Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an eine wirksame Rechtsfolgenbelehrung als Voraussetzung eines rechtmäßig ergangenen Sanktionsbescheides
Orientierungssatz
1. Der Abbruch einer dem Grundsicherungsberechtigten zumutbaren Wiedereingliederungsmaßnahme ist als eigenständiger Sanktionstatbestand in § 31 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 SGB 2 enthalten. U. a. erfüllt das unentschuldigte Fernbleiben bei der in einer Eingliederungsvereinbarung festgelegten Maßnahme den Sanktionstatbestand.
2. Eine hierzu erforderliche wirksame Rechtsfolgenbelehrung setzt voraus, dass sie konkret, richtig und vollständig ist, zeitnah im Zusammenhang und zeitlich vor dem sanktionsbewehrten Verhalten erfolgt und dem Hilfebedürftigen in verständlicher Form erläutert, welche unmittelbaren und konkreten Auswirkungen sich aus einer Pflichtverletzung für ihn ergeben.
Tenor
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 13.08.2015 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.
Gründe
Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin gegen die Ablehnung ihres Antrags auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage vom 20.07.2015 gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 15.06.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.07.2015 ist unbegründet.
Nach § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Der Widerspruch bzw. die Anfechtungsklage gegen den Sanktions- und Aufhebungsbescheid vom 15.06.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.07.2015 entfalten nach § 86a Abs. 2 Nr. 4 SGG i.V.m. § 39 Nr. 1 SGB II keine aufschiebende Wirkung.
Bei der Entscheidung über die Anordnung der aufschiebenden Wirkung hat das Gericht eine Abwägung des Interesses der Antragstellerin, die Wirkung des angefochtenen Bescheides (zunächst) zu unterbinden (Aussetzungsinteresse) mit dem Vollzugsinteresse des Antragsgegners vorzunehmen. Die aufschiebende Wirkung ist anzuordnen, wenn das Aussetzungsinteresse das Vollzugsinteresse überwiegt. Dabei richtet sich die Anordnung der aufschiebenden Wirkung in erster Linie nach dem Grad der Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit des angefochtenen Eingriffsbescheides und den daraus folgenden Erfolgsaussichten der Klage im Hauptsacheverfahren (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/ Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl., § 86b Rn. 12a ff). Bei der vorzunehmenden Interessenabwägung ist ferner zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber in der vorliegenden Fallgestaltung ein Regel-/Ausnahmeverhältnis angeordnet hat. Da der Gesetzgeber die aufschiebende Wirkung von Rechtsbehelfen ausgeschlossen hat, überwiegt in der Regel das Vollzugsinteresse des Antragsgegners (vgl. BSG, Beschluss vom 29.08.2011 - B 6 KA 18/11 R - SozR 4-1500 § 86a Nr. 2). Es bedarf deshalb besonderer Umstände, um eine davon abweichende Entscheidung zu rechtfertigen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 10.10.2003 - 1 BvR 2025/03 - zu § 80 Abs. 2 Nrn. 1-3 VwGO). Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung muss in diesen Fällen eine mit gewichtigen Argumenten zu begründende Ausnahme sein (BVerfG, a.a.O; Keller, a.a.O., § 86b Rn. 12c m.w.N).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat das Sozialgericht die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 15.06.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.07.2015 zu Recht abgelehnt, weil das Interesse des Antragsgegners am Vollzug des angefochtenen Bescheides überwiegt. Denn dieser erweist sich nach der gebotenen summarischen Prüfung als voraussichtlich rechtmäßig. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird gemäß § 142 Abs. 2 S. 3 SGG auf die zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts Bezug genommen.
Das Beschwerdevorbringen rechtfertigt keine andere Entscheidung.
Soweit die Antragstellerin vorträgt, sie habe sich nicht im Sinne von § 31 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB II geweigert, da Sinn und Zweck dieser Vorschrift die Sicherstellung der Wiedereingliederung sei und es aufgrund der von ihr fortgesetzten Maßnahme an der von § 31 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB II vorausgesetzten Folge des Maßnahmeabbruchs fehle, sei darauf hingewiesen, dass der Abbruch einer zumutbaren Maßnahme als eigenständiger Sanktionstatbestand in § 31 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 SGB II enthalten ist. Nach der hier zur Anwendung kommenden Regelung in § 31 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB II verletzen erwerbsfähige Leistungsberechtigte (auch dann) ihre Pflichten, wenn sie sich trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen oder deren Kenntnis weigern, die in einer Eingliederungsvereinbarung festgelegten Pflichten zu erfüllen. Diesen Tatbestand hat die Antragstellerin erfüllt, indem sie durch ihr - nach eigenen Angaben dreiwöchiges - unentschuldigtes Fernbleiben von der Maßnahme bei der VHS ihre fehlende Bereitschaft, die in der Eingli...