Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch auf Weitergewährung von Halbwaisenrente über das 18. Lebensjahr hinaus bei Freiwilligendienst im Ausland
Orientierungssatz
1. Nach § 48 Abs. 4 S. 1 Nr. 2c SGB 6 wird Halbwaisenrente ausnahmsweise bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres geleistet, wenn das Kind ein freiwilliges soziales Jahr oder ein freiwilliges ökologisches Jahr i. S. des Jugendfreiwilligendienstgesetzes oder den Bundesfreiwilligendienst nach dem Bundesfreiwilligendienstgesetz leistet.
2. Ein im Ausland geleisteter Freiwilligendienst erfüllt diese Voraussetzungen nicht.
3. In der seit 1. 7. 2015 geltenden Fassung des § 48 Abs. 4 S. 1 Nr. 2c SGB 6 ist waisenrentenberechtigt auch derjenige, der einen freiwilligen Dienst i. S. des § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2d EStG leistet. Kann der Gesetzgeber bestimmte Dienste vollständig als anspruchsbegründend ausschließen, so gilt dies erst recht für die Frage des Beginns einer solchen Privilegierung.
4. Ein freiwilliges soziales Jahr oder ein freiwilliges ökologisches Jahr i. S. des JFDG kann auch im Ausland geleistet werden. Es ist aber nur dann zur Abrechnung geeignet, wenn der entsprechende Dienst nach §§ 6 Abs. 3, 11 Abs. 1 JFDG mit dem Träger vereinbart und gestaltet wird. Nur zugelassene Träger können eine solche Vereinbarung treffen. Die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) ist kein zugelassener Träger in diesem Sinn.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Düsseldorf vom 01.04.2015 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Im Streit steht die Weitergewährung von Halbwaisenrente nach der Mutter des Klägers (nachfolgend: Versicherte).
Der am 00.00.1992 geborene Kläger ist der Sohn der 1957 geborenen und am 00.00.2008 verstorbenen Versicherten.
Auf den Antrag des Klägers vom 08.05.2008 bewilligte die Beklagte dem Kläger Halbwaisenrente mit einem Zahlbetrag in Höhe von monatlich 221,12 EUR für die Zeit vom 00.00.2008 bis zum 30.11.2010, d.h. dem Monat der Vollendung des 18. Lebensjahres, und verlängerte diese Bewilligung bis zum bescheinigten Ende des gymnasialen Schulbesuchs, d.h. bis zum 31.07.2012.
Der Kläger teilte mit, dass er ab dem 08.08.2012 ein "Auslandsjahr" in Uganda absolvieren werde. Hierzu legte er eine Bescheinigung der Deutschen Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH, Rechtsnachfolgerin des Deutschen Entwicklungsdienstes (DED), vom 31.05.2012 vor. Der DED sei durch den Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung als Träger des Entwicklungsdienstes gemäß § 2 Abs 2 Entwicklungshelfergesetz anerkannt worden. Ebenso sei der DED am 01.08.2007 als Träger für die Entsendung von Freiwilligen im Entsendeprogramm "weltwärts" der Bundesregierung und am 19.02.2008 als Träger eines Anderen Dienstes im Ausland (ADiA) nach § 14b Zivildienstgesetz anerkannt worden. Der Kläger habe sich erfolgreich für das GIZ-Entsendeprogramm "weltwärts" beworben und sei für einen 12-monatigen Freiwilligendienst in Uganda ab dem 08.08.2012 vorgesehen.
Mit Bescheid vom 31.07.2012 lehnte die Beklagte die Weitergewährung von Halbwaisenrente über den 31.07.2012 hinaus ab. Die Halbwaisenrente werde grundsätzlich nur bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres gewährt, darüber hinaus bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres nur bei bestimmten weiteren Voraussetzungen, insbesondere bei Schul- oder Berufsausbildung, oder wenn ein freiwilliges soziales Jahr oder ein freiwilliges ökologisches Jahr im Sinne des Jugendfreiwilligendienstegesetzes bzw. ein Bundesfreiwilligendienst im Sinne des Bundesfreiwilligendienstgesetzes abgeleistet werde. Der Freiwilligendienst "weltwärts" erfülle diese Voraussetzungen nicht.
Hiergegen erhob der Kläger am 13.08.2012 Widerspruch. Der von ihm ausgeübte Dienst unterfalle als "freiwilliges anderes Jahr" dem Bundesfreiwilligendienstgesetz (BFDG). Den Bestimmungen des BFDG sei eine Beschränkung auf Dienste im Inland nicht zu entnehmen sei.
Der Kläger hat den Dienst wie angekündigt aufgenommen (Bescheinigung der GIZ vom 03.09.2012).
Mit Widerspruchsbescheid vom 18.02.2013 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers mit einer dem Ausgangsbescheid entsprechenden Begründung zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 25.02.2013 Klage bei dem Sozialgericht erhoben. Bei dem von ihm im August 2012 aufgenommenen Dienst handele es sich um ein vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit anerkanntes Projekt einer anerkannten Entsendeorganisation im Sinne des BFDG. Nach § 5 BFDG bestehe der ADiA auch nach Aussetzung des Zivildienstes fort. Der Kläger erfülle damit die Voraussetzung für die Fortzahlung der Rente. Auch dürfe die Aufzählung der erfassten Dienste in § 48 Abs 4 S 1 Nr 2 Buchst c Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) nicht als abschließend erachtet werden. Ihm sei im Übrigen bekannt, dass in anderen Fällen die Halbwaisenrente bei im Ausland abgeleistete...