Entscheidungsstichwort (Thema)
Erstattung von Beiträgen aus der gesetzlichen Rentenversicherung bei Ruhestandsbeamten aufgrund Dienstunfähigkeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze. Verfassungsmäßigkeit
Orientierungssatz
1. Im Rahmen des § 210 Abs 1 Nr 1 SGB 6 genügt das bloße Bestehen der Berechtigung zur freiwilligen Versicherung, um einen Anspruch auf eine Beitragserstattung auszuschließen.
2. Die gesetzlichen Vorschriften lassen keine verfassungsrechtliche Auslegung dahingehend zu, dass Versicherungsfreiheit nach § 5 SGB 6 auch Ruhestandsbeamte aufgrund Dienstunfähigkeit erfasst.
3. Das Bestehen der Berechtigung zur freiwilligen Versicherung kann nicht durch einen von dem betreffenden Berechtigten erklärten "Verzicht" auf die freiwillige Versicherungsmöglichkeit beseitigt werden.
4. Es verstößt auch nicht gegen das GG, dass Ruhestandsbeamte aufgrund Dienstunfähigkeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze keinen Anspruch auf Beitragserstattung nach § 210 SGB 6 haben (vgl LSG München vom 20.5.2021 - L 14 R 61/21 = juris RdNr 38 ).
5. Die unterschiedliche Behandlung von aktiven im Dienst tätigen Beamten, Beamten, die die jeweilige Altersgrenze erreicht haben, und Beamten, die wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt werden, stellt jedenfalls unter Berücksichtigung der Statuszugehörigkeit dieser Normadressaten zur Beamtengruppe eine Ungleichbehandlung dar, für die jedoch ein sachlicher Grund besteht.
6. Nur erworbene Rentenanwartschaften unterfallen dem Schutzbereich des Art 14 Abs 1 GG , nicht jedoch eine Beitragserstattung vor Erreichen der Regelaltersgrenze (vgl BSG vom 6.9.2017 - B 13 R 4/17 R = SozR 4-2600 § 210 Nr 5).
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dortmund vom 20.07.2021 wird zurückgewiesen.
Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Erstattung von Rentenversicherungsbeiträgen in Höhe von 5.212,94 EUR.
Der am 00.00.0000 geborene Kläger war in der Zeit vom 01.08.1989 bis zum 31.08.1996 in der gesetzlichen Rentenversicherung mit insgesamt 52 Monaten Pflichtbeitragszeiten gesetzlich pflichtversichert. Beginnend zum 01.09.1996 stand der Kläger als Beamter zunächst in einem Dienstverhältnis zum W. (B.), zuletzt als Beamter auf Lebenszeit. Mit Wirkung ab dem 01.02.2014 wurde der Kläger vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt. Seit diesem Zeitpunkt bezieht der Kläger Versorgungsbezüge nach den Bestimmungen des Landesbeamtenversorgungsgesetz B. (LBeamtVG B.).
Mit Schreiben vom 09.03.2015 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Prüfung, ob eine Auszahlung seiner Rentenversicherungsbeiträge möglich sei. Für den Fall, dass dies nicht möglich sei, beantrage er eine Rente. Unter Verwendung des Vordruckes V900 wiederholte der Kläger am 10.06.2015 seinen Antrag auf Erstattung der von ihm entrichteten Rentenversicherungsbeiträge.
Nach Durchführung einer Kontenklärung lehnte die Beklagte den Antrag mit Bescheid vom 13.07.2015 ab. Zur Begründung führte sie aus, dass die Voraussetzungen für eine Beitragserstattung nicht erfüllt seien, weil für den Kläger das Recht zur freiwilligen Versicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung bestehe. Unerheblich sei, ob auch tatsächlich Beiträge gezahlt worden seien.
Dagegen legte der Kläger am 27.07.2015 Widerspruch ein und führte aus, dass es für ihn keinen Sinn ergebe sich freiwillig zu versichern, wenn er doch bereits in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit berufen worden sei. Einer Kollegin seien bei vermutlich vergleichbarer Sachlage die Rentenversicherungsbeiträge ausgezahlt worden. Aus Gründen der Gleichbehandlung müssten ihm ebenfalls die Beiträge erstattet werden.
Mit Schreiben vom 30.07.2015 erläuterte die Beklagte dem Kläger, dass nach § 210 Abs. 1a Sozialgesetzbuch - Sechstes Buch - Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) ein Anspruch auf Beitragserstattung für Versicherte bestehe, die versicherungsfrei oder von der Versicherungspflicht befreit seien, sofern diese die allgemeine Wartezeit von 60 Kalendermonaten nicht erfüllt hätten und seit dem Ausscheiden aus der Versicherungspflicht 24 Kalendermonate abgelaufen seien. Personen, die eine Versorgung wegen Dienstunfähigkeit mit einem Beginn nach dem 31.12.1991 erhalten würden, seien nicht versicherungsfrei. Für diesen Personenkreis könne sich ein Anspruch auf Beitragserstattung erst mit Erfüllung der Voraussetzung für den Bezug einer Versorgung wegen Erreichens der Altersgrenze ergeben. Dem Erstattungsanspruch stehe entgegen, dass der Kläger mit 52 Monaten an Beitragszeiten die allgemeine Wartezeit von 60 Kalendermonaten nicht erfüllt habe. Mit Wirkung ab dem 01.02.2014 sei er vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze in den Ruhestand versetzt worden.
Sodann trug der Kläger mit Schreiben vom 26.08.2015 weiter vor, dass, wenn alles gut gehe, der Grund für die einstweilige Zurruhesetzung womöglich wegfalle und er seinen Di...