Entscheidungsstichwort (Thema)
Zurückverweisung des Rechtsstreits wegen eines wesentlichen Verfahrensmangels bzw. bei Verstoß gegen die Amtsermittlungspflicht
Orientierungssatz
1. Das Landessozialgericht kann nach § 159 Abs. 1 SGG die Entscheidung des Sozialgerichts aufheben und die Sache an das Sozialgericht zurückverweisen, wenn das Verfahren an einem wesentlichen Mangel leidet und aufgrund dieses Mangels eine umfangreiche und aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist.
2. Genügt die ergangene Entscheidung den Anforderungen des § 136 SGG nicht, so liegt darin ein wesentlicher Verfahrensfehler.
3. Gleiches gilt, wenn das Sozialgericht gegen die ihm nach § 103 SGG obliegende Amtsermittlungspflicht verstoßen und damit verfahrensfehlerhaft i. S. von § 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG gehandelt hat.
4. Eine Verletzung der Amtsermittlungspflicht liegt dann vor, wenn sich das Gericht ausgehend von seiner materiell-rechtlichen Rechtsauffassung zu einer weiteren Sachaufklärung hätte gedrängt fühlen müssen.
5. Ist aufgrund unterlassener Ermittlungen des Sozialgerichts eine umfangreiche und aufwändige Beweisaufnahme geboten, so kann der Rechtstreit nach § 159 Abs. 1 SGG an das Sozialgericht zurückverwiesen werden.
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Düsseldorf vom 29.11.2013 aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Entscheidung auch über die Kosten des Berufungsverfahrens an dieses Gericht zurückverwiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Anerkennung eines Ereignisses vom 16./17.06.2003 als Arbeitsunfall nach dem Siebten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) und um die Zahlung von Verletztenrente.
Der am 00.00.1966 geborene Kläger zeigte mit Schreiben vom 25.06.2012 bei der Beklagten einen Versicherungsfall an. Ab 05.06.2003 sei er vom Sozialamt Bad N und von der Firma U GmbH F im Rahmen der Beratung "Hilfe zur Arbeit - Projekt 2000" der Werkstatt der AWO in L beigeordnet worden. Dort habe er ca. am 16./17.06.2003 bei schweren Umzügen mithelfen müssen und aufgrund dieser das Krankheitsbild eines Bandscheibenvorfalls L5/S1 mit Arbeitsunfähigkeiten bis Juni 2004 und späteren Störungen im Juni/Juli 2009 bekommen. Seiner Anzeige fügte der Kläger eine Praktikumsbescheinigung des AWO Kreisverbandes F, Nebenstelle L (Praktikum 05.06.2003 bis 30.06.2003 mit Krankschreibung vom 23.06.2003 bis 30.06.2003), Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen (ab 23.06.2003), ein Attest des Dr. L vom 16.02.2004 (rezidivierendes orth. Krankheitsbild, Bandscheibenvorfall L5/S1) bzw. einen Arztbrief vom 12.07.2004 (u.a.: "Herr B. ist mir seit 7/02 bekannt, seinerzeit Lumboischialgie li, computertomographisch älterer bereits calcifizierter NPP L 5/S1 re. betont, zwischenzeitlich wurde Herr B. vom hiesigen Sozialamt bei Umzügen eingesetzt; hierdurch deutliche Befundverschlechterung") sowie eine Heilmittelverordnung (Krankengymnastik) des Orthopäden Dr. T vom 15.06.2009 bei.
Die Beklagte lehnte die Anerkennung eines Arbeitsunfalls mit Bescheid vom 11.07.2012 ab. Es handele sich bei dem angegebenen Ereignis nicht um einen Arbeitsunfall nach dem SGB VII, da ein solcher im Zeitraum einer Arbeitsschicht auftreten müsse. Die Tätigkeit der Umzüge übersteige diesen Zeitraum.
Der Kläger teilte der Beklagten mit Schreiben vom 30.07.2012 mit, dass der genannte Versicherungsfall beim Verwaltungsgericht (VG) Aachen (Az.: 6 K 307/04) ermittelt werde. Dem Schreiben fügte er einen Auszug aus einer Niederschrift des VG über einen Erörterungstermin vom 07.04.2004 (Verfahren des Klägers gegen den Bürgermeister der Stadt Bad N wegen Sozialhilfe) sowie aus einem Schreiben seiner ihn dort vertretenden Anwälte vom 11.02.2004 bei, in denen u.a. die gesundheitlichen Einschränkungen im Rahmen der Tätigkeit bei der AWO streitig waren. In einem von ihm am 10.09.2012 ausgefüllten Fragebogen gab der Kläger an, dass ärztliche Stellungnahmen beim Sozialamt der Stadt Bad N vorlägen. Seine Belastung bei der angegebenen Tätigkeit schilderte er mit weiterem Schreiben vom 17.09.2012 als "Tragen schwerer Lasten in extremer Rumpfbeugehaltung".
Die Beklagte holte Befundberichte des Orthopäden Dr. D vom 10.09.2012 (erstmalige Untersuchung 2009, angegeben wurden Schmerzen der LWS seit 2003), des Orthopäden Dr. L vom 10.09.2012 (Behandlung seit Juli 2002, traumatisches Geschehen hier nicht behandelt) und des Internisten Dr. T1 vom 25.10.2012 (Behandlung am 27.05.2004, LWS-Symptomatik, spontane Entstehung nicht auszuschließen) ein und zog eine Auflistung der Mitgliedszeiten und Arbeitsunfähigkeitszeiten des Klägers bei der AOK Rheinland/Hamburg bei.
Mit Bescheid vom 13.03.2013 lehnte die Beklagte (erneut) die Anerkennung des Ereignisses vom 16.06. - 17.06.2003 als Arbeitsunfall ab. Es handele sich nicht um ein plötzliches Ereignis im Sinne eines Arbeitsunfalls. Den hiergegen gerichteten Widerspruch des Klägers vom 09.04.2013 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 07.06.2013 zurück.
Der Kläger hat am 24.06.2013 Klage beim Sozia...