Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Prozesskostenhilfe. Zulässigkeit eines wiederholten Antrags nach Ablehnung. Rechtsschutzbedürfnis. neuer Vortrag. hinreichende Erfolgsaussicht. Sozialhilfe. Leistungsausschluss für Ausländer nach § 23 Abs 3 S 1 SGB 12. finaler Zusammenhang zwischen Einreiseentschluss und Inanspruchnahme von Sozialhilfe bzw Arbeitsuche
Leitsatz (amtlich)
1. Zur Zulässigkeit eines wiederholten Antrags auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe.
2. § 23 Abs 3 S 1 Alt 1 SGB 12 verlangt schon ausweislich seines insoweit eindeutigen Wortlauts einen finalen Zusammenhang zwischen den Einreiseentschluss und der Inanspruchnahme von Sozialhilfe im Sinne eines ziel- und zweckgerichteten Handelns.
Orientierungssatz
1. Ein die Prozesskostenhilfe versagender Beschluss erlangt keine materielle Rechtskraft und steht damit einem erneuten Antrag auf Prozesskostenhilfe nicht entgegen (vgl BGH vom 3.3.2004 - IV ZB 43/03 = NJW 2004, 1805).
2. Allerdings wird ein wiederholter Prozesskostenhilfeantrag unter dem Gesichtspunkt des fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses dann als unzulässig erachtet, wenn der Rechtssuchende gegenüber dem ursprünglichen Antrag keine neuen Tatsachen oder neu entstandene rechtliche Gesichtspunkte vorbringt (vgl VGH München vom 3.12.2009 - 11 C 08.39, OLG Frankfurt vom 27.4.2007 - 5 WF 68/07 = MDR 2007, 1286, BGH vom 3.3.2004 - IV ZB 43/03 aaO und BSG vom 24.10.2007 - B 5a R 340/07 B = SozR 4-1500 § 73a Nr 6).
3. Beruht die Einreise des Ausländers auf verschiedenen Motiven, ist das Erfordernis des finalen Zusammenhangs erfüllt, wenn der Zweck der Inanspruchnahme von Sozialhilfe für den Einreiseentschluss von prägender Bedeutung ist (vgl BSG vom 18.11.2014 - B 8 SO 9/13 R = BSGE 117, 261 = SozR 4-3500 § 25 Nr 5 und BVerwG vom 4.6.1992 - 5 C 22/87 = BVerwGE 90, 212 = Buchholz 436.0 § 120 BSHG Nr 14).
4. Auch § 23 Abs 3 S 1 Alt 2 SGB 12 verlangt ein ziel- und zweckgerichtetes Handeln des Ausländers in dem Sinne, dass nach den objektiven Umständen von einem Wissen und Wollen mindestens im Sinne eines Vorsatzes ausgegangen werden kann, der für den Aufenthalt im Bundesgebiet von prägender Bedeutung ist.
Tenor
Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Duisburg vom 13.11.2014 abgeändert. Der Klägerin wird für das Klageverfahren vor dem Sozialgericht Duisburg ab dem 27.10.2014 ratenfreie Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwältin S, E, beigeordnet.
Kosten sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe
Die zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte Beschwerde der Klägerin vom 11.12.2014, eingegangen am gleichen Tage, gegen den Beschluss des Sozialgerichts Duisburg vom 13.11.2014, der Klägerin zugestellt am 21.11.2014, ist begründet. Das Sozialgericht hat es zu Unrecht abgelehnt, der Klägerin für die Durchführung des Klageverfahrens gegen den Leistungen der Sozialhilfe ablehnenden Bescheid der Beklagten vom 25.06.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.09.2013 Prozesskostenhilfe zu gewähren.
1.) Der wiederholte Antrag der Klägerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe vom 27.10.2014 ist entgegen der Auffassung des Sozialgerichts zulässig. Dem erneuten Prozesskostenhilfegesuch steht der ablehnende Beschluss des Sozialgerichts Duisburg vom 15.09.2014 schon deshalb nicht entgegen, weil ein die Prozesskostenhilfe versagender Beschluss keine materielle Rechtskraft erlangt (s. BGH, Beschl. v. 03.03.2004 - IV ZB 43/03 -, juris Rn. 5 ff.; Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014, § 73a Rn. 13g m.w.N.). Allerdings wird ein wiederholter Prozesskostenhilfeantrag unter dem Gesichtspunkt des fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses dann als unzulässig erachtet, wenn der Rechtssuchende gegenüber dem ursprünglichen Antrag keine neuen Tatsachen oder neu entstandene rechtliche Gesichtspunkte vorbringt (BayVGH, Beschl. v. 03.12.2009 - 11 C 08.39 -, juris Rn. 6; OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 27.04.2007 - 5 WF 68/07 -, juris Rn. 1; vgl. auch BGH, a.a.O. -, juris Rn. 16; BSG, Beschl. v. 24.10.2007 - B 5a R 340/07 B -, juris Rn. 4). Dieser Rechtsauffassung schließt sich der Senat an. Vorliegend fehlt es dem erneuten Prozesskostenhilfegesuch der Klägerin nicht am erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis. Die Klägerin hat im entsprechenden Schriftsatz vom 27.10.2014 erstmals dezidiert zu den näheren Umständen ihrer Einreise von Polen nach Deutschland im Oktober 2011 vorgetragen und ist den Ausführungen der Beklagten sowohl im Widerspruchsbescheid vom 03.09.2013 als auch im Klageverfahren (Schriftsatz vom 04.06.2014) entgegengetreten, dass sie oder ihre Tochter bereits am 09.11.2011, also im engen zeitlichen Zusammenhang mit der Einreise der Klägerin, bei der Beklagten vorgesprochen und erstmalig einen Antrag auf Grundsicherungsleistungen gestellt habe, der seinerzeit mündlich abgelehnt worden sei. Auch war dieser Gesichtspunkt einer der tragenden Gründe für den ersten ablehnenden PKH-Beschluss des Sozialgerichts Duisburg vom 15.09.2014. M...