Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende: Kosten der Unterkunft und Heizung. Übernahme von Mietschulden durch Darlehensgewährung bei erfolgter fristloser Kündigung des Mietverhältnisses durch den Vermieter
Orientierungssatz
Wurde ein Mietverhältnis mit einem Empfänger von Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende aufgrund von Mietschulden außerordentlich gekündigt, so kommt die Gewährung eines Darlehens zum Ausgleich der Mietschulden durch den Grundsicherungsträger jedenfalls dann nicht mehr in Betracht, wenn auch die Darlehensgewährung die Beendigung des Mietverhältnisses nicht mehr abwenden kann.
Tenor
Auf die Beschwerden der Antragsteller wird der Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 14.03.2018 insoweit geändert, als dem Antragsteller zu 1) Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Verfahren bewilligt und Rechtsanwältin B beigeordnet wird. Im Übrigen werden die Beschwerden der Antragsteller zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.
Gründe
I.
Mit ihren Beschwerden wenden sich die Antragsteller gegen die Ablehnung ihres Antrags vom 31.01.2018 auf einstweilige Verpflichtung des Antragsgegners zur Gewährung eines Darlehens von mindestens 2033,24 EUR (Schriftsatz vom 30.01.2018) zum Ausgleich von Mietschulden und zur Abwendung des Wohnungsverlustes vor dem Hintergrund vermieterseitiger Kündigung wegen Zahlungsrückstandes und der Räumungsklage im Verfahren 201 C 00/17 des Amtsgerichts L sowie gegen die Ablehnung des zugleich gestellten Antrages auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe.
Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 14.03.2018 den Erlass einer Regelungsanordnung sowie die Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt. Die Antragsteller haben gegen den am 15.03.2018 zugestellten Beschluss am 16.08.2018 Beschwerde eingelegt und für diese Prozesskostenhilfe beantragt.
II.
Die zulässigen Beschwerden sind im tenorierten Umfang begründet und im Übrigen unbegründet.
A. Die Beschwerde gegen die Ablehnung des Erlasses einer Regelungsanordnung ist unbegründet.
Nach § 86b Abs. 2 S. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt das Bestehen eines Anordnungsanspruchs (d.h. eines materiellen Anspruchs, für den vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird) sowie eines Anordnungsgrundes (d.h. der Unzumutbarkeit, bei Abwägung aller betroffenen Interessen die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten) voraus. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund bzw. die besondere Eilbedürftigkeit sind glaubhaft zu machen (§ 86 Abs. 2 S. 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO).
1. Die Antragsteller zu 2) bis zu 7) haben keinen Anordnungsanspruch auf Übernahme der Mietschulden nach § 22 Abs. 8 SGB II glaubhaft gemacht. Danach können Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist, sofern Arbeitslosengeld II für den Bedarf für Unterkunft und Heizung erbracht wird (Satz 1). Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht (Satz 2). Nur die durch den Mietvertrag zivilrechtlich verpflichteten Personen, also vorliegend der Antragsteller zu 1) als Mieter, können die Gewährung eines Darlehens zur Übernahme von Mietschulden beim Antragsgegner beantragen. Die Gewährung eines Darlehens zwecks Tilgung von Mietschulden an Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft, die zivilrechtlich gegenüber dem Vermieter nicht zur Mietzahlung verpflichtet sind, sieht § 22 Abs. 8 SGB II nicht vor (vgl. BSG, Urteil vom 18.11.2014 - B 4 AS 3/14 R -, SozR 4-4200 § 22 Nr. 80). Die Antragstellerin zu 2) (Ehefrau des Antragstellers zu 1) und die Antragsteller zu 4) bis 7) (deren minderjährige Kinder) sind nicht Partei des für die gemeinsam genutzte Wohnung geschlossenen Mietvertrages ab dem 01.12.2012 (Bl.352 VA) und daher zivilrechtlich gegenüber der Vermieterin auch nicht zur Zahlung eines Mietzinses verpflichtet.
2. Der Antragsteller zu 1) hat einen Anordnungsanspruch auf einstweilige Verpflichtung des Antragsgegners zur Gewährung eines Darlehens zwecks Tilgung der Mietschulden nach § 22 Abs. 8 SGB II nicht glaubhaft gemacht. Denn die Übernahme der Mietschulden durch den Antragsgegner kann den Erhalt der Wohnung nicht dauerhaft sichern. Das zwischen dem Antragsteller zu 1) und der Vermieterin bestehende Mietverhältnis ist nach der im einstweiligen Rechtschutzverfahren möglichen Prüfungsdichte spätestens durch den Ausspruch der fristlosen Kündigung wegen Zahlungsverzugs seitens der Vermieterin mit Räumungsklage vom 20.12.2017 nach § 543 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 Nr. 3a) und b) BGB wirksam beendet worden. Die Rechtmäßigkeit der Kü...