Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsärztliche Versorgung. Zulassungsausschuss. Ende der Zulassung wegen Vollendung des 68. Lebensjahres. Verwaltungsakt. Widerspruch. aufschiebende Wirkung. Einstellung der vertragsärztlichen Tätigkeit kraft Gesetzes
Leitsatz (amtlich)
1. Die Feststellung des Zulassungsausschusses, dass die Zulassung des Vertragsarztes gem § 95 Abs 7 SGB 5 zu einem bestimmten Zeitpunkt endet, stellt einen Verwaltungsakt iSd § 31 SGB 10 dar.
2. Der Widerspruch gegen diesen Verwaltungsakt hat aufschiebende Wirkung (§ 96 Abs 4 S 2 SGB 5). Die aufschiebende Wirkung führt dazu, dass der Behörde jegliches Gebrauchmachen von den Wirkungen des Verwaltungsaktes untersagt ist. Dennoch muss der Vertragsarzt seine Tätigkeit einstellen, wenn die Altersgrenzen des § 95 Abs 7 SGB 5 erreicht werden. Ungeachtet der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den feststellenden Beschluss des Zulassungsausschusses tritt diese Rechtsfolge kraft Gesetzes ein.
Tenor
Die Gerichtskosten für das Verfahren L 10 B 10/04 KA ER tragen der Kläger und die Beigeladene zu 5) je zur Hälfte. Die Beigeladene zu 5) trägt ferner die Hälfte der erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten des Klägers für das Beschwerdeverfahren.
Gründe
I. Streitig war, ob der Widerspruch des Klägers gegen den Beschluss des Zulassungsausschusses für Ärzte Aachen vom 26.05.2004 aufschiebende Wirkung hatte.
Der Kläger war seit dem 01.07.1975 als Facharzt für Kinderheilkunde in C niedergelassen. Der Zulassungsausschuss stellte durch Beschluss vom 26.05.2004 fest, dass die Zulassung des Klägers als Kinderarzt wegen Erreichens der Altersgrenze gemäß § 95 Abs 7 des 5. Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) kraft Gesetzes zum 30.06.2004 ende, weil er am 07.05.1936 geboren sei. In seinem hiergegen gerichteten Widerspruch verwies der Kläger darauf, daß sein Geburtsdatum der 10.03.1937 sei. Soweit sein Personalausweis den 07.05.1936 als Geburtsdatum enthalte, beruhe dies auf versehentlich falschen Angaben seines Vaters gegenüber indonesischen Behörden. Zwecks Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes hat der Kläger am 29.06.2004 das Sozialgericht (SG) Aachen angerufen. Er sei zur Sitzung des Zulassungsausschusses nicht geladen worden und habe den Beschluss des Zulassungsausschusses erst am 25.06.2004 erhalten. Er könne seine Praxis insbesondere wegen zu betreuender Patienten und noch laufender Arbeitsverhältnisse nicht innerhalb weniger Tage abwickeln. Der Kläger hat beantragt, den Antragsgegner zu verpflichten, ihm hinsichtlich der Beendigung der Vertragszulassung einen Aufschub zur Abwicklung und Übergabe der Praxis an einen Nachfolger zu gewähren, bis die Frage seines Geburtsjahres geklärt ist.
Der Beklagte hat sinngemäß beantragt,
den Antrag abzulehnen. Der Widerspruch habe keine aufschiebende Wirkung, denn der angefochtene Beschluss habe lediglich deklaratorischen Charakter. Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 29.06.2004 festgestellt, daß der Widerspruch des Klägers gegen den Beschluss des Zulassungsausschusses vom 26.05.2004 aufschiebende Wirkung hat. Den weitergehenden Antrag hat es zurückgewiesen. Zur Begründung hat das SG ausgeführt, nach § 86 b Abs 2 Satz 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) könne das Gericht der Hauptsache zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis eine einstweilige Anordnung treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheine. Dies sei der Fall, weil der Widerspruch des Klägers kraft Gesetzes aufschiebende Wirkung habe und dies vom Beklagten bestritten werde. Entgegen der Auffassung des Beklagten entfalle die aufschiebende Wirkung nicht schon deswegen, weil es sich bei dem angefochtenen Beschluss des Zulassungsausschusses nur um die deklaratorische Verlautbarung einer kraft Gesetzes - also auch ohne den Beschluss des Zulassungsausschusses - eintretenden Rechtsfolge handele. Die Vertragsarztzulassung erlösche zwar mit Erreichen der Altersgrenze. Streitig sei jedoch, ob der gesetzliche Beendigungstatbestand gegeben sei. Der angefochtene Beschluss enthalte insoweit eine "Entscheidung", als er das Vorliegen dieser Tatbestandsvoraussetzung im Einzelfall feststelle. Sei streitig, ob die Tatbestandsvoraussetzungen des § 95 Abs. 7 SGB V vorliegen, müsse zur Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes einem Rechtsmittel aufschiebende Wirkung ungeachtet etwaiger Erfolgsaussichten in der Hauptsache zukommen. Weitergehende Anordnungen im Sinne des Antrages seien nicht geboten, da dem Rechtsschutzbedürfnis des Klägers durch die Feststellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs ausreichend Rechnung getragen werde. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Beigeladenen zu 5). Sie trägt vor, ein Beschluss, durch den aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs festgestellt werde, sei nur auf der Grundlage des § 86 b Abs. 1 SGG und nicht des § 86 b Abs. 2 SGG zulässig. Im übrigen habe der Beschluss des Zulassungsausschusses vom 26.05.2004 nur deklaratorischen Charakter. Er en...