Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Anordnung der aufschiebenden Wirkung von Widerspruch und Klage durch Gericht auch bei sofortiger Vollziehbarkeit des Verwaltungsaktes. Krankenhaus. Berechtigung zur Erbringung ambulanter Katalogleistungen. Berücksichtigung der vertragsärztlichen Versorgungssituation. Beurteilungsspielraum der Behörde. Teilnahme der Krankenhäuser dient der Verbesserung der Versorgungsqualität, den Erfordernissen der Patientengerechtigkeit und der Erschließung von Effizienzreserven. gerichtliche Kontrolle bei Bestimmung eines Krankenhauses. drittschützende Funktion des § 116b Abs 2 SGB 5 mit Anfechtungsberechtigung eines Vertragsarztes. Teilnahme eines Vertragsarztes an der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung steht unter verfassungsrechtlich garantiertem Schutz der Berufsfreiheit. Streitwertbestimmung
Orientierungssatz
1. Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Klage auch dann anordnen, wenn eine Behörde die sofortige Vollziehbarkeit des Verwaltungsaktes angeordnet hat. In den Fallgruppen des § 86a Abs 2 Nr 2 bis 4 SGG ist ein grundsätzlicher Vorrang des Vollziehungsinteresses angeordnet. Infolgedessen bedarf es besonderer Umstände, um eine davon abweichende Entscheidung zu rechtfertigen.
2. In den Fällen des § 86a Abs 2 Nr 5 SGG haben Widerspruch und Klage grundsätzlich aufschiebende Wirkung. Nur dann, wenn ein öffentliches Vollzugsinteresse oder ein überwiegendes Interesse eines Beteiligten besteht, wird die sofortige Vollziehung angeordnet. Bei Eingriffen in die Berufsfreiheit müssen die Gründe für den Sofortvollzug in einem angemessenen Verhältnis zur Schwere des Eingriffs stehen und ein Zuwarten bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptverfahrens ausschließen.
3. Ein zugelassenes Krankenhaus ist zur ambulanten Erbringung von Katalogleistungen nach § 116b Abs 3 und 4 SGB 5 berechtigt, wenn und soweit es zur ambulanten Behandlung bestimmt worden ist. Die Bestimmung, die einen Verwaltungsakt darstellt, darf nur unter Berücksichtigung der vertragsärztlichen Versorgungssituation erfolgen. Ist die Eignung erwiesen und stehen Aspekte der vertragsärztlichen Versorgungssituation nicht entgegen, ist das Krankenhaus zuzulassen. Der Behörde ist insoweit ein Beurteilungs-, aber kein Ermessensspielraum eingeräumt.
4. Die Teilnahme der Krankenhäuser an der ambulanten Versorgung dient vor allem der Verbesserung der Versorgungsqualität, den Erfordernissen der Patientengerechtigkeit und der Erschließung von Effizienzreserven. Die konkrete Planungssituation ist notwendiger Teil der übergreifenden Versorgungssituation. Damit sind bedarfsplanerische Gesichtspunkte als ein Abwägungsmoment neben einer Vielzahl anderer Gesichtspunkte zu berücksichtigen.
5. Angesichts des der Behörde bei der Entscheidung über die Bestimmung des Krankenhauses eingeräumten Beurteilungsspielraumes beschränkt sich die gerichtliche Kontrolle darauf, ob der Entscheidung ein richtig und vollständig ermittelter Sachverhalt zugrunde liegt, ob die Behörde die durch die Auslegung des Rechtsbegriffs "unter Berücksichtigung der Versorgungssituation" ermittelten Grenzen eingehalten hat und ob sie ihre Erwägungen so begründet hat, dass im Rahmen des Möglichen die zutreffende Anwendung der Beurteilungsmaßstäbe erkennbar und nachvollziehbar ist.
6. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung erfordert, dass das hieran bestehende besondere Interesse schriftlich begründet wird. An die Begründung sind hohe Anforderungen zu stellen.
7. Der Vertragsarzt ist die zentrale Figur der Leistungsgewährung in der gesetzlichen Krankenversicherung. Die Erbringung ambulanter Leistungen durch zugelassene Krankenhäuser bleibt sonach eine Ausnahme und ist nur in den gesetzlich geregelten Fällen zulässig. Damit hat die Vorschrift des § 116b Abs 2 SGB 5 eine drittschützende Funktion, mit der Folge, dass zugunsten des im selben räumlichen Bereich ansässigen Vertragsarztes eine Anfechtungsberechtigung besteht.
8. Die Teilnahme des Vertragsarztes an der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung steht unter dem verfassungsrechtlich garantierten Schutz der Berufsfreiheit nach Art 12 Abs 1 GG. Die Schmälerung der Verdienstmöglichkeiten niedergelassener Vertragsärzte reicht damit allein nicht aus, um dem Vertragsarzt einen Abwehranspruch gegen die Ermächtigung von Krankenhausärzten oder die Zulassung weiterer niedergelassener Vertragsärzte zu vermitteln.
9. Der drittschützende Gehalt des § 116b Abs 2 S 1 SGB 5 verdichtet sich dann zu einem subjektiven Recht des mittelbar betroffenen Vertragsarztes, wenn sich ein Verstoß gegen das objektiv-rechtliche Gebot der Rücksichtnahme auf die vertragsärztliche Versorgung in qualifizierter und individualisierter Weise auswirkt, die über eine bloße Verschärfung des Konkurrenzdrucks gegenüber denjenigen Vertragsärzten hinausgeht, welche im Einzugsbereich des Krankenhauses die gleichen Leistungen erbringen.
10. Zur Bestimmung des Streitwertes bei einem Rechtsstreit übe...