Entscheidungsstichwort (Thema)

Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit als Voraussetzung für die Bewilligung eines Gründungszuschusses

 

Orientierungssatz

1. Der Anspruch auf Gewährung eines Gründungszuschusses nach § 57 Abs. 1 SGB 3 hat die Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit zur Voraussetzung. Die Geschäftserweiterung im Rahmen einer bereits bestehenden selbständigen Tätigkeit ist nicht förderungsfähig. Aufnahme i. S. des § 57 SGB 3 ist nur die Neugründung eines Unternehmens oder die Übernahme eines bereits bestehenden Betriebes durch einen zuvor Arbeitslosen; nicht dagegen der Aufbau eines weiteren Geschäftsfeldes im Rahmen einer schon bestehenden selbständigen Tätigkeit, vgl. BSG, Urteil vom 01. Juni 2006 - B 7a AL 34/05.

2. Handelt es sich lediglich um die bloße Umstrukturierung eines bereits bestehenden Unternehmens oder die Änderung des Geschäftszwecks eines Unternehmens, so ist die Gewährung eines Gründungszuschusses ausgeschlossen. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Intentionen des Antragstellers in erster Linie darauf gerichtet sind, den bestehenden Betrieb zu erweitern bzw. im Rahmen der bestehenden Tätigkeit einen weiteren Geschäftsbereich hinzuzufügen.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 17.08.2012; Aktenzeichen B 11 AL 40/12 B)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 25.02.2011 wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger einen Anspruch auf Gewährung eines Gründungszuschusses nach § 57 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) hat.

Der 1960 geborene Kläger war nach einem Studium der Wirtschaftswissenschaften mit dem Abschluss Diplom-Ökonom von 1989 bis Juni 2007 als Gebietsleiter Außendienst, Verkaufsdirektor und zuletzt als Leiter der S Akademie bei der S Gruppe KG versicherungspflichtig beschäftigt. Ab dem 01.07.2007 war der Kläger arbeitslos. Am 02.07.2007 nahm er eine selbständige Tätigkeit als Unternehmensberater/Handelsvertreter auf. Ausweislich der Gewerbeanmeldung der Gemeinde O vom 21.05.2007 handelte es sich bei der selbständigen Tätigkeit um einen Handel mit Konsumgütern, Schwerpunkt von Speisen und Getränken. Mit Bescheid vom 03.07.2007 bewilligte die Beklagte dem Kläger für die Zeit vom 02.07.2007 bis zum 01.04.2008 einen Gründungszuschuss in Höhe von monatlich 2.422,50 Euro.

Am 10.02.2010 meldete sich der Kläger bei der Beklagten erneut arbeitslos. Er gab an, ab dem 10.02.2010 bis auf Weiteres eine selbständige Nebenbeschäftigung mit einer wöchentlichen Stundenzahl bis zu 14 Stunden auszuüben. In einer Erklärung zur selbständigen Tätigkeit gab der Kläger diesbezüglich an, eine Handelsagentur für Konsumartikel - Schwerpunkt F + B zu betreiben. Wegen des Wegfalls von Auftraggebern und der Reduzierung von Leistungen habe sich sein Gewinn gegenüber dem Vorjahr vermindert. Mit Bescheid vom 19.02.2010 bewilligte die Beklagte dem Kläger, der in der Zeit vom 02.07.2007 bis zum 09.02.2010 Mitglied der freiwilligen Arbeitslosenversicherung war, Arbeitslosengeld. Am 21.04.2010 teilte der Kläger der Beklagten mit, dass er zum 01.05.2010 eine Selbständigkeit im Bereich Handelsvertreter, Artikel Nahrung-/und Genussmittel im Direktvertrieb aufnehmen wolle. Er beantragte hierfür erneut die Gewährung eines Gründungszuschusses zur Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit gemäß § 57 SGB III. Die selbständige Tätigkeit werde seit dem 10.02.2010 im Nebenerwerb ausgeübt. Dem Antrag beigefügt war u.a. eine Gewerbe-Ummeldung der Gemeinde O vom 27.04.2010. Danach wurde die selbständige Tätigkeit ab dem 01.05.2010 erweitert. Neben dem weiterhin ausgeübten Handel mit Konsumgütern, Schwerpunkt von Speisen und Getränken, wurde zusätzlich ein Direktvertrieb mit Konsumgütern, Schwerpunkt von Speisen und Getränken, angemeldet. Der Kläger legte hierzu ein Geschäftskonzept über die Entwicklung seiner selbständigen Tätigkeit von Juli 2007 bis April 2010 mit den Bereichen Handelsvertretungen und Beratungen im Bereich Hotellerie/Gastronomie und Catering für Konsumartikel, Unternehmensberatung und G e.V. Produkte aus Werkstätten für Behinderte vor. Vorgelegt wurde außerdem ein weiteres Geschäftskonzept Direktvertrieb (Verknüpfung von Haus-Party und Online-Shop "Sammelbesteller" für Cocktailbasen) vom 26.04.2010.

Mit Bescheid vom 02.06.2010 lehnte die Beklagte den Antrag auf Gewährung eines Gründungszuschusses ab. Zur Begründung führte sie aus, dass die Selbständigkeit des Klägers bereits vorher bestanden habe und die vorgenommene Änderung in der Verkaufsstrategie nur als geringfügig anzusehen sei. Der Kläger legte hiergegen am 21.06.2010 mit der Begründung Widerspruch ein, die von ihm ab dem 01.05.2010 ausgeübte Tätigkeit "Direktvertrieb von P Cocktails-Basen" stelle eine komplett neue Vertriebsform da. Für diese Tätigkeit müsse er eine neue Vertriebsstruktur mit kurzfristig ca. 20 Vertriebspartnern national aufbauen und neue Adressen/Kundenstrukturen ansprechen, so dass er in diese Tätigkeit ca. 80 % seiner Arbeitszeit inv...

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