Entscheidungsstichwort (Thema)

Anspruch auf Entschädigung wegen unangemessener Dauer eines sozialgerichtlichen Verfahrens. Erinnerung gegen eine Kostenrechnung. Verzögerungsrüge. Verhalten der Verfahrensbeteiligten. Schwere der Belastung. Prozesskostenhilfe. Hinreichende Erfolgsaussicht

 

Orientierungssatz

1. Nach § 198 Abs. 1 GVG wird angemessen entschädigt, wer infolge unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens als Verfahrensbeteiligter einen Nachteil erleidet. Der Begriff des Gerichtsverfahrens ist in § 198 Abs. 6 Nr. 1 GVG legal definiert. Ein Erinnerungsverfahren ist dem nicht zuzuordnen.

2. Im Übrigen setzt der Entschädigungsanspruch die Erhebung einer Verzögerungsrüge als materiell-rechtliche Bedingung voraus. Sie kann erst dann erhoben werden, wenn Anlass zur Besorgnis besteht, dass das Verfahren nicht in angemessener Zeit abgeschlossen wird, es sei denn, dass ausnahmsweise eine kürzere Frist geboten ist. Wird die Anhörungsrüge bereits fünf Monate nach Anhängigkeit des Verfahrens gestellt, so ist sie regelmäßig unwirksam.

 

Normenkette

GVG § 198; SGG § 73a Abs. 1 S. 1; ZPO § 114

 

Tenor

Der Antrag auf Ablehnung von Vorsitzendem Richter am LSG G, Richter am LSG X und Richterin am LSG Dr. D wird verworfen.

Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Verfahren L 11 SF 671/14 EK AS PKH wird abgelehnt.

 

Gründe

I.

Der Ablehnungsantrag vom 15.09.2014 ist zu verwerfen, weil er missbräuchlich ist. Der Antragsteller nimmt seit Jahren die Ressourcen des Landessozialgerichts in Anspruch, indem er aus wenigen Ausgangsverfahren fortlaufend neue Verfahren konstruiert. Jede Entscheidung wird mit einem Rechtsmittel/Rechtsbehelf angegriffen. Befangenheitsanträge werden bis in die dritte oder vierte Vertreterebene gestellt. Das Handeln des uneinsichtigen Antragstellers erweist sich in hohem Maße als querulatorisch (zu allem eingehend Senat, Beschluss vom 03.09.2014 - L 11 SF 201/13 EK AS -), so auch hier. Der Ablehnungsantrag wird mit den üblichen Textversatzstücken begründet, wiederholt fortlaufend das in anderen Verfahren verwandte Vorbringen und hat teils beleidigenden Inhalt.

II.

Der Antrag auf Prozesskostenhilfe ist abzulehnen.

1. Der Antragsteller hat mit Schriftsatz vom 05.08.2014 einen Antrag auf Prozesskostenhilfe betreffend die unangemessene Verfahrensdauer des mit Schriftsatz vom 17.09.2013 "rechtsanhängig gemachten Erinnerungsverfahrens L 3 SF 326/14 E Landessozialgericht betreffend: L 3 SF 119/13 EK AS Landessozialgericht NRW vorher L 5 SF 119/13 EK AS Landessozialgericht NRW" gestellt. Nach seinem Vorbringen bezieht sich das mit Schriftsatz vom 17.09.2013 eingeleitete Erinnerungsverfahren auf die Kostenrechnung vom 13.09.2013. Mit Schreiben vom 31.01.2014 hat der Antragsteller die Länge des zwischenzeitlich vom 3. Senat übernommenen Verfahrens gerügt und mit Schriftsatz vom 05.08.2014 den streitgegenständlichen Antrag auf Prozesskostenhilfe gestellt.

2. Der Antragsteller hat keinen Anspruch auf Prozesskostenhilfe, weil der beabsichtigten Entschädigungsklage keine Aussicht auf Erfolg zuzumessen ist (§ 73a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 114 Satz 1 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO)).

a) Für ein Klageverfahren wegen einer Entschädigung auf Grund einer unangemessenen Dauer eines sozialgerichtlichen Verfahrens sind die Vorschriften des § 198 Abs. 1 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) sowie die §§ 183, 197a und 202 SGG in der ab 03.12.2011 geltenden Fassung durch das Gesetz über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren (ÜGG) vom 24.11.2011 (BGBl. I S. 2302), zuletzt geändert durch das Gesetz über die Besetzung der großen Straf- und Jugendkammern in der Hauptverhandlung und zur Änderung weiterer gerichtsverfassungsrechtlicher Vorschriften sowie des Bundesdisziplinargesetzes vom 06.12.2011 (BGBl. I S. 2554) maßgebend.

b) Davon ausgehend ergibt sich:

aa) Für die Entscheidung über eine Staatshaftungsklage i.S.d. §§ 198 ff. GVG ist das Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen zuständig. Nach § 200 S. 1 GVG haftet das Land für Nachteile, die auf Grund von Verzögerungen bei Gerichten des Landes eingetreten sind. Für Klagen auf Entschädigung gegen ein Land ist nach § 201 Abs. 1 S. 1 GVG das Oberlandesgericht (OLG) zuständig, in dessen Bezirk das streitgegenständliche Verfahren durchgeführt wurde. Für sozialgerichtliche Verfahren ergänzt § 202 S. 2 SGG diese Regelung dahin, dass die Vorschriften des 17. Titels des GVG (§§ 198 - 201 GVG) u.a. mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden sind, dass an die Stelle des OLG das LSG und an die Stelle der ZPO das SGG tritt. Daraus folgt die Zuständigkeit des LSG Nordrhein-Westfalen; das streitgegenständliche Gerichtsverfahren wird vor diesem Gericht geführt.

bb) Die Klage hinsichtlich des Ausgangsverfahrens wäre als allgemeine Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG statthaft, sie wäre aber unbegründet.

(1) Anspruchsgrundlage für einen Entschädigungsanspruch wegen einer unangemessenen Dauer eines sozialgerichtlichen Verfahren...

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