Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsätzlicher Ausschluss von einstweiligem Rechtsschutz bei geltend gemachten Leistungen für die Vergangenheit
Orientierungssatz
1. Zur Bewilligung von einstweiligem Rechtsschutz ist die Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs und eines Anordnungsgrundes erforderlich.
2. Werden Leistungen für die Vergangenheit begehrt, so besteht kein Anordnungsgrund. Im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung werden nur diejenigen Mittel zur Verfügung gestellt, die zur Behebung einer aktuellen Notlage erforderlich sind. Nur dann, wenn die Nichtgewährung der begehrten Leistungen in der Vergangenheit noch in die Gegenwart fortwirkt und infolgedessen eine aktuelle Notlage besteht, kann von diesem Grundsatz eine Ausnahme gemacht werden.
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Münster vom 10.06.2016 wird zurückgewiesen.
Kosten sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe
Die Beschwerde des Antragstellers ist unbegründet.
Das Sozialgericht (SG) Münster hat seinen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz mit Beschluss vom 10.06.2016 zu Recht abgelehnt.
Gemäß § 86b Abs. 2 Satz 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint (Regelungsanordnung). Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt das Bestehen eines Anordnungsanspruchs, d.h. des materiellen Anspruchs, für den vorläufigen Rechtsschutz begehrt wird, sowie das Vorliegen eines Anordnungsgrundes, d.h. die Unzumutbarkeit voraus, bei Abwägung aller betroffenen Interessen die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten. Können ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, sind die Erfolgsaussichten der Hauptsache nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen (Senat, Beschluss vom 30.07.2015 - L 11 KR 303/15 B ER -). Scheidet eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren aus, ist auf der Grundlage einer an der Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes orientierten Folgenabwägung zu entscheiden (Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 12.05.2005 - 1 BvR 569/05 -).
Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Zu Recht hat das SG den Antrag des Antragstellers vom 23.05.2016, gerichtet auf die Verpflichtung der Antragsgegnerin, ihm für die Zeit vom 05.11.2015 bis 14.12.2015 Krankengeld zu zahlen, abgelehnt. Werden Leistungen für die Vergangenheit begehrt, besteht kein Anordnungsgrund (Senat, Beschluss vom 21.05.2012 - L 11 KR 113/12 B ER - Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 12.08.2013 - L 1 KR 281/13 B ER - und vom 22.01.2014 - L 16 KR 740/13 B -). Im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung sollen nur diejenigen Mittel zur Verfügung gestellt werden, die zur Behebung einer aktuellen, d.h. gegenwärtig noch bestehenden Notlage erforderlich sind (Frehse in Jansen, SGG, 4. Auflage 2012, § 86b Rdn. 101 m.w.N.). Nur ausnahmsweise, wenn die Nichtgewährung der begehrten Leistungen in der Vergangenheit noch in die Gegenwart fortwirkt und infolgedessen eine aktuelle Notlage besteht, kann von diesem Grundsatz eine Ausnahme gemacht werden. Hierzu müssen die Tatsachen für einen besonderen Nachholbedarf glaubhaft gemacht werden (Frehse, a.a.O., m.w.N). Daran fehlt es hier. Der Antragsteller hat einen besonderen Nachholbedarf trotz Hinweis des SG mit Schreiben vom 24.05.2016 nicht glaubhaft gemacht.
Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Fundstellen