Entscheidungsstichwort (Thema)
Übernahme von Energiekostenrückständen durch den Grundsicherungsträger
Orientierungssatz
1. Bei seiner Ermessensentscheidung nach § 22 Abs. 8 S. 1 SGB 2 zur Übernahme von Energiekostenrückständen hat der Grundsicherungsträger im Rahmen einer umfassenden Gesamtschau die Umstände des Einzelfalles, die Höhe der Rückstände, die Ursachen, welche zu dem Energiekostenrückstand geführt haben, die Zusammensetzung des von der Energiekostensperre bedrohten Personenkreises und den erkennbaren Selbsthilfewillen zu berücksichtigen. Insbesondere umfasst die Prüfung, ob zumutbare Selbsthilfemöglichkeiten ausgeschöpft worden sind.
2. Aufgelaufene Energiekostenrückstände sind vom Grundsicherungsträger u. a. dann nicht zu übernehmen, wenn es der Leistungsempfänger unzumutbar unterlassen hat, einen angemessenen Teil der ihm gewährten Grundsicherungsleistungen zur ratenweisen Zahlung der Energiekostenrückstände zu verwenden, vgl. BSG, Urteil vom 17. Juni 2010 - 14 AS 58/09 R.
Tenor
Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Sozialgerichts Detmold vom 23.02.2012 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.
Gründe
Die am 00.00.1971 geborene Antragstellerin zu 1), der am 00.00.1970 geborene Antragsteller zu 2) und die am 00.00.1993 geborene Antragstellerin zu 3) beziehen wieder Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II), nachdem der Antragsgegner seinen Entziehungsbescheid vom 24.01.2012 zurückgenommen hat. Ihnen wurden mit Bescheid des Antragsgegners vom 02.03.2012 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 01.03. bis 31.08.2012 in Höhe von monatlich 792,03 EUR bewilligt.
Am 05.02.2012 beantragten die Antragsteller u.a.,
den Antragsgegner im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zu verpflichten, ihnen vorläufig bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren ein Darlehen in Höhe von 1.116,33 EUR zur Übernahme von nichtgezahlten Stromabschlägen zu gewähren.
Die Antragsteller legten ein Versäumnisurteil des Amtsgerichts Q - 51 C 548/11 - vor, worin der Antragsteller zu 2) verurteilt wird, die Einstellung der Versorgung durch Ausbau des Stromzählers zu dulden. Sie trugen vor, die Zählersperrung sei am 08.02.2012 vollzogen worden.
Mit dem angefochtenen Beschluss vom 23.02.2012 lehnte das Sozialgericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ab. Die Antragsteller hätten einen Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht. Ein solcher ergebe sich insbesondere nicht aus § 22 Abs. 8 S. 1 SGB II. Es könne offen bleiben, ob die begehrte Schuldenübernahme bereits daran scheitere, dass sie nicht gerechtfertigt sei. Jedenfalls sei das durch § 22 Abs. 8 S. 1 SGB II eröffnete Ermessen nicht dahingehend auf Null reduziert, dass eine Schuldenübernahme vorgenommen werden müsse. Die Verengung des Ermessensspielraums durch § 22 Abs. 8 S. 2 SGB II greife hier nicht ein. Wohnungslosigkeit liege nicht vor, da das Mietverhältnis durch die Unterbrechung der Stromversorgung nicht beeinträchtigt werde. Hierin liege lediglich eine mit der Sicherung der Unterkunft vergleichbare Notlage. Bei der Ermessensentscheidung sei zu berücksichtigen, dass die Antragsteller ihre Lage zumindest mitverschuldet und nicht alle Selbsthilfemöglichkeiten ausgeschöpft hätten. Denn diese hätten die von ihrem Versorger angebotene Ratenzahlung von 200,- EUR monatlich abgelehnt. Dieses Angebot anzunehmen, sei ihnen zumutbar gewesen. Die Antragsteller verfügten über nicht auf ihren Bedarf anzurechnendes Einkommen in hinreichender Höhe. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des Beschlusses verwiesen.
Gegen diesen Beschluss haben die Antragsteller am 20.03.2012 Beschwerde eingelegt. Es liege kein Mitverschulden der Antragsteller im Sinne eines Nichtausschöpfens der Selbsthilfemöglichkeiten vor. Wie bereits in dem vorhergehenden Antragsverfahren S 28 AS 2603/11 ER SG Detmold vorgetragen, hätten die Antragsteller mehrmals versucht, mit der S eine Lösung zu finden. In Abwägung der Gesamtumstände sei es den Antragstellern nicht zumutbar, auf längere Sicht auf die Stromversorgung zu verzichten. Das Gericht habe sich nicht damit auseinander gesetzt, dass eine Ratenzahlung nur abverlangt werden könne, wenn die Höhe der einzelnen Raten und die Dauer der erforderlichen Laufzeit die Leistungsberechtigten nicht überforderten. Die Stromsperre bzw. die Nichtgewährung des Darlehens gefährde den Arbeitsplatz des Antragstellers zu 2), da das Waschen seiner Arbeitskleidung zurzeit nicht möglich sei. Die Antragstellerin zu 3) habe ein Praktikum in einer Rechtsanwaltskanzlei ausgeschlagen, da sie nicht habe sicherstellen können, gepflegt und mit sauberer Kleidung dort tätig zu werden.
Die Antragsteller beantragen,
den Beschluss des Sozialgerichts Detmold vom 23.02.2012 abzuändern und den Antragsgegner im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zu verpflichten,...