Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtsverfahren. Entscheidung im Beschlussverfahren. nochmalige ausdrückliche Anhörung nach § 153 Abs 4 S 2 SGG. Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Verweisbarkeit eines nicht ausgebildeten Hauswirtschafters

 

Orientierungssatz

1. Eine nochmalige ausdrückliche Anhörung nach § 153 Abs 4 S 2 SGG ist lediglich dann erforderlich, wenn sich die Prozesssituation wesentlich geändert hat.

2. Ein nicht ausgebildeter Hauswirtschafter kann zumutbar auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verwiesen werden.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 21.10.2021; Aktenzeichen B 5 R 62/21 B)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im zweiten Rechtszug nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I.

Die Klägerin begehrt die Zuerkennung einer Rente wegen Erwerbsminderung, zuletzt mit der Berufung insbesondere noch eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach § 240 Sechstes Buch Sozialgesetz Buch (SGB VI).

Die am 00.00.1959 geborene Klägerin hat in der Zeit von 1975 bis 1977 eine Ausbildung zur Zahnarzthelferin absolviert, jedoch keine Abschlussprüfung abgelegt. Die Klägerin war dann als Haushälterin in verschiedenen Privathaushalten beschäftigt, so in der Zeit vom 01.10.2009 bis 31.10.2012 in Vollzeit bei Frau V S und zuletzt in der Zeit vom 15.01.2014 bis zum 30.04.2015 bei Herrn M.

Am 13.07.2016 beantragte die Klägerin die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente. Hierzu gab sie an, sich seit ca. 2015 seit der Arbeitsunfähigkeit für erwerbsgemindert zu halten. Zur Begründung gab sie an, sie leide unter Wirbelsäulenbeschwerden mit Wurzelreizsymptomatik, unter Gelenksverschleiß der Hüfte und Knie beidseitig und unter Depression sowie einer Schmerzstörung.

Die Beklagte zog medizinische Unterlagen und Befundberichte der behandelnden Ärzte der Klägerin bei; insbesondere den Entlassungsbericht der psychosomatischen Klinik D vom 25.05.2016 über eine vom 21.04.2016 bis zum 25.05.2016 stattgehabte stationäre Reha-Behandlung. Dort sind folgende Erkrankungen dokumentiert worden:

mittelgradige depressive Episode

chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren

Zervikalneuralgie

Hypothyreose nach Schilddrüsen-OP 2000, medikamentös kompensiert

Gonarthrose, nicht näher bezeichnet

Radikulopathie: Lumbalbereich, Lumboischialgie, Coxarthrose, Epicondylopathie

Die Entlassung erfolgte zwar als arbeitsunfähig aber mit der Einschätzung, dass die Klägerin sowohl den letzten Beruf einer Hauswirtschafterin als auch sonstige körperlich leichte bis mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes vollschichtig verrichten könne.

Die Beklagte veranlasste zudem gutachterliche Untersuchungen durch den Neurologen und Psychiater Dr. C sowie den Orthopäden Dr. X.

Dr. C stellte in seinem Gutachten vom 19.08.2016 folgende Erkrankungen bei der Klägerin fest:

Anpassungsstörung

Lumboischialgie

Reflexsteigerung noch unklarer Genese

Den zuletzt ausgeübten Beruf einer Haushälterin könne die Klägerin nicht mehr ausüben, körperlich leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts seien ihr jedoch noch über sechs Stunden und mehr zumutbar.

Dr. X stellte in seinem Gutachten vom 29.11.2016 folgende Diagnosen:

LWS-Syndrom mit funktionellen Einschränkungen

HWS-Syndrom mit leichten funktionellen Einschränkungen

Hüftdysplasie mit leichtgradiger Coxarthrose

Aus orthopädischer Sicht sei die Klägerin in der Lage, sowohl als Hauswirtschafterin in einem Privathaushalt als auch in sonstigen Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts über sechs Stunden und mehr zu arbeiten.

Mit Bescheid vom 06.01.2017 lehnte die Beklagte den Rentenantrag der Klägerin unter Verweis auf das verbliebene Restleistungsvermögen ab. Zwar könne sie nicht mehr als Hauswirtschafterin arbeiten, allerdings vermittle diese zuletzt ausgeübte Tätigkeit einer angelernten Hauswirtschafterin keinen Berufsschutz.

Hiergegen legte die Klägerin am 02.02.2017 Widerspruch ein. Unabhängig von der Ausbildung habe sie seit 2006 als Hauswirtschafterin gearbeitet, so dass aufgrund der Berufserfahrung von einer qualifizierten Tätigkeit auszugehen sei.

Mit Widerspruchsbescheid vom 21.04.2017 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück.

Die Klägerin hat am 23.05.2017 Klage zum Sozialgericht Düsseldorf erhoben.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 06.01.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.04.2017 zu verurteilen, ihr Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung, ausgehend von einem Leistungsfall am 13.07.2016 (Antragstellung) nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Aufklärung des medizinischen Sachverhaltes hat das Sozialgericht Befundberichte der behandelnden Ärzte der Klägerin eingeholt und zwar von Frau L (Neurologin), von Dr. N (Orthopäde), von Dr. D1 (Neurologe) und von Dr. N1 (Allg...

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