Entscheidungsstichwort (Thema)
Einstweilige Anordnung auf Gewährung von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz
Orientierungssatz
1. Eine einstweilige Anordnung ist u. a. zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig.
2. Bei besonders folgenschweren Beeinträchtigungen sind die Erfolgsaussichten der Hauptsache nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen.
3. Werden mit dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz geltend gemacht, so ist bei der Erfolgsaussicht der Hauptsache zu prüfen, ob der Antragsteller die Dauer seines Aufenthalts rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst hat. Entsprechende Leistungen stehen nämlich nur Ausländern zu, die unverschuldet nicht ausreisen können, nicht aber solchen, die ihrer Ausreisepflicht rechtsmissbräuchlich nicht nachkommen.
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 02.12.2005 abgeändert und die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, den Antragstellern bis 31.01.2006 Leistungen nach Maßgabe des § 2 Abs. 1 Asylbewerberleistungsgesetz zu gewähren. Die Antragsgegnerin trägt die erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten der Antragsteller in beiden Rechtszügen.
Gründe
I. Die Antragsteller begehren die Verpflichtung der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung, Leistungen nach Maßgabe des § 2 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) zu erbringen.
Die 1975 geborene Antragstellerin zu 2) ist die Ehefrau des 1966 geborenen Antragstellers zu 1). Die 1990 geborene Antragstellerin zu 3) sowie der 1993 geborene Antragsteller zu 4) sind deren Kinder. Die Antragsteller sind serbo-montenegrinische Staatsangehörige und gehören der Volksgruppe der Roma an. Sie befinden sich seit Dezember 1999 in der Bundesrepublik Deutschland. Seit dem 01.01.2005 sind die auch zuvor bereits geduldeten Antragsteller im Besitz einer Duldung nach § 60 a Aufenthaltsgesetz - AufenthG - (vorher § 55 Ausländergesetz).
Vom 04.01.2003 bis 31.10.2005 bezogen die Antragsteller Leistungen im Sinne des § 2 AsylbLG. Mit Ordnungsverfügung vom 19.11.2002 waren die Antragsteller aufgefordert worden, das Bundesgebiet bis zum 05.01.2003 zu verlassen. Die Ordnungsverfügung ist zunächst bestandskräftig geworden. In mehreren Verfahren vor dem Verwaltungsgericht (VG) Köln wehren sich die Antragsteller gegen eine Vollziehung der ergangenen Ordnungsverfügung (u.a. Az: 23 K 1530/04). Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (Az: 23 L 1625/05) hat der Landrat des Rhein-Sieg-Kreises zugesagt, von einer Vollziehung der gegenüber der Antragstellerin zu 4) ergangenen Ordnungsverfügung bis zur gerichtlichen Entscheidung über den in diesem Verfahren gestellten Aussetzungsantrag abzusehen. Sämtliche Antragsteller machen Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 7 S. 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) wegen in ihrer Heimat nicht gesicherter Krankenbehandlung geltend. Insbesondere die Antragstellerin zu 3) leide an einem chronischen Diabetes mellitus Typ I mit dem Erfordernis der Insulintherapie.
Die zuständige Ausländerbehörde der Kreisverwaltung des Rhein-Sieg-Kreises hat eine Stellungnahme nach § 72 Abs. 2 AufenthG für serbisch-montenegrinische Staatsangehörige eingeholt. Mit Stellungnahme vom 30.08.2005 hat das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Auffassung vertreten, dass die Antragsteller wegen ihrer diversen Erkrankungen in Serbien und Montenegro in ausreichendem Maße behandelt werden könnten. Es sei daher nicht ersichtlich, dass den Ausländern bei einer Rückkehr in ihr Heimatland Serbien und Montenegro Gefahren im oben dargelegten Sinne drohten.
Mit Bescheid vom 08.11.2005 hat die Antragsgegnerin die den Antragstellern nach den Bestimmungen des § 2 AsylbLG gewährten Leistungen zum 31.10.2005 eingestellt, da sie die Dauer ihres Aufenthalts rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst hätten. Vom Gesetzgeber sei nicht gewollt, dass alle Ausländer, die sich über 36 Monate in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten, einen Anspruch auf besondere Leistungen nach § 2 Abs. 1 AsylbLG hätten. Zwar könne die Erkrankung der Antragstellerin zu 3) gegen Rechtsmissbrauch sprechen. Nach der Stellungnahme des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 30.08.2005 an die zuständige Ausländerbehörde bestünden aber keine Hinderungsgründe für eine Ausreise. Somit sei von einem rechtsmissbräuchlichen Verhalten bezüglich der Dauer des Aufenthalts der Antragsteller auszugehen. Mit Bescheid vom selben Tage wurden den Antragstellern Leistungen nach § 3 AsylbLG und Krankenhilfen nach § 4 AsylbLG ab dem 01.11.2005 gewährt. Den Widerspruch der Antragsteller wies die Antragsgegnerin mit Widerspruchsbescheid vom 04.01.2006 zurück.
Zur Begründung ihres am 17.11.2005 beim Sozialgericht (SG) Köln anhängig gemachten Antrages auf Erlass einer einstweiligen Anordnung haben die Antragsteller vorgetragen, über die Anträge der Antragsteller auf Ert...