Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausschluss einer Leistungspflicht der Krankenkasse für eine Liposuktionsbehandlung des Versicherten. Fettabsaugung
Orientierungssatz
1. Nach § 27 Abs. 1 S. 1 SGB 5 haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern.
2. Ein Anspruch auf die neue Behandlungsmethode der ambulanten Liposuktion zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung ist ausgeschlossen, weil der Gemeinsame Bundesausschuss diese Methode nicht positiv empfohlen hat und kein Ausnahmefall vorliegt, in welchem die positive Empfehlung entbehrlich ist (BSG Beschluss vom 10. 5. 2012, B 1 KR 78/11 R).
3. Ein Ausnahmefall des Systemversagens liegt nicht vor, weil sich der Gemeinsame Bundesausschuss seit dem 20. 3. 2014 mit der Liposuktion befasst. Weil das Lipödem keine lebensbedrohliche Erkrankung ist, besteht auch kein Leistungsanspruch nach § 2 Abs. 1a SGB 5 (BSG Urteil vom 24. 4. 2018, B 1 KR 10/17 R).
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 14.11.2018 wird zurückgewiesen.
Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten (nur noch) um die Kostenerstattung von zwei während des Berufungsverfahrens durchgeführten Liposuktionsbehandlungen an Armen und Unterschenkeln i.H.v. 9.208,80 EUR.
Die 1971 geborene Klägerin ist bei der Beklagten gegen Krankheit versichert und leidet an Lipödemen beider Beine Stadium II mit Lymphödemen Stadium I, einem Lipödem Stadium II beider Arme sowie Adipositas. Bereits im Jahr 1998 führte Dr. A auf Rechnung der Klägerin eine Liposuktion der Oberschenkel durch, 2000/2001 erfolgte eine Liposuktion der Unterschenkel zu Lasten der Beklagten.
Die Klägerin beantragte am 02.01.2018 bei der Beklagten die Kostenübernahme für eine weitere Liposuktion der Beine und Arme. Sie habe Probleme bei verschiedensten Alltagstätigkeiten. Die Beschwerden hätten sich in den letzten sechs Monaten verschlimmert. Auch ihre psychische Disposition habe sich destabilisiert. Manuelle Lymphdrainage und das Tragen von Kompressionsstrümpfen hätten den Gewebezuwachs und die Schmerzen nicht annehmbar reduzieren können. Die Klägerin fügte ihrem Antrag neben Fotos der Beine und des Oberkörpers eine Stellungnahme des plastischen Chirurgen Dr. C, Klinik für plastische Chirurgie am T-Krankenhaus in Essen, vom 27.11.2017 bei. Nach den Angaben auf der Homepage des Chefarztes der Klinik, Dr. D, werden dort jährlich durchschnittlich über 1000 stationäre und 400 ambulante Eingriffe durchführt (https://www.dr-D.de/klinik/). Dr. C führt in seinem Schreiben aus, die Klägerin leide unter Lipödemen Stadium II an beiden Armen und Beinen. Da der Befund ausgeprägt sei, müssten zwei Liposuktionen unter stationären Bedingungen durchgeführt werden. Des Weiteren legte die Klägerin ein fachärztliches Gutachten des Dr. E, Clinic Dr. F in Mülheim a.d.R. vom 17.7.2017 vor. Dr. E erläutert darin, die Klägerin habe ihr Gewicht trotz sportlicher Betätigung, Rehabilitation und diätetischer Maßnahmen nicht nennenswert reduzieren können. Da sich ihre Mobilität einzuschränken beginne, seien 3-4 ambulante Operationen an Unterschenkeln, Oberschenkelvorderseiten und -rückseiten sowie an den Armen erforderlich. In der dem Antrag beigefügten Stellungnahme der Dr. G, Praxisgemeinschaft Dermatologie, Phlebologie, Lymphologie und Proktologie vom 19.04.2017 weist die Ärztin darauf hin, dass seit 2014 ein deutlicher Zuwachs der Extremitäten zu verzeichnen sei. Es bestehe die begründete Aussicht, dass mit der von der Klägerin geplanten Operation ein Behandlungserfolg erzielt werden könne.
Die Beklagte informierte die Klägerin mit Schreiben vom 03.01.2018 über die Weiterleitung der Unterlagen an den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK). Dr. H vom MDK führte in ihrem Gutachten vom 12.1.2018 aus, für die beantragte neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode habe der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) noch keine positive Bewertung abgegeben. Die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 a Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) seien nicht erfüllt. Mit Blick auf eine mögliche Krankenhausbehandlung werde der Beklagten empfohlen, keine Zusage zur Kostenübernahme für eine bestimmte Behandlungsmethode zu geben. Nach Erhalt einer Krankenhausabrechnung bestehe die Möglichkeit, diese zur Überprüfung an den MDK weiterzuleiten.
Dem eine "Kostenübernahme einer neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethode: Liposuktion der Arme und Beine" ablehnenden Bescheid vom 16.01.2018 widersprach die Klägerin mit der Begründung, es komme nicht darauf an, ob der G-BA eine positive Empfehlung abgegeben habe. Die rechtlichen Rahmenbedingungen für die bei ihr zwingend stationär durchzuführenden Liposuktionen seien in § 137 c SGB V so gestaltet, dass neue Behandlungsverfahren keiner besonderen Zulassung bedürften. Im Rahmen...