Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Mehr- oder Sonderbedarf. keine Übernahme der Kosten für neue Brillengläser
Orientierungssatz
1. Die notwendige Anschaffung von Brillengläsern stellt jedenfalls dann keinen Mehrbedarf gem § 21 Abs 6 SGB 2 dar, wenn der für die Anschaffung aufzubringende Betrag durch den Hilfebedürftigen innerhalb eines Bewilligungszeitraums ohne Gefährdung seines Existenzminimums aus der Regelleistung angespart werden kann.
2. Der Austausch von Brillengläsern aufgrund einer Anpassung an einen neuen Visus stellt keine Reparatur iS des § 24 Abs 3 S 1 Nr 3 SGB 2 dar, so dass die Ausgaben für die Anschaffung der Gläser nicht als Sonderbedarf im Rahmen der Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende geltend gemacht werden können.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 19.07.2013 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für den Berufungsrechtszug nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Kostenübernahme als Zuschuss für zwei neue Brillengläser als Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) in Höhe von 164,80 Euro.
Der am 00.00.1967 geborene Kläger, der sich seit April 2013 nicht mehr im Leistungsbezug nach dem SGB II befindet, beantragte am 26.04.2012 während des laufenden Bezugs von Grundsicherungsleistungen die Kostenübernahme für zwei Brillengläser in Höhe von insgesamt 164,80 Euro. Seinem Antrag fügte der Kläger eine augenärztliche Brillenverordnung vom 13.03.2012 sowie die Rechnung vom 24.02.2012 für die Brillengläser bei. Aus der Rechnung ergibt sich, dass in dem Betrag in Höhe von 164,80 Euro eine Brillenversicherung in Höhe von 20,- Euro enthalten ist.
Mit Bescheid vom 14.05.2012, der dem Kläger am 13.06.2012 zuging, lehnte der Beklagte den Antrag des Klägers mit der Begründung ab, dass die vom Kläger beantragte Sonderleistung vom Regelbedarf abgedeckt und ein unabweisbarer Bedarf zur Sicherung des Lebensunterhaltes nicht gegeben sei.
Hiergegen legte der Kläger am 04.07.2012 Widerspruch ein. Zur Begründung führte er aus, dass sich aus der Verordnung seines Augenarztes ergebe, dass beim Kläger eine Veränderung der Sehstärke eingetreten und insofern eine neue Sehhilfe erforderlich gewesen sei. Hierbei handele es sich um einen Sonderbedarf. Es sei ihm nicht möglich gewesen, aus seinem Regelbedarf Geld anzusparen, um diesen außergewöhnlichen Bedarf zu decken. Insbesondere habe ihm über einen langen Zeitraum Geld nur unterhalb der Regelleistung zur Verfügung gestanden, da im Jahre 2011 und in den ersten drei Monaten des Jahres 2012 aufgrund einer fehlerhaften fiktiven Einkommensanrechnung die ihm zustehenden Leistungen mehrfach nicht ausgezahlt worden seien. Aufgrund dieser außerordentlichen Notlage habe er einen Anspruch auf Übernahme der Brillengläser als Sonderleistung, hilfsweise auf Gewährung eines Darlehens.
Mit Widerspruchsbescheid vom 21.09.2012 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Bei den Kosten für die Anschaffung von Brillengläsern handele es sich um einen Bedarf, der mit der Regelleistung abgegolten sei. Ein Anspruch auf Übernahme der Kosten nach § 21 Abs. 6 SGB II im Rahmen eines Mehrbedarfes bestehe nicht, da diese Vorschrift nur in eng begrenzten Ausnahmefällen anzuwenden sei. Ein Anspruch auf Übernahme des individuellen Mehrbedarfs könne nur dann entstehen, wenn es sich um einen regelmäßig wiederkehrenden, dauerhaften, längerfristigen, unabweisbaren atypischen Bedarf handele. Bei den Anschaffungskosten für die Brillengläser handele es sich dagegen um eine einmalige Leistung. Auch eine Übernahme der Brillengläser nach § 24 Abs. 1 SGB II in Form einer Sachleistung, Geldleistung oder als Darlehen komme nicht in Betracht, da der Bedarf nicht unabweisbar sei. Es sei keine akute Notsituation gegeben, deren Vermeidung unvermeidlich sei. Außerdem sei die beantragte Leistung weder nach Krankenversicherungsrecht noch nach Sozialhilferecht erstattungsfähig. Der Fall, dass eine Leistung von der Krankenversicherung generell nicht erbracht werde, könne nicht zwangsläufig dazu führen, dass ein zusätzlicher Bedarf nach dem SGB II anerkannt werden könne.
Hiergegen hat der Kläger am 10.10.2012 Klage beim Sozialgericht (SG) Köln erhoben.
Zur Klagebegründung wiederholt und vertieft er seine Ausführungen im Widerspruchsverfahren und verweist insoweit auf seine Widerspruchsbegründung vom 30.07.2012.
Der Kläger hat beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 14.05.2012 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 21.09.2012 zu verurteilen, dem Kläger aufgrund des Antrags vom 26.04.2012 die Kosten für den Erwerb zweier Brillengläser in Höhe von 164,80 Euro zu erstatten.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung hat der Beklagte auf den Widerspruchsbescheid verwiesen.
Mit Urteil vom 19.07.2013 hat das SG die Klage abgewiesen.
Dem Kläger stehe weder ein Anspruch auf Übernahme für die Kosten der Brillengläser nach § 21 Abs. 6 SGB II...