Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsätzlicher Ausschluss der Bewilligung von Leistungen für einen abgelaufenen Zeitraum durch einstweiligen Rechtsschutz
Orientierungssatz
1. Zur Gewährung von Krankengeld durch einstweiligen Rechtsschutz ist die Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs und eines Anordnungsgrundes erforderlich.
2. Im einstweiligen Rechtsschutz sind nur diejenigen Mittel zur Verfügung zu stellen, die zur Behebung einer aktuellen Notlage erforderlich sind. Nur ausnahmsweise, wenn die Nichtgewährung der begehrten Leistung in der Vergangenheit noch in die Gegenwart fortwirkt und infolgedessen eine aktuelle Notlage besteht, kann davon eine Ausnahme gemacht werden. Ist ein besonderer Nachholbedarf nicht glaubhaft gemacht, so ist die Gewährung von einstweiligem Rechtsschutz in einem solchen Fall zu versagen.
Normenkette
SGB V § 44; SGB X § 48; SGG § 86a Abs. 2 Nr. 3, § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2, Abs. 2 S. 2
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Münster vom 01.06.2016 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Der 1967 geborene Antragsteller begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes von der Antragsgegnerin die Gewährung von Krankengeld über den 07.03.2016 hinaus.
Der Antragsteller ist seit September 2013 arbeitslos gemeldet und bezog aufgrund seiner Arbeitsunfähigkeit seit 30.10.2015 Krankengeld von der Antragsgegnerin. Zuletzt bewilligte sie ihm mit Bescheid vom 29.02.2016 Krankengeld für die Zeit vom 20.02.2016 bis 29.02.2016. Am 04.03.2016 stellte der behandelte Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. L eine voraussichtliche Arbeitsunfähigkeit bis zum 18.03.2016 fest. Aufgrund einer Untersuchung des Antragstellers am 07.03.2016 gelangte der Arzt für Innere Medizin Dr. O für den Sozialmedizinischen Dienst (SMD) zu der Einschätzung, dass der Antragsteller ab 08.03.2016 eine leichte Tätigkeit für mindestens sechs Stunden arbeitstäglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ausüben könne. Mit Bescheid vom 07.03.2016 teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit, dass das Krankengeld bei rechtzeitiger Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für die Zeit vom 05.03.2016 bis 07.03.2016 gezahlt werde. Nach ärztlicher Ansicht bestehe ab dem 08.03.2016 wieder Arbeitsfähigkeit. Ab diesem Zeitpunkt bestehe kein Anspruch auf Krankengeld mehr. Hiergegen legte der Antragsteller am 09.03.2016 Widerspruch ein. Eine aktuelle Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bis zum 18.03.2016 läge seit dem 07.03.2016 vor. Zudem übersandte er eine Bescheinigung von Dr. L vom 09.03.2016, nach der insgesamt eine leichte Beschwerdebesserung, insbesondere der Wurzelreizsymptomatik eingetreten sei. Es bestünden noch ausgeprägte Zervikobrachialgien mit Muskelhartspann und eingeschränkter Beweglichkeit der HWS, so dass eine berufliche Tätigkeit zur Zeit nicht zumutbar sei. Er attestiere daher weiter Arbeitsunfähigkeit. Mit Bescheid vom 14.03.2016 teilte die Antragsgegnerin mit, dass sie das Krankengeld für die Zeit vom 01.03.2016 bis 07.03.2016 zahlen werde. In seiner Stellungnahme vom 07.04.2016 teile Dr. O für den SMD mit, dass aufgrund des Schreibens von Dr. L dem Widerspruch nicht abgeholfen werden könne. Der Antragsteller befindet sich nicht in einem bestehenden Arbeitsverhältnis. Aufgrund der bestehenden Erkrankungen sei er durchaus in der Lage, irgendeiner leichten Tätigkeit von über sechs Stunden täglich mit qualitativen Einschränkungen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nachzugehen. Mit Widerspruchsbescheid vom 21.04.2016 wies die Antragsgegnerin den Widerspruch zurück. Zwar sei auf dem Krankengeldauszahlschein Arbeitsunfähigkeit bis zum 18.03.2016 bescheinigt, jedoch dürfe nach dem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 08.11.2005 - B 1 KR 18/04 R - ein Versicherter nicht darauf vertrauen, dass ihm allein schon deshalb Krankengeld zustehe, weil der behandelte Vertragsarzt abweichend von einem Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung Arbeitsunfähigkeit bescheinige. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG seien Krankenkassen und Gerichte an den Inhalt einer ärztlichen Bescheinigung über die Arbeitsunfähigkeit nicht gebunden. Einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung komme vielmehr lediglich die Bedeutung einer ärztlich-gutachterlichen Stellungnahme zu, welche die Grundlage für den über den Krankengeldanspruch zu erteilenden Verwaltungsakt der Krankenkasse bilde. Die Krankengeldzahlung erfolge durch die Krankenkasse auf der Grundlage der Bescheinigung für die Krankengeldzahlung jeweils abschnittsweise. In der abschnittsweisen Zahlung des Krankengeldes sei die Entscheidung der Krankenkasse zu sehen, dass dem Versicherten ein Krankengeldanspruch für die laufende Zeit der vom Vertragsarzt bestätigten Arbeitsunfähigkeit zustehe. Habe der Vertragsarzt dem Versicherten für eine bestimmte Zeit Arbeitsunfähigkeit attestiert und gewähre die Krankenkasse aufgrund einer solchen Bescheinigung Krankengeld, könne der Versicherte nach dem Urteil des BSG vom 2...