Entscheidungsstichwort (Thema)
Einstweilige Zulassung einer Vorschlagsliste zur Sozialversicherungswahl durch einstweiligen Rechtsschutz
Orientierungssatz
1. Liegt im Rahmen einer Sozialversicherungswahl ein Wahlverstoß vor, der zu einer erfolgreichen Wahlanfechtung berechtigt, so kann einstweiliger Rechtsschutz nicht allein deshalb versagt werden, weil aus Fristengründen eine Wahl am festgelegten Tag nicht mehr durchführbar ist und deshalb auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben ist.
2. Weil durch ein Eingreifen des Gerichts in ein laufendes Wahlverfahren die Sozialversicherungswahl endgültig und unumkehrbar beeinflusst wird, sind an die summarische Prüfung im einstweiligen Rechtsschutz besonders strenge Anforderungen zu stellen. Es muss ein offensichtlicher Wahlverstoß dargelegt werden, welcher ohne Zweifel zur Ungültigkeit der Wahl führt.
3. Wendet sich der Antragsteller gegen die Nichtzulassung der Vorschlagsliste, so muss er die Einhaltung der in § 48 SGB 4 aufgeführten Voraussetzungen darlegen. Die Begrenzung des Anteils der Bediensteten an den Unterzeichnern einer Vorschlagsliste hat dabei den Zweck, einer zu starken Einflussnahme der bei den Versicherungsträgern Beschäftigten auf die Zusammensetzung der Selbstverwaltungsorgane vorzubeugen.
Tenor
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 28.03.2011 wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin hat auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5000,- EUR festgesetzt.
Gründe
Die Beschwerde, mit der sich die Antragstellerin gegen die Ablehnung ihres Antrags auf einstweilige Zulassung ihrer Vorschlagsliste zur Sozialversicherungswahl 2011 wendet, ist zulässig. Dies gilt auch in Ansehung der Tatsache, dass bei Anbringung des Antrags bereits eine Vielzahl der für die Durchführung der Wahl bestimmten und zwingend einzuhaltenden Fristen (z.B. für die Bekanntmachung der Wahl gemäß § 31 der aufgrund von § 56 Sozialgesetzbuch Viertes Buch - SGB IV - erlassenen Wahlordnung für die Sozialversicherung - SVWO - oder zur Verteilung der Wahlunterlagen (§ 34 Abs. 1 SVWO) und nunmehr auch die Frist zur Übersendung der Wahlunterlagen an die Wahlberechtigten (§ 34 Abs. 2 SVWO) abgelaufen sind, so dass eine den rechtlichen Vorgaben entsprechende Wahl unter Beteiligung der Antragstellerin an dem auf den 01.06.2011 festgelegten Wahltag (§ 10 SVWO) nicht mehr stattfinden kann. Dies kann jedoch nicht dazu führen, dass die Antragstellerin allein auf die Durchführung einer Wahlanfechtung in einem unter Umständen mehrere Jahre bis zu einer rechtskräftigen Endentscheidung dauernden Hauptsacheverfahrens zu verweisen ist. Dies würde das verfassungsrechtlich verankerte Recht auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes in nicht hinnehmbarer Weise beschränken. Liegt ein Wahlverstoß vor, der zu einer erfolgreichen Wahlanfechtung berechtigt, kann einstweiliger Rechtsschutz nicht allein deshalb versagt werden, weil aus Fristengründen eine Wahl am festgelegten Tag nicht mehr rechtmäßig durchführbar ist und deshalb auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben ist. Die Zielsetzung von § 57 Abs. 5 SGB IV, wegen Wahlverstößen - nachträglich - für ungültig zu erklärende Wahlen zu vermeiden, kann mithin beispielsweise auch eine vorläufige Einstellung von Wahlhandlungen durch das Gericht im einstweiligen Anordnungsverfahren rechtfertigen, wenn nur dadurch gesichert ist, dass ein Wahlverstoß nicht zu einer ungültigen Wahl führt. Anderenfalls würde sehenden Auges eine ungültige Wahl abgehalten, deren Ungültigkeit erst nachträglich in einem Wahlanfechtungsverfahren festgestellt werden könnte. Dies wäre schon aus Kostengründen und angesichts eines zu befürchtenden Verlustes der Akzeptanz der Sozialwahlen nicht hinnehmbar. Nichts anderes gilt aber dann, wenn - wie hier - eine Wahlhandlung nicht vorgesehen ist, weil nur eine Vorschlagsliste zugelassen wurde, so dass am 107. Tag vor der Wahl vom Wahlausschuss das Wahlergebnis und die Feststellung, dass und weshalb eine Wahlhandlung unterbleibt, öffentlich bekannt zu geben ist (siehe § 28 Abs. 2 SVWO). Die auf der Vorschlagsliste benannten Bewerber gelten nämlich gemäß § 46 Abs. 2 SGB IV in Verbindung mit § 28 Abs. 3 SVWO mit Ablauf des Wahltags als gewählt und werden Mitglieder des Selbstverwaltungsorgans (§ 58 SGB IV). Dies gilt es bei einer infolge eines Wahlverstoßes ungültigen Wahl zu verhindern. Weder Wortlaut noch Zielsetzung von § 57 Abs. 5 SGB IV sprechen hingegen dafür, dass einstweilige Anordnungen nur dann ergehen können, wenn der Wahlverstoß durch die Entscheidung des Gerichts noch voll umfänglich geheilt und die Wahl zum festgesetzten Zeitpunkt gültig durchgeführt werden kann.
Die mithin zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Das Sozialgericht, welches für das Verfahren sachlich und örtlich (§ 57 b Sozialgerichtsgesetz - SGG -) zuständig war, hat den Antrag zu Recht abgelehnt. Nach der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nur möglichen summarischen ...