Entscheidungsstichwort (Thema)
Gemeinsamer Bundesausschuss ≪G-BA≫. Richtlinie zu Untersuchungs- und Behandlungsmethoden im Krankenhaus. Protonentherapie bei Mammakarzinom. nicht anerkannte Untersuchungs- und Behandlungsmethode. keine materielle Beweislast des G-BA. Rechts- und Fachaufsicht durch Bundesministerium für Gesundheit. keine Begründungspflicht bzgl der Beschlüsse und Vorlagepflicht hinsichtlich des Entwurfs des Abschlussberichtes durch G-BA beim Bundesministerium für Gesundheit
Orientierungssatz
1. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat im Rahmen der nach § 137c SGB 5 erlassenen Richtlinie zu Untersuchungs- und Behandlungsmethoden im Krankenhaus die Protonentherapie bei der Indikation Mammakarzinom zu Recht den im stationären Sektor ausgeschlossenen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden zugeordnet, weil der medizinische Nutzen nicht hinreichend belegt ist.
2. Der G-BA trägt keine materielle Beweislast dafür, dass Wirksamkeit und Nutzen einer Untersuchungs- oder Behandlungsmethode nicht hinreichend belegt sind und die Methode deshalb nicht, noch nicht oder nicht mehr dem aktuellen medizinischen Standard entspricht.
3. Das Bundesministerium für Gesundheit darf die vom G-BA nach § 137c SGB 5 erlassene Richtlinie zu Untersuchungs- und Behandlungsmethoden im Krankenhaus nicht deshalb beanstanden, weil ihr über die Rechtsaufsicht hinausgehende Fachaufsichtsbefugnisse mit den damit einhergehenden Ermessens- und Zweckmäßigkeitserwägungen zustehen.
4. Durch das Gesetz wird nicht angeordnet, dass der G-BA verpflichtet ist, seine Beschlüsse gegenüber dem Bundesministerium für Gesundheit als Aufsichtsbehörde im Zusammenhang mit der Vorlage zu begründen und (zumindest) den Entwurf des Abschlussberichts vorzulegen.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 19.01.2005 wird zurückgewiesen. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits im Berufungsverfahren. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der klagende Gemeinsame Bundesausschuss wendet sich gegen eine aufsichtsrechtliche Beanstandung im Hinblick auf eine von ihm gemäß § 137c Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) erlassene Richtlinie. Im Einzelnen streiten die Beteiligten darüber, ob der Kläger berechtigt war, die Protonentherapie bei der Indikation "Mammakarzinom" als nicht anerkannte Untersuchungs- und Behandlungsmethode einzustufen.
Am 30.08.2001 beantragten die Spitzenverbände der gesetzlichen Krankenkassen, die Protonentherapie im stationären Sektor zu beraten. Dem Antrag beigefügt war eine Liste der Indikationen, bei denen die Durchführung einer Protonentherapie in Betracht kommt Zu diesen Indikationen gehört u.a. das Mammakarzinom.
Mit Beschluss vom 11.05.2004 erließ der Kläger eine Richtlinie gemäß § 137c Abs. 1 Satz 2 SGB V, mit der er feststellte, dass die Protonentherapie mit der Indikation Ästhesioneuroblastom derzeit weder allein noch in Kombination mit einer anderen Therapie das Kriterium der Erforderlichkeit für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten erfülle und damit keine Leistung im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung sei. Durch weiteren Beschluss vom 16.11.2004 erließ der Kläger die hier streitige Richtlinie für die Protonentherapie bei der Indikation Mammakarzinom und ordnete diese ebenfalls der Anlage B ("nicht anerkannte Untersuchungs- und Behandlungsmethoden") zu.
Im Abschlussbericht zur Methode der Protonentherapie bei der Indikation Mammakarzinom (Stand: 17.09.2004) führte der Kläger u.a. aus: Bisher werde der Einsatz der Protonentherapie in Kombination mit der Photonenbestrahlung oder als alleinige radiotherapeutische Methode in den relevanten evidenzbasierten Leitlinien zur Behandlung des Mammakarzinoms nicht erwähnt. Es seien drei experimentelle Studien über den Einsatz der Protonenstrahlung zur Bestrahlung der Brust bzw. der Brustwand bei Mammakarzinom identifiziert worden (Vogliata et al 2002, Johansson et al 2002, Lomax et al 2003). Johansson et al wiesen in ihrer Studie selber darauf hin, dass es zum Nachweis etwaiger klinischer Vorteile der Protonenbestrahlung im Vergleich zu anderen Bestrahlungstechniken randomisierter klinischer Studien bedürfe. Hieraus lasse sich eine klinische Relevanz der theoretisch günstigeren Dosisverteilung bei der Protonenbestrahlung nicht ableiten. Im Gegensatz hierzu sei die klinische Wertigkeit der konventionellen Strahlentherapie bei den meisten Teilindikationen auf hohem Evidenzniveau gesichert. Zusammenfassend sei festzustellen, dass keine klinischen Daten über den Einsatz der Protonentherapie bei Mammakarzinom vorlägen.
Die Beklagte beanstandete die Beschlüsse des Klägers durch die Bescheide vom 22.07.2004 (Ästhesioneuroblastom) bzw. 18.01.2005 (Mammakarzinom). Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus: Die Feststellung eines Leistungsausschlusses aufgrund ausschließlich gesetzlicher Kriterien setze voraus, dass die Methode für eine ausrei...