Entscheidungsstichwort (Thema)
Ermessensentscheidung des Grundsicherungsträgers bei der Weitergewährung von Einstiegsgeld zur Unterstützung einer selbständig ausgeübten Tätigkeit
Orientierungssatz
1. Um Eingliederungsleistungen nach § 16 b SGB 2 zu erhalten, muss der Antragsteller vor Aufnahme der Erwerbstätigkeit arbeitslos gewesen sein. Damit muss die Gewährung des Einstiegsgeldes in einem unmittelbaren zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit dem Beginn der selbständigen Tätigkeit stehen,vgl. BSG, Urteil vom 23. November 2006 - B 11b AS 3/05 R.
2. Bei der geförderten Tätigkeit muss es sich um eine selbständige Erwerbstätigkeit handeln, die hauptberuflich ausgeübt wird. Die Beschäftigung muss wenigstens 15 Wochenstunden umfassen. Das vom Antragsteller vorzulegende Konzept muss die wirtschaftliche Tragfähigkeit der Tätigkeit belegen.
3. Die Erforderlichkeit der Förderung muss gegeben sein. Notwendig ist die Gewährung für den Hilfebedürftigen, wenn sie zu dessen Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt geeignet ist und ohne das Einstiegsgeld mit einer solchen Eingliederung nicht gerechnet werden kann.
4. Die Eingliederungsleistungen nach §§ 16 b und c SGB 2 sind als Ermessensleistungen ausgestaltet. Dem Grundsicherungsträger ist sowohl ein Entschließungs- als auch ein Auswahlermessen eingeräumt. Eine gesetzliche Regelung, wonach das Einstiegsgeld regelmäßig für die Dauer von sechs Monaten begrenzt und auch nur einmalig gezahlt werden soll, ist § 16 b SGB 2 nicht zu entnehmen.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 30.8.2012 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die weitere Gewährung von Einstiegsgeld zur Unterstützung der selbständigen Tätigkeit der Klägerin.
Die Klägerin ist am 00.00.1957 geboren. Sie bezieht Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) seit September 2009. Von 1982 bis 1992 war sie Inhaberin der Firma "U Young Fashion".
Nachdem die Klägerin dem Beklagten im Herbst 2010 mitteilte, dass sie die Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit plane, leitete der Beklagte die Klägerin zu einem Coaching bei der Firma U Regio weiter. Dort besuchte die Klägerin vom 1.12.2010 bis 24.1.2011 ein Coaching zur Heranführung an die Existenzgründung. Mit Abschlussbericht vom 21.1.2011 bewertete die Firma U Regio die Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit der Klägerin positiv. Das Konzept zur Eröffnung eines Geschäfts für die Herstellung und den Vertrieb von Damenoberbekleidung im Einzelhandel, Großhandel und Online-Vertrieb, sei positiv zu bewerten. Nach Durchführung des Coachings und aufgrund der Kenntnisse der Klägerin aus ihrer vorangegangenen Tätigkeit im Einzelhandel sowie aufgrund des Auftretens der Klägerin, sei mit einem Erfolg der Existenzgründung zu rechnen. Das von der Klägerin prognostizierte Bruttoeinkommen für das erste Jahr der Tätigkeit in Höhe von 15.378 EUR sei realistisch. Die Klägerin sei auf Unterstützung zur Förderung der Existenzgründung in den ersten 6 Monaten angewiesen. Die geplante Existenzgründung werde daher befürwortet.
Mit notariellem Vertrag vom 21.1.2011 gründete die Klägerin die Firma "s Factory by h U UG (haftungsbeschränkt)" und meldete die Firma am 27.1.2011 als Gewerbe mit Beginn des Geschäftsbetriebes ab 1.2.2011 an.
Am 28.1.2011 beantragte sie bei dem Beklagten die Gewährung von Einstiegsgeld ab dem 1.2.2011 bis zum 31.7.2011 für die Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit. Der geplante Geschäftsbetrieb sollte in einem von der Klägerin angemieteten Ladenlokal eröffnet werden und die Herstellung und den Vertrieb von Damenoberbekleidung im Einzelhandel, Großhandel und Online-Vertrieb umfassen. Die Klägerin prognostizierte ein Bruttoeinkommen aus der selbständigen Tätigkeit im ersten Jahr in Höhe von 15.378 EUR.
Mit Bescheid vom 21.2.2011 bewilligte der Beklagte Einstiegsgeld nach § 16 b SGB II für den Zeitraum vom 1.2.2011 bis 31.7.2011 in Höhe von 179,50 EUR monatlich mit der Begründung, durch den Beginn der selbständigen Tätigkeit ab dem 1.2.2011 werde die Arbeitslosigkeit der Klägerin beendet. Mit Bescheid vom 7.2.2011 bewilligte der Beklagte Eingliederungsleistungen für die Anschaffung von Sachgütern nach § 16 c SGB II in Höhe von 5000 EUR als Zuschuss sowie in Höhe von weiteren 1000 EUR als Darlehen. Im Rahmen eines Fortzahlungsantrages auf Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II reichte die Klägerin ein Schreiben ihres Steuerberaters vom 1.4.2011 über die voraussichtlichen Einnahmen und Ausgaben aus Gewerbebetrieb für die Monate März bis August 2011 zu der Verwaltungsakte. Hierin prognostizierten die Steuerberater für die Monate April bis August 2011 "keine nennenswerten Überschüsse". Erst wenn der Bekanntheitsgrad des Ladenlokals sich herumgesprochen habe, und der Wareneinkauf bzw. Wareneinsatz sich positiv darstelle...