Entscheidungsstichwort (Thema)
gesetzliche Unfallversicherung. Wegeunfall. innerer Zusammenhang. Handlungstendenz. Vorbereitungshandlung. Betriebsfähigkeit des eigenen Fahrzeugs. Wiederherstellung. Art und Zeitaufwand. Notwendigkeit. Zumutbarkeit. Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel
Orientierungssatz
Ein Versicherter, der den eigenen Pkw wegen plötzlich auftretender Mängel (hier: schleifendes Geräusch und tiefere Fahrzeuglage) beim Antritt des Weges zur ca 1 km entfernten Arbeitsstätte kurz auf seine Betriebsfähigkeit (hier: wegen eines vermuteten verklemmten Gegenstandes) überprüfen wollte und dabei verunglückte, steht gem § 8 Abs 2 Nr 1 SGB 7 unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung.
Normenkette
SGB VII § 2 Abs. 1 Nr. 1, § 8 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nrn. 1, 5
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 14.10.2005 geändert und unter Aufhebung des Bescheides vom 06.03.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.06.2003 festgestellt, dass die am 05.07.2002 erlittene Kopfverletzungen des Klägers Folgen eines Arbeitsunfalls sind. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers aus beiden Rechtszügen. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Anerkennung eines Unfalles vom 05.07.2002 als Arbeitsunfall.
Der am 00.00.1964 geborene Kläger ist als Tischler beschäftigt in einem Betrieb, der etwa 1 km von seiner Wohnung entfernt ist. Am 05.07.2002 befand er sich zur Einnahme eines verspäteten Mittagessens zwischen 16.00 und 16.30 Uhr in seiner Wohnung. Da er um 17 Uhr einen Kunden zwecks Materiallieferung und Beratung aufsuchen sollte, beabsichtigte er, alsbald wieder zum Betriebssitz zu fahren. Dazu stieg er gegen 16.30 Uhr in seinen Privat-PKW, Typ BMW Z 3, ein und stellte nach wenigen Metern fest, dass der Wagen ein schleifendes Geräusch abgab. Er stieg aus, um nachzusehen. Da das Fahrzeug sehr tief liegt, holte er den Wagenheber aus dem Kofferraum und bockte den Wagen auf. Alsdann ging er zur Inspektion mit dem Kopf unter das Auto. Als dieses sich plötzlich senkte, wurde er eingequetscht und erlitt eine Schädelbasisfraktur, deretwegen er bis zum 23.07.2002 stationär behandelt wurde.
Mit Bescheid vom 06.03.2003 und Widerspruchsbescheid vom 18.06.2003 lehnte die Beklagte die Feststellung eines Arbeitsunfalles mit der Begründung ab, dass Verrichtungen, die der Instandhaltung des eigenen Beförderungsmittels dienten, grundsätzlich eigenwirtschaftlich und daher nicht versichert seien; anders könne dies sein, wenn die Reparatur - wie hier - unvorhergesehen notwendig werde; es sei dem Kläger jedoch zuzumuten gewesen, den relativ kurzen Weg zum Betriebssitz zu Fuß zurückzulegen.
Die am 11.07.2003 erhobene Klage, mit der der Kläger erneut geltend gemacht hat, dass es sich bei der unfallbringenden Tätigkeit lediglich um eine Kontrollmaßnahme und nicht um eine Reparatur gehandelt habe, hat das Sozialgericht (SG) mit Urteil vom 14.10.2005 abgewiesen und sich im wesentlichen der Argumentation der Beklagten angeschlossen; auf die Entscheidungsgründe wird verwiesen.
Gegen das ihm am 03.11.2005 zugestellte Urteil hat der Kläger am 29.11.2005 Berufung eingelegt. Er trägt vor: Die Kontrolle der Verkehrssicherheit des Fahrzeuges habe nur eine geringfügige Unterbrechung bedeutet. Der Zusammenhang des Weges mit der Betriebstätigkeit sei nicht beseitigt worden.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des SG Detmold vom 14.10.2005 zu ändern und unter Aufhebung des Bescheides vom 06.03.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.06.2003 festzustellen, dass seine am 05.07.2002 erlittenen Kopfverletzungen Folgen eines Arbeitsunfalles sind.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält an ihrer Auffassung fest und bezieht sich auch auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung.
Im Termin vom 02.05.2006, auf dessen Sitzungsniederschrift im übrigen verwiesen wird, ist der Kläger eingehend gehört worden. Er hat bekundet, dass er das Schleifen am Auto erstmals bei der Rückfahrt gehört habe; er sei zunächst zurückgesetzt, habe den Wagen aber dann wieder vorwärts etwa in die alte Position gefahren, um dann dem Geräusch nachzugehen; das alles habe sich noch auf dem Hof seiner Wohnstätte abgespielt; er habe angenommen, der Ast eines Baumes habe sich unter dem Fahrzeug verklemmt; er wisse nicht, warum er nicht direkt unter den Wagen geschaut, sondern sofort den Wagenheber zu Hilfe genommen habe.
Die Verwaltungsakten der Beklagten haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen. Auf den Inhalt dieser Akten und den der Streitakten wird ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung des Klägers ist zulässig und begründet. Das angefochtene Urteil ist zu ändern. Die am 05.07.2002 erlittenen Kopfverletzungen des Klägers sind Folge eines Arbeitsunfalls.
Arbeitsunfälle sind gemäß § 8 Abs. 1 S. 1 des Siebten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VII) Unfälle von Ve...