Tenor

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Detmold vom 14.11.2022 aufgehoben. Der Rechtsweg zu den Sozialgerichten ist zulässig.

Die Kostenentscheidung bleibt dem Hauptsacheverfahren vorbehalten.

Die Beschwerde zum Bundessozialgericht wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt die Aufnahme eines leistungsberechtigten Menschen mit Behinderung in das Leistungsangebot der Antragsgegnerin.

Der Antragsteller ist gem. § 94 Abs. 1 SGB IX iVm § 1 Abs. 1 AG-SGB IX NRW einer der beiden Träger der Eingliederungshilfe für Erwachsene in Nordrhein-Westfalen. Die Antragsgegnerin ist ein Anbieter von Leistungen für Menschen mit Behinderungen. Der N01 geborene Leistungsberechtigte lebt seit 2010 in einer Einrichtung für Kinder und Jugendliche der Antragsgegnerin. Bei ihm bestehen ein frühkindlicher Autismus und eine geistige Behinderung mit erheblichen Verhaltensauffälligkeiten in Form von provokantem Verhalten und aggressiven Impulsdurchbrüchen. Die Kosten für die Betreuung trägt der Antragsteller.

Aufgrund des Alters des Leistungsberechtigten wurde ein Wechsel in eine besondere Wohnform für Erwachsene erforderlich, so dass der Antragsteller und die Antragsgegnerin in entsprechende Verhandlungen eintraten. Der Antragsteller bot zunächst mit Schreiben vom 24.11.2021 die Zahlung eines Zuschlags zur regulären Vergütung an, dieses Angebot lehnte die Antragsgegnerin ab. Der Antragsteller stellte sich daraufhin auf den Standpunkt, ein Zuschlag zu der regulären Vergütung könne nach der Rechtsprechung des BSG überhaupt nicht verlangt werden und die Antragsgegnerin sei gem. § 123 Abs. 4 SGB IX zur Aufnahme des Leistungsberechtigen in ihr Angebot verpflichtet. Die Antragsgegnerin kündigte den Betreuungsvertrag mit dem Leistungsberechtigen mit Schreiben vom 08.09.2022 zum 31.10.2022 und forderte ihn zum Auszug auf. Die Aufnahme in eine besondere Wohnform für Erwachsene zu den von dem Antragsteller angebotenen Konditionen lehnte sie weiter ab.

Der Antragsteller hat am 24.10.2022 bei dem Sozialgericht Detmold beantragt, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, den Leistungsberechtigten in ihr Leistungsangebot "L.", U., aufzunehmen. Der Anspruch folge aus § 123 Abs. 4 SGB IX und Teil A Nr. 5 des Landesrahmenvertrages Nordrhein-Westfalennach § 131 SGB IX.

Das Sozialgericht hat den Rechtsweg zu den Sozialgerichten mit Beschluss vom 14.11.2022, dem Antragsteller zugestellt am 16.11.2022, für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das Landgericht Bielefeld verwiesen. Der Antragsteller mache einen Anspruch auf Abschluss eines zivilrechtlichen Wohn- und Betreuungsvertrages geltend, der bei den Zivilgerichten zu verfolgen sei. Daran änderten auch ein möglicherweise bestehender Kontrahierungszwang und die Geltendmachung des Anspruchs durch den Antragsteller nichts.

Dagegen richtet sich die Beschwerde des Antragstellers vom 21.11.2022.

II.

Auf die Beschwerde des Antragstellers ist der Beschluss des Sozialgerichts Detmold vom 14.11.2022 aufzuheben. Das Sozialgericht hat den Rechtsstreit zu Unrecht an das Landgericht verwiesen. Der Rechtsweg zu den Sozialgerichten ist zulässig.

1. Die Beschwerde statthaft und auch sonst zulässig. Hält nach Anrufung eines Gerichts dieses den beschrittenen Rechtsweg für unzulässig, spricht es dies von Amts wegen aus und verweist den Rechtsstreit zugleich an das zuständige Gericht des zulässigen Rechtsweges (§ 17a Abs. 2 Satz 1 GVG). Gegen einen solchen Beschluss ist gemäß § 17a Abs. 4 Satz 3 GVG die sofortige Beschwerde nach den Vorschriften der jeweils anzuwendenden Verfahrensordnung gegeben. Gegen einen Rechtswegbeschluss des SG ist damit binnen eines Monats (§ 173 Satz 1 SGG) nach Zustellung des Beschlusses beim LSG Beschwerde einzulegen (BSG Beschluss vom 22.04.2009 - B 13 SF 1/08 R). Der Antragsteller hat diese Frist gewahrt.

2. Die Beschwerde ist begründet, denn der Sozialrechtsweg ist eröffnet. Bei dem Antrag auf einstweilige Anordnung handelt es sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit in Angelegenheiten nach Teil 2 des SGB IX (§ 51 Abs. 1 Nr. 6a SGG).

Ob eine Streitigkeit öffentlich-rechtlich oder bürgerlich-rechtlich ist, richtet sich, wenn - wie hier - eine ausdrückliche Rechtswegzuweisung des Gesetzgebers fehlt, nach der Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der Klageanspruch hergeleitet wird. Dieser Grundsatz bestimmt die Auslegung sowohl von § 13 GVG als auch von § 51 Abs. 1 SGG. Entscheidend ist die wahre Natur des Anspruchs, wie er sich nach dem Sachvortrag der Klägerin darstellt, und nicht, ob diese sich auf eine zivilrechtliche oder eine öffentlich-rechtliche Anspruchsgrundlage beruft (so GmSOGB Beschluss vom 10.07.1989 - GmS-OGB 1/88).

Der Antragsteller macht einen Anspruch geltend, der dem öffentlichen Recht unterfällt. Dies folgt daraus, dass er eigene Ansprüche gegenüber der Antragsgegnerin verfolgt und nicht etwa solche des Leistungsberechtigen (zB als dessen Prozessstandschafter).

Das Leistungserbringungsrecht ...

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