Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Leistungsausschluss für Ausländer bei Aufenthalt zum Zwecke der Arbeitssuche. polnischer Staatsangehöriger. Beschränkung der Freizügigkeit durch Übergangsregelung. fehlende Arbeitserlaubnis-EU
Orientierungssatz
1. § 7 Abs 1 S 2 SGB 2 normiert einen Leistungsausschluss für Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitssuche ergibt, auch wenn diese die allgemeinen Anspruchsvoraussetzungen gem § 7 Abs 1 S 1 SGB 2 erfüllen (vgl LSG Essen vom 3.11.2006 - L 20 B 248/06 AS ER = Breith 2007, 796).
2. Der Gesetzgeber begründet diesen Leistungsausschluss von Ausländern, mit der Umsetzung von EU-Recht (Art 24 Abs 2 iVm Art 14 Abs 4 Buchst b EGRL 38/2004) und lehnt sich an den Wortlaut des FreizügG/EU 2004 an.
3. Das FreizügG/EU 2004 findet jedoch nach der durch Übergangsregelung zulässigen Beschränkung der Freizügigkeit der Arbeitnehmer aus Beitrittsstaaten (wie Polen) nur Anwendung, wenn diesen eine Beschäftigung im Bundesgebiet durch die Bundesagentur für Arbeit genehmigt, dh eine Arbeitserlaubnis-EU nach § 284 Abs 1 SGB 3 erteilt wurde.
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Duisburg vom 25.01.2007 geändert. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
Die 1972 geborene Antragstellerin zu 1) ist polnische Staatsangehörige. Sie reiste am 06.05.2004 wieder in die Bundesrepublik Deutschland ein. Ihre drei Kinder, die Antragsteller zu 2) - 4), geboren 1992, 2001 und 2000, sind seit dem 04.03.2005 in der Bundesrepublik Deutschland angemeldet. Die Antragstellerin zu 1) wie auch ihre Kinder verfügen über eine Bescheinigung gemäß § 5 des Gesetzes über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern (Freizügigkeitsgesetz/EU-FreizügG/EU) vom 30.07.2004 (BGBl. I, 1950), ausgestellt vom 0rdnungsamt der Stadt Duisburg am 17.10.2005 bzw. 21.10.2005.
Am 03.11.2005 beantragte der 1966 geborene N K, der schon bis dahin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) bezogen hatte, Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes für die Antragstellerin zu 1) als Partnerin in eheähnlicher Gemeinschaft sowie ihre drei Kinder. Er legte einen Wohnraummietvertrag vor, wonach er und die Antragstellerin zu 1) ab dem 01.08.2005 eine Wohnung in der I Str. 00 in E gemietet haben. Die Antragsgegnerin bewilligte der Bedarfsgemeinschaft bis 30.11.2006 Leistungen nach dem SGB II, zuletzt (mit Bescheid vom 03.05.2006) in Höhe von monatlich EUR 1.438,56.
Mit Bescheid vom 01.12.2006 bewilligte die Beklagte der Bedarfsgemeinschaft für die Zeit vom 01.12.2006 bis 31.05.2007 nur noch Leistungen in Höhe von monatlich EUR 449,16. Hierin enthalten sind Regelleistungen für K. in Höhe von monatlich EUR 311,00, Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung in angemessener Höhe von EUR 25,56 und Unterkunftskosten in Höhe von EUR 112,60, was seinem Pro-Kopf-Anteil entspricht. Hiergegen legten K. und die Antragsteller zu 1) bis 4) am 10.01.2007 Widerspruch ein.
Am 15.01.2007 haben die Antragsteller zu 1) bis 4) beim Sozialgericht den Antrag gestellt,
die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, den Antragstellern vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der Kosten für Unterkunft und Heizung zu gewähren.
Sie haben geltend gemacht, die Antragsgegnerin dürfe nicht von einem Leistungsausschluß gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II ausgehen, denn sie lebten mit einem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in einer Bedarfsgemeinschaft. Der Anordnungsgrund ergebe sich daraus, dass ihr Lebensunterhalt nicht gesichert sei. Die Antragstellerin zu 1) erhalte lediglich Kindergeld in Höhe von monatlich EUR 462,00. Ihr Lebensgefährte sei ebenfalls Bezieher von Leistungen nach dem SGB II. Die Antragstellerin zu 1) hat hierzu eine eidesstattliche Versicherung vom 15.01.2007 vorgelegt, auf die verwiesen wird.
Die Antragsgegnerin hat demgegenüber vorgebracht, der Bezug von Sozialleistungen sei nach der zum 01.04.2006 in Kraft getretenen Regelung des § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II ausgeschlossen, da sich die Antragstellerin zu 1) als polnische Staatsangehörige ausschließlich zum Zwecke der Arbeitssuche in Deutschland aufhalte. Diese Vorschrift sehe auch einen Leistungsausschluß für Familienangehörige vor. Nach Angaben des Ausländeramtes erfülle die Antragstellerin zu 1) nicht die Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 Ziffer 5 zweite Alternative des FreizügG/EU für ein Verbleiberecht nach selbständiger Tätigkeit. Einziger Ausstellungsgrund für die Freizügigkeitsbescheinigung sei § 2 Abs. 2 Nr. 1 zweite Alternative FreizügG/EU, nämlich ein Aufenthalt zum Zwecke der Arbeitssuche. Nach der Gesetzesbegründung (BT-Drucksache 16/688) habe der Gesetzgeber mit der Neufassung Art. 24 Abs. 2 i.V.m. Art. 14 Abs. 4 Buchst. b der Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 29.04.2004 umgeset...