Entscheidungsstichwort (Thema)

Ausschluss der isolierten Anfechtung einer die Zustimmung zur Ortsabwesenheit ablehnenden Äußerung des Grundsicherungsträgers

 

Leitsatz (amtlich)

§ 7 Abs 4a SGB II stellt keine Ermächtigungsgrundlage zum Erlass eines ausschließlich die Frage der Ortsabwesenheit regelnden Verwaltungsaktes dar.

 

Orientierungssatz

1. Die Vorschrift des § 7 Abs. 4 a SGB 2 enthält keine positive Leistungsvoraussetzung für den Bezug von Leistungen des SGB 2. Vielmehr soll ein Leistungsausschluss die Folge sein, wenn sich der Leistungsempfänger bei rechtmäßiger Verweigerung der Zustimmung außerhalb des zeit- und ortsnahen Bereichs aufhält. Die Norm enthält lediglich eine Teilvoraussetzung, die den Grundsicherungsträger bei Vorliegen weiterer Voraussetzungen berechtigt, die bereits bewilligte Leistung wieder zu entziehen.

2. Infolgedessen stellt § 7 Abs. 4 a SGB 2 keine Ermächtigungsgrundlage zum Erlass eines ausschließlich die Frage der Ortsabwesenheit regelnden Verwaltungsaktes dar, mit der Folge, dass die die Zustimmung zur Ortsabwesenheit ablehnende Verwaltungsäußerung isoliert nicht anfechtbar ist.

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Kläger wird der Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 27.11.2009 geändert.

Den Klägern wird für das Verfahren vor dem Sozialgericht mit Wirkung vom 02.11.2009 (Antragstellung) Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt T beigeordnet.

 

Gründe

I.

Mit ihrer am 12. Dezember 2009 eingelegten Beschwerde wenden sich die Kläger gegen den die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ablehnenden Beschluss des Sozialgerichts vom 27.11.2009.

Die Kläger und ihre 1994 und 2004 geborenen Kinder erhalten seit Juni 2006 laufend Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II. Während des Leistungsbezugs beantragten sie im Juni bei der Beklagten die Zustimmung zu einer Ortsabwesenheit für den Zeitraum vom 03. bis 24.07.2009 für einen Besuch der Eltern der Klägerin in Weißrussland. Die Beklagte lehnte mit Bescheiden vom 23.06. und 30.06.2009 den Antrag auf Ortsabwesenheit ab. Den entsprechend der Belehrungen in diesen Bescheiden eingelegten Widerspruch vom 17.07.2009 wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 17.09.2009 zurück.

Hiergegen richtet sich die am 16. Oktober 2009 erhobene Klage, mit der die Aufhebung der genannten Bescheide sowie die Verpflichtung der Beklagten begehrt wird, festzustellen, dass die Ortsabwesenheit der Kläger für den beantragten Zeitraum von 21 Tagen zu genehmigen war.

Die Kläger haben auch für den Bewilligungszeitraum vom 01.07. bis 31.12.2009 Leistungen der Grundsicherung erhalten (Bescheide vom 05.06.2009 und 07.06.2009 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 03.09.2009). Für den Monat Juli 2009 wurde der Bedarfsgemeinschaft ein Betrag von insgesamt 1.593,66 EUR ausgezahlt. Eine Kürzung wegen der Ortsabwesenheit erfolgte nicht.

Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Sozialgericht den Klägern Prozesskostenhilfe verweigert. Die Klage sei nicht zulässig, da kein Rechtsschutzbedürfnis für die erhobene Klage bestehe. Durch die Ablehnung der Zustimmung zur Ortsabwesenheit seien die Kläger nicht beschwert, da die Beklagte keine Rechtsfolgen aus der nicht erlaubten Ortsabwesenheit hergeleitet habe. Die Kläger hätten die Möglichkeit, gegen eine eventuelle Aufhebung der Leistungsbewilligung für den Zeitraum der Ortsabwesenheit eine Anfechtungsklage zu erheben.

II.

Die Beschwerde ist begründet. Zu Unrecht hat das Sozialgericht den Klägern Prozesskostenhilfe verweigert. Die Voraussetzung für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe gemäß § 73 a SGG in Verbindung mit § 114 Abs. 1 ZPO liegen vor. Die Klage hat jedenfalls in einem die Bewilligung von Prozesskostenhilfe rechtfertigenden Umfang Erfolg.

Die Beklagte hat die Zustimmung der Kläger zur Ortsabwesenheit abgelehnt und sich dabei nach Inhalt und Form der Entscheidung eines Verwaltungsaktes bedient. Für diesen Verwaltungsakt hat die Beklagte keine gesetzliche Ermächtigungsgrundlage, was aber unabdingbare Voraussetzung ist.

Nach § 7 Abs. 4a 1. Halbsatz SGB II in der hier maßgeblichen Fassung durch das Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.07.2006 (BGBl. I, S. 1706) erhält Leistungen nach diesem Buch nicht, wer sich ohne Zustimmung des persönlichen Ansprechpartners außerhalb des in der Erreichbarkeits-Anordnung vom 23. Oktober 1997, geändert durch die Anordnung vom 16. November 2001 definierten zeit- und ortsnahen Bereichs aufhält. Sinn und Zweck dieser Norm ist es lediglich, eine Regelung über die Ortsabwesenheit zu treffen. Die Bezugnahme auf die Erreichbarkeitsanordnung bezieht dabei die Prüfung ein, unter welchen Voraussetzungen und für welche Dauer Leistungsträger der Grundsicherung für Arbeitsuchende einem Aufenthalt außerhalb des zeit- und ortsnahen Bereichs zustimmen sollen (Spellbrink in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Auflage 2008, § 7 Rz. 78 unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die gesetzliche Begründung in BT-Drs. 16/1696, Seite 26). In der gesetzlichen Begründung (hier konkret...

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