Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. nachträgliche Erstattung von Nutzungsgebühren für die Unterkunft in einer Aufnahmeeinrichtung in der Zeit nach Anerkennung der Flüchtlingseigenschaft. zeitliche Zuordnung des Bedarfs. örtliche Zuständigkeit des Grundsicherungsträgers
Orientierungssatz
1. Unterkünfte im Sinne des § 22 Abs 1 S 1 SGB 2 sind auch behördlich zur Verfügung gestellte Unterkünfte (vgl BSG vom 16.12.2008 - B 4 AS 1/08 R = SozR 4-4200 § 22 Nr 14). Eine nach Anerkennung der Flüchtlingseigenschaft noch bewohnte Unterkunft in einer Aufnahmeeinrichtung stellt daher eine Unterkunft im Sinne des § 22 SGB 2 dar.
2. Für die Berücksichtigung der nachträglich festgesetzten Gebühren für die Nutzung einer Unterkunft in einer Aufnahmeeinrichtung (in der Zeit nach Anerkennung der Flüchtlingseigenschaft) als Unterkunftskosten nach § 22 SGB 2, ist gemäß § 36 Abs 1 SGB 2 der Grundsicherungsträger örtlich zuständig, in dessen Bereich der Leistungsberechtigte zur Unterbringungszeit in der Aufnahmeeinrichtung seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Der Umstand, dass die Gebührenforderung der Landesregierung gemäß § 26 AsylDV BY erst nach Erlass des Gebührenbescheides im Folgejahr fällig geworden ist, ändert an der zeitlichen Zuordnung dieses laufenden Bedarfs nichts. Die Rechtsprechung des BSG zu einmaligen unterkunftsbezogenen Aufwendungen steht dem nicht entgegen.
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Kläger wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Duisburg vom 25.05.2018 geändert. Der Bescheid vom 09.05.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.09.2017 wird geändert. Der Beklagte wird verurteilt, den Klägern Leistungen für Bedarfe für Unterkunft und Heizung für den Zeitraum März 2016 bis Juli 2016 wie folgt zu bewilligen: Für März 2016 dem Kläger zu 1) 185 EUR, der Klägerin zu 2) 65 EUR, der Klägerin zu 3) 65 EUR und der Klägerin zu 4) 65 EUR. für April 2016 dem Kläger zu 1) 185 EUR, der Klägerin zu 2) 65 EUR, der Klägerin zu 3) 65 EUR und der Klägerin zu 4) 65 EUR. für Mai 2016 dem Kläger zu 1) 185 EUR, der Klägerin zu 2) 65 EUR, der Klägerin zu 3) 65 EUR und der Klägerin zu 4) 65 EUR. für Juni 2016 dem Kläger zu 1) 185 EUR , der Klägerin zu 2) 65 EUR, der Klägerin zu 3) 65 EUR und der Klägerin zu 4) 65 EUR. für Juli 2016 dem Kläger zu 1) 185 EUR, der Klägerin zu 2) 65 EUR, der Klägerin zu 3) 65 EUR und der Klägerin zu 4) 65 EUR. Der Beklagte hat die Kosten der Kläger in beiden Rechtszügen zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Verpflichtung zur Übernahme von Unterkunftskosten von März 2016 bis Juli 2016 streitig.
Die Kläger sind syrische Staatsbürger. Die 1961 und 1968 geborenen Kläger zu 1) und 2) sind die Eltern der 1993 und 2000 geborenen Klägerinnen zu 3) und 4). Die Kläger hielten sich seit dem 26.08.2015 im Landkreis B. auf und bewohnten eine Aufnahmeeinrichtung gem. § 44 AsylG in S. Sie erhielten vom Landratsamt B. Leistungen nach dem AsylbLG sowie eine Unterkunft als Sachleistung. Mit Bescheid vom 12.11.2015 erkannte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Flüchtlingseigenschaft der Klägerin zu 3), mit Bescheid vom 18.01.2016 auch die der Kläger zu 1), 2) und 4) an. Mit Bescheiden vom 04.02.2016 stellte das Landratsamt B. die Leistungen nach dem AsylbLG zum 29.02.2016 ein und forderte die Kläger auf, die Unterkunft zu verlassen.
Daraufhin beantragten die Kläger am 23.02.2016 beim Beklagten Leistungen. Mit Bescheiden vom 02.03.2016 und 04.04.2016 bewilligte der Beklagte den Klägern von März 2016 bis August 2016 vorläufig monatlich Leistungen zur Deckung des Regelbedarfs. Als Grund für die Vorläufigkeit der Bewilligung führte der Beklagte aus: "Haushaltsenergie ist ein Bestandteil der Regelleistung. Der Stromanteil wird von der Regelleistung einbehalten, da Kostenerstattungen im Rahmen der Unterkunft vom Kostenträger zu erwarten sind. Somit erhalten Sie einen gekürzten Leistungsbetrag." Mit Bescheid vom 06.06.2016 bewilligte der Beklagte die Leistungen von Mai 2016 bis August 2016 endgültig. Kosten der Unterkunft bewilligte der Beklagte nicht.
Nachdem die Kläger die Zusicherung zu einem Umzug nach F beantragt hatten, bestätigte die Beigeladene die Angemessenheit der von den Klägern angemieteten Wohnung in F. Am 19.07.2016 beantragten die Kläger bei der Beigeladenen Leistungen. Mit Bescheid vom 26.07.2016 hob der Beklagte die Leistungsbewilligung ab dem 01.08.2016 auf. Am 01.08.2016 zogen die Kläger nach F. Seither erhalten die Kläger von der Beigeladenen Arbeitslosengeld II einschließlich von Leistungen für Unterkunft und Heizung.
Die Regierung von Unterfranken als "Zentrale Gebührenabrechnungsstelle Bayern" übersandte dem Beklagten mit Schreiben vom 27.04.2017 an die Kläger gerichtete Gebührenbescheide vom 26.04.2017 für die Nutzung der Unterkunft von März 2016 bis Juli 2016. Die Regieru...