Entscheidungsstichwort (Thema)

Pflicht des Grundsicherungsträgers zur konkreten Benennung der von ihm zu übernehmenden Kosten in einem Eingliederungsverwaltungsakt

 

Orientierungssatz

1. Unzureichende oder fehlende Vertragsverhandlungen über den Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung machen den sie ersetzenden Eingliederungsverwaltungsakt nicht rechtswidrig.

2. Ein erwerbsfähiger Leistungsberechtigter ist verpflichtet, eine ihm zumutbare Erwerbstätigkeit zur Verringerung der Hilfebedürftigkeit anzunehmen. Leistungsempfängern sind, unabhängig von ihrer schulischen und beruflichen Bildung, grundsätzlich alle Arbeiten zur Überwindung ihrer Hilfebedürftigkeit zumutbar, vgl. BSG, Urteile vom 15. Dezember 2010 - B 14 AS 92/09 R, sowie vom 31. Januar 2006 - B 11a AL 13/05 R.

3. Im Eingliederungsverwaltungsakt muss genau bestimmt sein, welche Leistung die erwerbsfähige leistungsberechtigte Person zur Eingliederung in Arbeit erhält. Ohne Kostenübernahmezusage können keine kostenträchtigen Maßnahmen von dem Leistungsberechtigten abverlangt werden.

4. Hat sich der Leistungsträger verpflichtet, die angemessenen nachgewiesenen Fahrtkosten zu Vorstellungsgesprächen zu übernehmen, so bleibt durch die Verwendung des unbestimmten Rechtsbegriffs der Angemessenheit offen, welche Kosten im konkreten Einzelfall vom Leistungsträger übernommen werden. Dieser Mangel wird geheilt, wenn der Leistungsträger die übernahmefähigen Bewerbungskosten mit einem konkret benannten Höchstbetrag festlegt.

 

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 16.10.2012 wird zurückgewiesen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Der am 00.00.1967 geborene Antragsteller ist gelernter Bürokaufmann. Seit dem 01.01.2006 ist der Antragsteller mit Unterbrechungen durchgehend arbeitsuchend. Er übte in der Zeit von Juni bis August 2009 sowie vom 15.07. bis 09.09.2011 eine Erwerbstätigkeit aus.

Der Antragsteller bezieht Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Nach seiner Weigerung, eine Eingliederungsvereinbarung abzuschließen, erließ der Antragsgegner unter dem 06.08.2012 einen bis zum 15.01.2013 gültigen, eine Eingliederungsvereinbarung nach § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II ersetzenden Verwaltungsakt. Er legte u.a. als Pflichten des Antragstellers zur Eingliederung in Arbeit fest, dass dieser verpflichtet sei, während der Gültigkeitsdauer der Eingliederungsvereinbarung im Turnus von vier Wochen - beginnend mit dem Datum der Unterzeichnung - jeweils mindestens acht Bewerbungsbemühungen um sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse zu unternehmen, davon mindestens fünf schriftliche, auch als Online-Bewerbung möglich, zu unternehmen und hierüber im Anschluss Kopien der Bewerbungsschreiben oder einer Eingangsbestätigung der Bewerbung oder Absagen vorzulegen. Bei der Stellensuche seien auch befristete Stellenangebote und Stellenangebote von Zeitarbeitsfirmen einzubeziehen. Online-Bewerbungen seien auch über die "JOBBÖRSE" möglich, dann sei eine Auflistung über die getätigten Bewerbungen beizufügen. Der Antragsteller müsse sich zeitnah, d.h. spätestens am dritten Tag nach Erhalt des Stellenangebotes auf Vermittlungsvorschläge, die er vom Antragsgegner erhalten habe, bewerben. Als Nachweis für die unternommenen Bemühungen müsse der Antragsteller die dem Vermittlungsvorschlag beigefügten Beantwortungsmöglichkeit ausfüllen und diese vorlegen.

Der Antragsgegner verpflichtete sich, Vermittlungsvorschläge zu unterbreiten, soweit geeignete Stellenangebote vorliegen. Des Weiteren verpflichtete er sich, dem Antragsteller einen Beratungsgutschein im Wert von 100,00 EUR für die Erstellung von Bewerbungsunterlagen auszustellen und auszuhändigen und die angemessenen nachgewiesenen Kosten für schriftliche Bewerbungen in Höhe von maximal 50,00 EUR während der Gültigkeit der Eingliederungsvereinbarung nach Maßgabe des § 16 Abs. 1 SGB II i.V.m. § 45 SGB III zu übernehmen, sofern der Antragsteller dies zuvor beantragt habe. Bewerbungskosten könnten innerhalb von 12 Monaten vorerst mit maximal 150,00 EUR unterstützt werden. Dies gelte nicht für Online-Bewerbungen. Der Antragsgegner übernehme nachgewiesene Fahrkosten zu fünf Vorstellungsgesprächen im Umkreis von 50 Km um Rösrath nach Maßgabe des § 16 Abs. 1 SGB II i.V.m. § 45 SGB III, sofern die Kostenübernahme vor Fahrtantritt durch den Antragsteller beantragt werde.

Am 15.08.2012 beantragte der Antragsteller die Gewährung eines Zuschusses zu den Bewerbungskosten in Höhe von 50,00 EUR. Mit Schreiben vom 27.08.2012 teilte der Antragsgegner mit, dass er den Antrag auf Erstattung von Bewerbungskosten zurücksende, da eine pauschale Erstattung nicht möglich sei. Dem Antrag seien die in dem Eingliederungsverwaltungsakt vom 06.08.2012 geforderten Nachweise nicht beigefügt gewesen.

Gegen den Eingliederungsverwaltungsakt legte der Antragsteller Widerspruch ein. Der Verwaltungsakt sei formell rechtswidrig, da der Antragstell...

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