Entscheidungsstichwort (Thema)
Elterngeld. Anspruchsberechtigung. Pflegekind. Vollzeitpflege. Anspruchsausschluss für Pflegeeltern ohne gesetzliches Sorgerecht. Verfassungsmäßigkeit
Orientierungssatz
1. Pflegeeltern haben für das in Vollzeitpflege aufgenommene Kind, für das sie kein Sorgerecht haben, keinen Anspruch auf Elterngeld.
2. Der Anspruchsausschluss für Pflegeeltern ohne gesetzliches Sorgerecht verstößt nach Ansicht des Senats nicht gegen Art 3 Abs 1 GG, weil für ihre unterschiedliche Behandlung im Vergleich zu Elterngeldberechtigten, die Kinder in Adoptionspflege aufgenommen haben, hinreichend gewichtige sachliche Gründe bestehen.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 14. Juli 2011 wird zurückgewiesen.
Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Elterngeld für die Betreuung eines Pflegekindes. Am 00.11.2007 nahmen die Klägerin und ihr Ehemann K N die am 00.00.2007 geborene L in Vollzeitpflege in ihrem Haushalt auf im Rahmen von Hilfe zur Erziehung nach §§ 27 und 33 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII). Vormund des Kindes war seit dem 26.07.2010 der Betreuungsverein der Diakonie O e.V. in W. Er bevollmächtigte mit Vollmacht vom 11.05.2009 die Klägerin und ihren Ehemann als Pflegeeltern zur Vornahme einzeln genauer bezeichneter Rechtshandlungen wie der Beantragung von Ausweisdokumenten, Entscheidungen und Unterschriftleistungen im Rahmen ärztlicher Versorgung sowie zu Reisen im In- und Ausland. Das Sorgerecht für das Pflegekind übt die Klägerin nicht aus.
Am 23.10.2008 beantragte die Klägerin Elterngeld für das Kind L. Der Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 24.10.2008 ab, weil sich das Kind nicht in Adoptionspflege befinde, wie von § 1 Abs. 3 Satz 1Nr. 1 Bundeselternzeit und Elterngeldgesetz (BEEG) vorausgesetzt. Ihren am 17.11.2008 eingelegten Widerspruch begründete die Klägerin damit, die Ablehnung von Elterngeld stelle eine willkürliche Ungleichbehandlung dar und verstoße damit gegen Artikel 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG).
Mit Widerspruchsbescheid vom 25.03.2009 wies die Bezirksregierung Münster den Widerspruch unter Hinweis auf die gesetzlichen Voraussetzungen für die Erziehungsgeldgewährung zurück. Insbesondere erfülle die Klägerin nicht die Voraussetzungen des § 1 Abs. 3 Nr. 1 BEEG, weil sie das Kind L nicht in Adoptionspflege, also mit dem Ziel der Annahme als Kind aufgenommen habe. Angesichts des weiten Ermessensspielraums des Gesetzgebers bei der Gewährung steuerfinanzierter Leistungen der Familienförderung sei die Regelung auch nicht verfassungswidrig.
Mit ihrer am 22.04.2009 erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren weiter verfolgt und zur Begründung ausgeführt, sie habe wegen der Pflege des Kindes L ihre Berufstätigkeit aufgegeben und dadurch finanzielle Nachteile erlitten. Deren Ausgleich diene das Elterngeld. Es sei kein sachlicher Grund ersichtlich, Vollzeitpflegekinder von solchen Kindern zu unterscheiden, die zur Annahme in die Familie aufgenommen worden seien.
Mit dem angefochtenen Urteil vom 14.07.2011, auf dessen Ausführungen der Senat im Einzelnen verweist, hat das Sozialgericht Düsseldorf die auf Gewährung von Elterngeld für das Kind L gerichtete Klage abgewiesen. Der Gesetzgeber habe eindeutig beabsichtigt, die Leistungsgewährung neben eigenen Kindern auf das Institut für sogenannte Adoptionspflege zu begrenzen. Für eine weiterreichende Auslegung der Vorschrift sei danach kein Raum. Die Ungleichbehandlung der Klägerin sei durch den unterschiedlichen Rechtsstatus von Kindern in Adoptionspflege und anderen Pflegekindern gerechtfertigt.
Das Urteil ist den Prozessbevollmächtigten am 12.08.2011 zugestellt worden.
Am 12.09.2011 hat die Klägerin Berufung erhoben, mit der sie ihren Anspruch weiterverfolgt. Ihr Anspruch auf Elterngeld ergebe sich aus § 1 Abs. 3 Nr. 1 BEEG in analoger Anwendung. Es liege eine Regelungslücke vor, weil der Gesetzgeber Konstellationen von Vollzeitpflegekindern übersehen habe. Zudem bestehe auch bei Vollzeitpflegekindern die von den Gesetzgebungsmaterialien für einen Elterngeldanspruch vorausgesetzte rechtlich verfestigte Familienbeziehung. Auch nach Sinn und Zweck sei die Elterngeldgewährung gerechtfertigt, will die Klägerin für die Pflege des Kindes L ihre Vollzeitstelle aufgegeben habe. Genauso wie bei Adoptivkindern sei bei ihr eine dauerhafte Erziehungsgemeinschaft gegeben.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 14.07.2011 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 24.10.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.03.2009 zu verurteilen, der Klägerin für das Kind L Elterngeld zu bewilligen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er beruft sich auf die Gründe des angefochtenen Urteils, die er für zutreffend hält.
Wegen der weiteren Einzelheiten verweist der Senat auf den beigezogenen Verwaltungsvorgang des Beklagten und die Gerichtsakte.
Ents...