Entscheidungsstichwort (Thema)

Örtliche Zuständigkeit des Leistungsträgers nach dem AsylbLG

 

Orientierungssatz

1. Für die Gewährung von Leistungen nach dem AsylbLG ist außerhalb der in § 10 a Abs. 1 S. 1 AsylbLG geregelten Fälle die Behörde örtlich zuständig, in deren Bereich sich der Leistungsberechtigte tatsächlich aufhält. Eine vorliegende Zuweisungsentscheidung der Landesstelle ist dann nicht mehr maßgeblich, wenn sie sich durch rechtskräftigen Abschluss des Asylverfahrens erledigt hat.

2. Ist eine Leistung von einem Antrag abhängig und ist dieser bei einem unzuständigen Leistungsträger gestellt, so gilt er zu dem Zeitpunkt gestellt, in dem er bei der unzuständigen Stelle eingegangen ist. Eine unterlassene Weiterleitung kann nicht zum Nachteil des Antragstellers gereichen.

 

Tenor

Auf die Beschwerden der Antragstellerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 29.07.2008 geändert. Die Beigeladene zu 2) wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, auf den Antrag auf Gewährung von Leistungen der Antragstellerin einstweilen ab dem 03.07.2008 bis zum 31.10.2008 Leistungen nach § 2 Abs.1 Asylbewerberleistungsgesetz zu erbringen. Der Antragstellerin wird Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt Dr. C für das erstinstanzliche Verfahren bewilligt. Die Beigeladene zu 2) trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin für beide Rechtszüge. Eine weitergehende Kostenerstattung findet zwischen den Beteiligten nicht statt.

 

Gründe

I.

Die am 00.00.1957 geborene Antragstellerin (Ast) ist Volkszugehörige der Roma aus Serbien/Montenegro. Sie hält sich seit 1991 in der Bundesrepublik Deutschland auf. Die Landesstelle für Aussiedler, Zuwanderer und ausländische Flüchtlinge wies die Antragstellerin nach den Bestimmungen des Asylverfahrensgesetzes der Gemeinde P/Rheinisch-Bergischer Kreis zu. Das Asyl- und Asylfolgeverfahren sind rechtskräftig abgeschlossen und für die Antragstellerin erfolglos geblieben. Nach der zuletzt mit Verfügung des Rheinisch-Bergischen Kreises vom 16.06.2008 erteilten Duldung nach § 60a Abs. 2 Satz 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) ist ihr Aufenthalt auf Nordrhein-Westfalen beschränkt mit der Verpflichtung, den Wohnsitz in P zu nehmen. Die Ast hat im April 2008 die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 104a AufenthG und im Juli 2008 die Erteilung der Zustimmung zum Wohnortwechsel zu ihrem im Bereich der Beigeladenen zu 2) lebenden Sohn C beantragt, bei dem sie sich seit längerer Zeit, nach Angaben ihres Sohnes seit etwa dem Jahre 2000 tatsächlich aufhält. Seit dem 17.09.2008 befindet sich die Ast in stationärer Behandlung in der Neurologischen Universitätsklinik C1.

Am 22.04.2008 beantragte die Ast nach Aufforderung durch das Ausländeramt Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch 2. Buch (SGB II/Arbeitslosengeld II) bei der Antragsgegnerin (Ag) unter Hinweis auf den gestellten Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 104a AufenthG. Bis zum 17.04.2008 hatte sie Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) von der Gemeinde P bezogen.

Die Ag lehnte den Antrag mit Bescheid vom 24.04.2008 mit der Begründung ab, dass sie zur Leistungsgewährung unzuständig sei, weil die Ast. ihren gewöhnlichen Aufenthalt bei ihrem Sohn in C2 habe. Auf den Widerspruch bewilligte die Ag mit bindend gewordenem Bescheid vom 29.04.2008 vorläufig Leistungen gem § 40 Abs. 1 Nr. 1a SGB II iVm § 328 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB III für die Zeit vom 18.04.2008 bis 30.04.2008 in Höhe von 150,39 EUR und vom 01.05.2008 bis 31.05.2008 in Höhe von 347 EUR. Vorläufig wurde die Leistung bewilligt, weil die Ast ihren gewöhnlichen und tatsächlichen Aufenthalt in C1 und damit im Zuständigkeitsbereich der Beigeladenen zu 1) habe.

Den am 26.05.2008 gestellten Weiterbewilligungsantrag lehnte die Ag mit Bescheid vom 16.06.2008 mit der Begründung ab, die Ast habe ihren tatsächlichen gewöhnlichen Aufenthalt in C2. Die Beigeladene zu 1) hatte ebenfalls die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II abgelehnt, allerdings mit der Begründung, die Ast gehöre zum leistungsberechtigten Personenkreis nach § 1 Nr. 4 AsylbLG , so dass gem § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB II ein Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II nicht bestehe (Bescheid vom 23.07.2008, Widerspruchsbescheid vom 28.08.2008).

Die Ast hat am 03.07.2008 beim Sozialgericht (SG) Köln beantragt, die Ag im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihr vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu gewähren sowie ihr Prozesskostenhilfe zu bewilligen.

Das SG hat mit Beschluss vom 29.07.2008 den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung sowie auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt und im Wesentlichen ausgeführt, dass die Ag zu Recht ihre örtliche Zuständigkeit verneint habe. Die Ast lebe in C2 bei ihrem Sohn, so dass eine Leistungsträgerschaft der Beigeladenen zu 2) in Betracht komme, sofern die Voraussetzungen der §§ 7 und 8 SGB II vorliegen würden. Gegen den am 05.08.2008 zugestellte...

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