Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Krankenhausvergütung. Fälligkeit des Vergütungsanspruchs. Kodierung von Exklusiva
Orientierungssatz
1. Die Fälligkeit des Vergütungsanspruchs eines Krankenhauses gegen die Krankenkasse entsteht unabhängig davon, ob ein Prüfverfahren nach § 275 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB 5 eingeleitet werden soll oder ein solches noch nicht abgeschlossen ist. Außerdem bleiben trotz der Zahlung etwaige Einwendungen gegen Grund und Höhe der geltend gemachten Behandlungskosten erhalten (vgl BSG vom 28.5.2003 - B 3 KR 10/02 R = SozR 4-2500 § 109 Nr 1, RdNr 18).
2. Zur Auslegung der DKR (2014) D013 im Hinblick auf die Voraussetzungen zur Kodierung von Exklusiva.
3. Maßgeblich für die Kodierung ist stets das Systematische Verzeichnis. Fehlt es an einer Beschreibung im Systematischen Verzeichnis, kann diese nicht durch das Alphabetische Verzeichnis erweitert werden.
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 09.10.2020 insoweit aufgehoben, als die Beklagte zur Zahlung von mehr als Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus einem Betrag in Höhe von 4.043,40 EUR vom 23.04.2014 bis zum 07.10.2014 verurteilt worden ist. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
Die Revision wird zugelassen.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 4.043,40 EUR festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Vergütung einer stationären Behandlung.
Die 1934 geborene und bei der Beklagten versicherte M (im Folgenden Versicherte) wurde in der Zeit vom 15.03.2014 bis zum 01.04.2014 in dem nach § 108 SGB V zugelassenen Krankenhaus der Klägerin stationär behandelt. Im Entlassungsbericht vom 01.04.2014 wurden folgende Diagnosen genannt: Allgemeinzustandsverschlechterung bei protrahiertem Harnwegsinfekt, Nachweis von Enterokokken und Candida spezies im Urin, passageres Nierenversagen unter Diuretika, entgleister Diabetes mellitus Typ 2 (diabetische Nephropathie), arterielle Hypertonie, Rechtsherzinsuffizienz mit Beinödemen sowie chronisches Vorhofflimmern. Die Aufnahme erfolgte mit hausärztlicher Einweisung bei Verdacht auf Pneumonie, der sich nicht bestätigte. Während des Aufenthalts wurde ein Harnwegsinfekt festgestellt, der sich unter Einsatz von Antibiotika deutlich besserte. Hinsichtlich des entgleisten Blutzuckers wurde auf eine zweimalige Gabe eines Mischinsulins umgestellt. Aufgrund der zu Beginn hochdosiert gegebenen Diuretika war ein passageres Nierenversagen aufgetreten, das sich nach Absetzen sämtlicher nephrotoxischer Medikamente besserte.
Für die Behandlung forderte die Klägerin von der Beklagten mit Rechnung vom 07.04.2014 auf der Grundlage der DRG F62A (Herzinsuffizienz und Schock mit äußerst schweren CC, mit Dialyse oder Komplizierung der Diagnose) eine Vergütung i.H.v. 6.727,58 EUR. Die Klägerin kodierte hierbei die Hauptdiagnose I50.01 (sekundäre Rechtsherzinsuffizienz) und u.a. die Nebendiagnose R09.2 (Atemstillstand).
Mit Schreiben vom 11.04.2014 teilte die Beklagte der Klägerin mit, die Prüfung der Rechnung habe ergeben, dass die übermittelten Daten eine zweifelsfreie Beurteilung der angegebenen Nebendiagnosen nicht zuließen. Daher habe sie die Zahlung eines gekürzten Betrages i.H.v. 2.684,18 EUR veranlasst. Dieser sei auf der Basis der DRG F62B (Herzinsuffizienz und Schock ohne äußerst schwere CC oder ohne Dialyse, ohne komplizierende Diagnose, ohne komplizierende Konstellation, mehr als ein Belegungstag) ermittelt worden. Zudem beauftragte sie den Sozialmedizinischen Dienst (SMD) mit der Prüfung des Behandlungsfalles, was dieser der Klägerin mit Schreiben vom selben Tag anzeigte. Nach Übersendung des Entlassungsberichts kam der SMD zu dem Ergebnis, die Nebendiagnose R09.2 sei anhand der vorliegenden Unterlagen nicht belegt. Der Behandlungsfall werde korrekt durch die DRG F62B abgebildet. Unter Bezugnahme auf diese Stellungnahme teilte die Beklagte der Klägerin mit Schreiben vom 01.10.2014 mit, dass ein weitergehender Vergütungsanspruch nicht bestehe. Dieses Schreiben ging am 07.10.2014 bei der Klägerin ein.
Nach einer Stellungnahme der Klägerin beauftragte die Beklagte den SMD erneut mit der Prüfung. Dieser kam in der Stellungnahme vom 20.03.2015 zu dem Ergebnis, es ergäben sich keine neuen Aspekte. Die Kodierung des Atemstillstandes werde mit einer Sauerstoffgabe von 2 l über die Nasensonde begründet. Eine respiratorische Insuffizienz sei mit J96 zu kodieren.
Die Klägerin hat am 16.04.2018 beim Sozialgericht Gelsenkirchen Klage erhoben und ihren restlichen Vergütungsanspruch weiterverfolgt. Die Beklagte sei nicht berechtigt gewesen, den Rechnungsbetrag direkt zu kürzen und nur den unbestrittenen Teil der Forderung als Vorschusszahlung zu leisten. Dieses Verbot ergebe sich aus § 15 Abs. 1 Satz 1 des Vertrages über die allgemeinen Bedingungen der Krankenhausbehandlung nach ...