Entscheidungsstichwort (Thema)

Zurückverweisung des Rechtsstreits wegen Verstoßes des Erstgerichts gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens

 

Orientierungssatz

1. Die rechtsfehlerhafte Ablehnung eines Beweisantrags nach § 109 SGG stellt einen wesentlichen Verfahrensfehler i. S. des § 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG dar. Hat das Gericht gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens durch Verletzung der Ausübung des klägerischen Rechts nach § 109 SGG verstoßen, so kann das Berufungsgericht die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Sozialgericht zurückverweisen.

2. Die Ablehnung eines Beweisantrags nach § 109 SGG ist nur dann möglich, wenn der Antrag entweder in Verschleppungsabsicht oder aus grober Nachlässigkeit nicht früher gestellt worden ist.

3. Hat der Antragsteller innerhalb der ihm vom Gericht gesetzten Frist den Gutachter nach § 109 SGG benannt und ist der Kostenvorschuss auf den Verlängerungsantrag des Antragstellers zwanzig Tage nach Ablauf der gesetzten Frist bei der Gerichtskasse eingegangen, so ist die Überschreitung der gesetzten Zahlungsfrist nicht grob fahrlässig, mit der Folge, dass dem nach § 109 SGG gestellten Antrag stattzugeben ist.

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 20.03.2009 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Sozialgericht zurückverwiesen.

Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens einschließlich derjenigen des Berufungsverfahrens bleibt dem Sozialgericht vorbehalten. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Entschädigung der Folgen eines Arbeitsunfalls des Klägers durch Gewährung von Verletztenrente.

Der am 00.00.1955 geborene Kläger erlitt am 14.11.1995 unter Tage bei Steinfall aus dem Hangenden eine Halswirbelsäulenprellung. Die Beklagte entschädigte eine anhaltende cervikale Schmerzsymptomatik mit diffuser Ausstrahlung in den Hinterhauptbereich sowie in beide Schultern und Arme mit intermittierendem Schweregefühl im Bereich des rechten Armes und Beschwerden nach Schädel- und Halswirbelsäulenprellung mit Dornfortsatzbruch des 7. Halswirbelkörpers und Quetschung des Spinalkanals durch Gewährung von Verletztenrente nach einer MdE um 30 v.H. Mit Ablauf des Monats Dezember 2004 wurde diese Rente wegen wesentlicher Besserung der Folgen des Arbeitsunfalls entzogen (Bescheid vom 13.12.2004).

Mit Schreiben vom 30.03.2007 beantragte der Kläger wegen einer Verschlimmerung der Folgen des Arbeitsunfalls die Wiedergewährung von Verletztenrente. Dr. T aus C erstattete am 17.09.2007 ein chirurgisches Gutachten: Unmittelbare oder mittelbare Folgen des Arbeitsunfalls am 14.11.1995 seien nicht festzustellen. Die festzustellenden funktionellen Einschränkungen seien der Endzustand der schicksalhaft aufgetretenen Veränderungen. Eine messbare MdE wegen Folgen des Unfalls am 14.11.1995 seien nicht festzustellen. Mit Bescheid vom 05.10.2007 lehnte die Beklagte die Gewährung von Verletztenrente wegen Folgen des Arbeitsunfalls ab. Folge des Arbeitsunfalls sei ein fest verheilter Bruch des Dornfortsatzes des 7. Halswirbelkörpers. Unfallunabhängig bestünden Verschleiß- und Bewegungseinschränkung der Halswirbelsäule. Die Folgen des Unfalls verursachten keine messbare MdE. Der dagegen erhobene Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 13.02.2008 zurückgewiesen.

Zur Begründung der dagegen zum Sozialgericht Gelsenkirchen (SG) erhobenen Klage hat der Kläger sein Vorbringen wiederholt. Wegen Schmerzen in den oberen Extremitäten, Kopfschmerzen, Schwindelgefühl sowie Sensibilitätsstörung schätze der ihn behandelnde Arzt U aus P die MdE um 30 v.H. ein. Auch seien nach Auffassung von Frau Dr. I aus C die Schmerzen im Bereich der rechten Schulter auf den Arbeitsunfall zurückzuführen. Darüber hinaus sei es nach den Feststellungen der Ärztin für Neurochirurgie Dr. S und des Neurochirurgen Dr. X aus H zu einer deutlichen Einschränkung er Beweglichkeit der Halswirbelsäule mit Ausstrahlung in die Schulterregion sowie den Hinterkopf, Schwächegefühl in beiden Armen, zunehmender Schwindelsymptomatik sowie Nervosität gekommen. Es finde sich eine schwere, mehrsegmentale Osteochondrose und deformierende Spondylose mit Fehlhaltung der distalen Halswirbelsäule. Der Hauptschmerz ziehe vom Nacken in den Hinterkopf sowie in beide Schultern und Arme.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 05.10.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.02.2008 zu verurteilen, ihm aus Anlass des am 14.11.1995 erlittenen Arbeitsunfalls eine Verletztenrente nach einer MdE um 30 v.H. zu gewähren.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie verteidigt die angefochtenen Entscheidungen.

Mit Schreiben vom 05.05.2008 hat das SG dem Kläger Frist für einen Antrag gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auf den 06.06.2008 gesetzt. Mit am 19.05.2008 bei dem SG eingegangenem Schreiben vom 13.05.2008 beantragte der Kläger, Dr. L aus S1 als Arzt seines Vertrauens gemäß § 109 SGG gutachterlich...

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