Entscheidungsstichwort (Thema)

Ausschluss der fiktiven Terminsgebühr im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes

 

Orientierungssatz

1. Grundsätzlich fällt eine Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV RVG an, wenn tatsächlich eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat. Sie fällt als sog. fiktive Terminsgebühr auch dann an, wenn das Verfahren nach angenommenem Anerkenntnis ohne mündliche Verhandlung endet.

2. Im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens fällt eine fiktive Terminsgebühr dagegen nicht an. Weil in einem solchen Verfahren die Beteiligten eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung nicht verhindern können, besteht keine Notwendigkeit, eine fiktive Terminsgebühr zu gewähren, um prozessökonomisches Verhalten des Rechtsanwalts nicht zu benachteiligen.

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Beschwerdeführers wird der Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 13.11.2008 geändert. Die dem Beschwerdeführer aus der Staatskasse zu zahlenden Gebühren und Auslagen werden auf 321,30 Euro festgesetzt.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

 

Gründe

I.

Streitig ist die Höhe der erstattungsfähigen Rechtsanwaltsgebühren im Rahmen der durch das Sozialgericht (SG) Köln für ein Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes bewilligten Prozesskostenhilfe.

Mit Beschluss vom 28.07.2008 hat das SG den Antragstellern des Ausgangsverfahrens Prozesskostenhilfe für das einstweilige Anordnungsverfahren bewilligt und Rechtsanwalt N beigeordnet. Nach Beendigung des Verfahrens machte der Beschwerdeführer mit Kostenrechnung vom 02.10.2008 folgende Gebühren gegen die Staatskasse geltend:

Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3102 VV RVG, 250,00 Euro

Terminsgebühr gemäß § 49 RVG i.V.m. Nr. 3106 VV RVG 200,00 Euro

Auslagenpauschale gemäß Nr. 7002 VV RVG 20,00 Euro

19% Umsatzsteuer gemäß Nr. 7008 VV RVG 89,30 Euro

Summe 559,30 Euro

Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 24.10.2008 setzte der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle des Sozialgerichts die Gebühren und Auslagen wie folgt fest:

Verfahrensgebühr Nr. 3103 VV RVG 114,00 Euro

Post- und Telekommunikation Nr. 7002 VV RVG 20,00 Euro

Nettobetrag 134,00 Euro

19% Mehrwertsteuer 25,46 Euro

Gesamtbetrag 159,46 Euro

Zur Begründung führte er aus, die Verfahrensgebühr sei wegen der vorgerichtlichen Vertretung nach Nr. 3103 VV RVG zu bemessen. Zudem sei die Mittelgebühr auf 2/3 zu kürzen. Des Weiteren verneinte er die Voraussetzungen für die Entstehung einer Terminsgebühr, da in einstweiligen Rechtsschutzverfahren eine mündliche Verhandlung nicht vorgeschrieben sei.

Hiergegen legte der Beschwerdeführer am 07.11.2008 Erinnerung ein. Die Verfahrensgebühr richte sich nach Nr. 3102 VV RVG, da das einstweilige Rechtsschutzverfahren ein eigenständiges Verfahren sei. Die Herabsetzung der Geschäftsgebühr sei nicht hinzunehmen. Zudem falle eine Terminsgebühr an.

Das SG hat mit Beschluss vom 13.11.2008 die zu erstattenden Kosten auf 226,10 Euro festgesetzt und die weitergehende Erinnerung zurückgewiesen. Auf den Inhalt des Beschlusses wird verwiesen.

Gegen den ihr am 21.11.2009 zugestellten Beschluss hat der Beschwerdeführer am 27.11.2008 Beschwerde eingelegt. Er verfolgt sein Begehren weiter.

II.

Über die Beschwerde entscheidet nicht der Senat in der Besetzung mit drei Berufsrichtern, sondern der Einzelrichter nach §§ 56 Abs. 1 S. 1, 33 Abs. 8 S. 1. HS 2 RVG. Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung, nachdem der Senat in der Besetzung mit drei Berufsrichtern das Entstehen der fiktiven Terminsgebühr in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes verneint, seine bisherige gegenteilige Auffassung aufgegeben (LSG NRW, Beschluss vom 24.02.2011 - L 7 B 400/08 AS) und zur Berechnung der Gebühr nach Nr. 3103 bzw. Nr. 3102 VV RVG bei einem einstweiligen Rechtsschutzverfahrens nach § 86b Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Stellung genommen hat (LSG NRW, Beschluss vom 15.11.2010 - L 7 AS 254/10 B).

Das Rubrum war von Amts wegen zu korrigieren. Antragstellerin und Beschwerdeführerin ist in Verfahren, die die Höhe der Rechtsanwaltsvergütung bei gewährter Prozesskostenhilfe betreffen, die/der Rechtsanwältin/Rechtsanwalt selbst. Beschwerdegegner ist die Landeskasse, vertreten durch den Bezirksrevisor. Die durch die Prozesskostenhilfe begünstigte Partei ist nicht beteiligt (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 40. Auflage 2010, § 56 RVG, Rn. 2-4; LSG NRW, Beschluss vom 24.11.2010 - L 9 AS 878/10 B; LSG NRW, Beschluss vom 13.02.2009 - L 12 B 159/08 AS; LSG NRW, Beschluss vom 15.07.2009 - L 20 B 27/09 AS).

Die Beschwerde des Beschwerdeführers, der das SG nicht abgeholfen hat, ist gemäß § 56 Abs. 2 i.V.m. § 33 Abs. 3 Satz 1 RVG zulässig, weil der Wert des Beschwerdegegen-standes 200,00 EUR übersteigt.

Die Beschwerde ist jedoch nur hinsichtlich der Geschäftsgebühr begründet. Zu Recht hat das SG die Voraussetzungen einer "fiktiven" Terminsgebühr verneint.

Die Verfahrensgebühr ergibt sich vorliegend aus Nr. 3102 VV RVG. Demgegenüber ist Nr. 3103 VV RVG nicht einschlägig. Diese Gebührenziffer erfordert, dass eine Tätigkeit in einem Verwaltungsverfahren oder in ei...

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