Entscheidungsstichwort (Thema)

Sachlich-rechnerische Prüfung der Abrechnung onkologischer Leistungen durch die Kassenärztliche Vereinigung

 

Orientierungssatz

1. Die Kassenärztliche Vereinigung (KV) stellt nach § 106a Abs. 2 S. 1 SGB 5 die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen der Vertragsärzte fest. Diese zielt auf die Feststellung ab, ob die Leistungen im Einklang mit den gesetzlichen, vertraglichen oder satzungsrechtlichen Vorschriften des Vertragsarztrechts erbracht worden sind.

2. Bei der Abrechnung der von einem Facharzt der Onkologie erbrachten Leistungen ist die KV an die zwischen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) und den Spitzenverbänden der gesetzlichen Krankenkassen geschlossenen Onkologie-Vereinbarung gebunden.

3. Den Vertragspartnern war es nicht untersagt, Kostenpauschalen zu vereinbaren, die Leistungen umfassen, welche nach Gebührennummern des EBM abrechnungsfähig sind.

4. Die Vergütungsregelungen der Onkologie-Vereinbarung verstoßen nicht gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 11.10.2017; Aktenzeichen B 6 KA 34/17 B)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 02.09.2015 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens auch in zweiter Instanz.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die sachlich-rechnerische Richtigstellung der Abrechnungen des Klägers in den Quartalen III/2010 und IV/2010.

Der Kläger ist als Facharzt für Urologie in E zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. In den betreffenden Quartalen kürzte die Beklagte die Abrechnung des Klägers um die Gebührenordnungsposition (GOP) 26135 des Einheitlichen Berechnungsmaßstabs (EBM) und setzte stattdessen die Kostenpauschale Nr. 86512 nach Anhang 2 (Abrechnung und Vergütung zur Vereinbarung über die qualifizierte ambulante Versorgung krebskranker Patienten "Onkologie - Vereinbarung") Teil A (Kostenpauschalen) zum Bundesmantelvertrag an. Der Kläger nimmt an der Onkologie-Vereinbarung teil. Seine gegen die Abrechnungsbescheide vom 25.01.2011 und 25.04.2011 eingelegten Widersprüche wies die Widerspruchsstelle der Beklagten zurück (Widerspruchsbescheid vom 03.08.2011). Zur Begründung führte sie aus, im Anhang 2 "Abrechnung und Vergütung" der zum 01.10.2009 in Kraft getretenen Onkologie-Vereinbarung seien die Kostenpauschalen gelistet, die dem onkologisch qualifizierten Arzt erstattet würden. Neben diesen vom Kläger abgerechneten Kostenpauschalen sei im selben Behandlungsfall die Grundpauschale der GOP 26315 EBM ausdrücklich nicht berechnungsfähig. Die Streichung sei daher zu Recht erfolgt.

Hiergegen hat der Kläger Klage erhoben und vorgetragen: Die Beklagte habe zwar den Abrechnungsausschluss nach Anhang 2 der Onkologie-Vereinbarung nach seinem Wortlaut zutreffend angewandt, der Spitzenverband Bund der Krankenkassen (GKV-Spitzenverband) und die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) als Vertragspartner und Normgeber seien jedoch nicht berechtigt, durch die Onkologie-Vereinbarung Abrechnungsmöglichkeiten des EBM auszuschließen. Die Regelungskompetenz in Gebührenfragen sei grundsätzlich allein dem Bewertungsausschuss vorbehalten. Mit den strittigen Abrechnungsbestimmungen griffen der GKV-Spitzenverband und die KBV in die Zuständigkeit des Bewertungsausschusses zumindest mittelbar ein, indem sie die Bewertung der mit der GOP 26315 EBM abgebildeten ärztlichen Leistung veränderten. Zudem könne es nicht richtig sein, wenn der gesamte besondere Aufwand des an der Onkologie-Vereinbarung teilnehmenden Arztes allein mit der Differenz zwischen der Vergütung der GOP 26315 EBM in Höhe von 18,90 EUR und der Kostenpauschale nach Anhang 2 der Onkologie-Vereinbarung in Höhe von 28,88 EUR abgegolten werde. Der Betrag von 9,98 EUR genüge nicht, um die erforderlichen personellen und apparativen Anforderungen zu erfüllen und die notwendigen Fortbildungsmaßnahmen abzudecken, geschweige denn, den tatsächlichen Mehraufwand des onkologisch qualifizierten Arztes abzubilden. Mit den strittigen Abrechnungsbestimmungen hätten die Normgeber dem Willen des Gesetzgebers zuwider gehandelt. Dieser habe nach der teilweisen Kündigung der früheren regionalen Onkologie-Vereinbarungen durch Krankenkassen die bisherigen Vergütungsregelungen, die keinen Abrechnungsausschluss vorgesehen hätten, fortschreiben wollen. Der Abrechnungsausschluss der GOP 26315 EBM sei auch willkürlich, da für die Fachgruppe der Internisten - anders als für die Urologen - eine gesonderte Berechnung der Zusatzpauschale Onkologie nach der GOP 13500 EBM zugelassen sei. Weder nach der EBM-Regelung noch nach der Onkologie-Vereinbarung sei indes der Aufwand für die internistischen Onkologen höher. Die auf § 85 Abs. 2 Satz 4 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) basierende Onkologie-Vereinbarung dürfe allein zusätzliche Kostenerstattungen zu bestehenden EBM-Vergütungen regeln ("On-top-Vergütung") und nicht Kostenpauschalen, die an die Stelle von Pauschalen nach dem EBM treten. Im ...

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