unrecht die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den die Eingliederungsvereinbarung ersetzenden Verwaltungsakt vom 08.05.2012 hinsichtlich der Verpflichtung des Antragstellers zur Aufnahme einer Arbeitsgelegenheit mit Mehraufwandsentschädigung als Hilfskraft im Bildungszentrum des Handels in Marl vom 15.05.2012 bis 14.11.2012 nach § 16 d Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) angeordnet.
Nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht in der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Sofern zwischen den Beteiligten streitig ist, ob ein Rechtsbehelf aufschiebende Wirkung hat, kann das Gericht auf Antrag durch Beschluss aussprechen, dass die Rechtsbehelfe aufschiebende Wirkung haben (deklaratorischer Beschluss; vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl. 2012, § 86 b Rn. 15 m.N. zur Rechtsprechung des Bundessozialgerichts [BSG]).
Gemäß § 86a Abs. 1 SGG haben Widerspruch und Anfechtungsklage grundsätzlich aufschiebende Wirkung; nach § 86a Abs. 2 Nr. 4 SGG entfällt die aufschiebende Wirkung in anderen durch Bundesgesetz vorgeschriebenen Fällen. Gemäß § 39 Nr. 3 SGB II haben Widerspruch und Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt, mit dem zur Beantragung einer vorrangigen Leistung aufgefordert wird, keine aufschiebende Wirkung.
Die Erfolgsaussicht des Antrages beurteilt sich nach dem Ergebnis einer Interessenabwägung zwischen dem privaten Interesse des Antragstellers an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung und dem Interesse der Allgemeinheit an der sofortigen Vollziehung. Hierbei sind neben einer allgemeinen Abwägung der Folgen bei Gewährung bzw. Nichtgewährung des vorläufigen Rechtsschutzes auch die Erfolgssaussichten des Rechtsbehelfes in der Hauptsache von Bedeutung (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, a.a.O., § 86b Rn. 12c ff.). Dabei kann nicht außer Acht gelassen werden, dass das Gesetz mit dem Ausschluss der aufschiebenden Wirkung in § 39 SGB II dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des angefochtenen Bescheides grundsätzlich Vorrang vor dem Interesse des Betroffenen an einem Aufschub der Vollziehung einräumt (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 26.07.2006 - L 20 B 144/06 AS ER).
Die hiernach anzustellende Interessenabwägung geht zu Lasten des Antragstellers. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Verwaltungsentscheidung ergeben sich entgegen der Einschätzung des SG nicht. Zwar ist dem SG zuzustimmen, dass die hinreichende Bestimmtheit des Angebots der Arbeitsgelegenheit in der Eingliederungsvereinbarung nicht erfolgte. Denn insoweit ist erforderlich, dass die Art der Arbeit, der zeitliche Umfang, die zeitliche Verteilung sowie die Höhe der angemessenen Entschädigung für die Mehraufwendungen im Einzelnen bestimmt wird (BSG, Urteil vom 16.12.2008 - B 4 AS 60/07 R Rn. 30 ff. juris). Diesen Anforderungen genügt die Eingliederungsvereinbarung vom 08.05.2012 nicht, da als zu verrichtende Tätigkeit nur die einer "Hilfskraft" genannt wird. Sinn und Zweck der an die Bestimmtheit des Angebots der Arbeitsgelegenheit zu stellenden Anforderungen ist es, sicherzustellen, dass zum einen der nach der Konzeption des SGB II allein für die Prüfung der Voraussetzungen des § 16 d...